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Ledig(lich)

marina_profilvon Marina Pichlbauer

Gestatten Sie, darf ich mich kurz vorstellen? Mein Name ist…nein, den sage ich jetzt nicht. Namen behält man meist eh nicht. Mein Alter verrate ich Ihnen aber. Ich bin 35. Erst seit einer Woche, aber ohne Zweifel, ich bin 35. Ist noch etwas ungewohnt das zu sagen, denn bis vor ein paar Wochen war ich ja noch 34. Ein Alter, wo man sagt, dass Frau mitten im Leben steht – quasi voll im Saft ist und alles noch möglich scheint. Und das gilt auch für mich. Ich habe eine liebe Wohnung, noch liebere Freunde, einen nicht so lieben, aber ganz passablen Job, treibe gerne Sport und habe nebenher auch noch Zeit und Lust mich meinen Hobbys zu widmen. Alles richtig gemacht, könnte man sagen, oder?

Nicht ganz, denn der 5er nach dem 3er ändert den Blickwinkel der Gesellschaft auf einen selbst. Ab jetzt darf man sich nur mehr zu der privilegierten Schicht zählen, wenn man einen adäquaten Mann als Eigen nennen kann und ein bis viele zauberhafte Kinder zur Welt gebracht hat. Hat Frau mit 34 noch keinen Ring am Finger, gehört sie zu den Zaghaften, zu denen, die sich den nächsten Schritt gut überlegen. Mit 35 zählt Frau dann automatisch zu denen, die entweder zu lange gewartet haben, oder zu den – ich traue mich das Wort gar nicht in den Mund nehmen – „Unvermittelbaren“.

Klar gab es auch in meiner Vita schon den einen oder anderen Ringanwärter, aber wie so oft passt manch Deckel bei genauerer Betrachtung doch nicht so gut und die Suche geht weiter. Ich möchte partout nicht glauben, dass mein Topf eine „Unpass“-Form hat, oder nicht „Deckel-willig“ ist. Daher bin ich mit meinem Beziehungslatein mittlerweile am Ende. Und als ob das Alleinsein nicht schon für einen selbst Strafe genug ist, die Umwelt macht es nicht leichter. Behördenbesuche sind mir ein Graus. Wer in Gottes Namen hat das Wort „ledig“ erfunden? Kommt das von „lediglich“? So wie lediglich Single? Ich spüre förmlich die mitleidsvollen Blicke der Beamten, wenn sie meine ausgefüllten Formulare auf die Richtigkeit der Angaben prüfen und bei dem Punkt „Familienstatus“ mein kaum sichtbares Kreuz auf – na Sie wissen schon wo – ausmachen. Meist folgt dann noch ein „Trost-spenden-wollendes“ Nicken, das mir dann den Rest gibt. Ach ja, in Restaurants wird´s noch schlimmer. Wenn man einen Tisch für sich alleine bestellt, passiert es nicht selten, dass einem statt eines schönen Stuhls „lediglich“ ein Barhocker zurechtgerückt wird. An den Tisch kommt man nur, wenn man eine Begleitung vorweisen kann. Übrigens, Tiere gelten nicht, habe ich schon ausprobiert. Im Kino wird´s dann richtig gruselig, wenn man von speichelsaugenden Individuen umgeben ist, die sich gegenseitig die Plomben polieren. Dass man früher selbst schon bei einem Objekt der Begierde dentale Untersuchungen durchgeführt hat, vergisst man als Single auf der Reservebank mitunter und ekelt sich fast schon ein wenig für seine triebgesteuerten Mitbürger. Aber muss denn das alles sein?

Es gibt heutzutage immer mehr Singles und verflixt nochmal, wir haben doch auch ein Recht auf all das, was Paare haben, oder nicht? Klar hätte ich gerne Kind und Kegel, aber darf ich in der Zwischenzeit nicht auch Spaß haben? Meine beste Freundin, seit kurzer Zeit wieder solo, nachdem ihr Holder beschloss die Laken anderer Betten aufschütteln zu müssen, hatte unlängst die wohl beste Idee: sollten wir beide bis ins hohe Alter unverheiratet und kinderlos bleiben, werden wir mit ein, zwei Gleichgesinnten eine Frauen-WG gründen. Jede macht im Haushalt dann das, worauf sie Lust hat und wozu sie am besten in der Lage ist. Und damit wir der Männerwelt nicht ganz abtrünnig werden, wird es zwei Mal pro Woche „open hours“ geben, wo wir wohldosiert unsere Verehrer empfangen. Gute Idee, nicht? Also noch einmal alles auf Anfang. Gestatten Sie, ich bin 35, ledig, glücklich und stehe mitten im Saft. Was treiben Sie so?

Mag. Marina Pichlbauer ist Dipl. Tanz- und Bewegungspädagogin für Frauen und Kinder. Auf www.tanzbereich.at bietet sie Workshops an und schreibt Motivationstexte für Frauen. Ihr großes Anliegen ist es, dass Frauen ihre Weiblichkeit feiern.

Fotos: tanzbereich.at

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