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Sprachbarrieren

[3K – Massenmedien am Montag: Folge 28]

auslenderraus

Das Sommerloch will sich um’s Verrecken nicht auftun. Das liegt einerseits an den andauernden Hundstagen und der dringenden Flüchtlingsfrage. Ein politisch interessierter Mensch kommt andererseits kaum um die aktuellen ORF Sommergespräche herum. Vor genau sieben Tagen nahm Hans Bürger dort Frank Stronach in die Mangel. Während Richard Lugner genau weiß, dass er zwar schrullig, aber geistig anwesend wirken muss, damit seine Dokusoap funktioniert, war der Austrokanadier nur schrullig.

Die wichtigste Erkenntnis: es gibt keine neuen Erkenntnisse. Die wichtigste Nichterkenntnis: Opi hat Arbeitsplätze geschaffen, er ist einer der anerkanntesten und erfolgreichsten Unternehmer der Welt. In einem Video zollten einst Bill Clinton und Larry King Stronach dafür Tribut. Und nach den Wahlen im Frühjahr 2013 erzählte er Armin Wolf dasselbe wie Hans Bürger: Arbeiter hätten demnach ein moralisches Recht, an Profiten beteiligt zu werden. Er will Unternehmen dennoch nicht verpflichten. Moral macht nicht satt, was Stronach egal ist. Er feierte seine patriarchale Güte vor 822000 ZuschauerInnen. (Das ist das beste Sommergespräche-Ergebnis seit Beginn des Teletests!)

Stronach poltert bei solch unangenehmen Fragen gerne gegen InterviewerInnen los und verdreht ihnen das Wort im Mund, etwa wenn es um „Chaos“ und Krach in den Länder-Teams geht. Windet sich hin und her, bestätigt dann: Leo Steinbichler darf nicht unter dem Stronach-Label antreten. Am nächsten Tag lieferte er bei einer Pressekonferenz die nächste Wuchtel: allen Umfragen zum Trotz (neuwal.com sieht ihn momentan nicht im Nationalrat) will der Lehrbuchkapitalist wieder Minister und Kanzler werden.

Außerdem: natürlich, der Chef einer Parlamentspartei sollte die Landessprache beherrschen. Doch gerade hier muss die Kritik der Inhalte überwiegen. Sie sind schließlich marktradikal. Die Tagespresse sagte zu Stronachs Sprachbarrieren dann alles, was gesagt werden muss. Was nicht gesagt werden kann, war dieser Tage nicht nur Gegenstand eines Tagesschau-Kommentars, der gut 8,5 Millionen mal auf Facebook gesehen wurde. Das MiGAZIN warnte davor, Rassismus mit Klassismus zu beantworten, sprich, eine unterdrückte Gruppe gegen die andere auszuspielen. Die antifaschistische Politologin Natascha Strobl nennt das den verkürzten „Antirassismus der Reichen“. Es seien schließlich nicht nur die weniger gebildeten, die „“dummen“ Rechtsextremen“, welche schwarzbraunblaue Grütze absondern. Während nun ein Lehrling und eine Angestellte wegen ihrer fraglos menschenfeindlichen Kommentare um ihre Existenz bangen, wird elitärer Rassismus hofiert. Der kann sich nicht nur korrekt ausdrücken, der weiß, was in der Mitte ankommt, unhinterfragt bleibt. Das führt Strobl zum logischen Schluss, die Sarrazins dieser Welt seien viel gefährlicher als es ein „Lehrling auf facebook je sein könnte.“ Der Antirassismus der Reichen, so Strobl und das MiGAZIN, das ist nach unten treten und nach oben buckeln, ergo um nichts besser als Rassismus.


Foto: SOS Mitmensch – Rassismus streichen. Nach: Universität Wien.

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