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Österreich hat immer noch ein Naziproblem und die Medien sind ein Teil davon

[3K – Massenmedien am Montag: Folge 71]

naziputschDOEWGut gemacht, liebe FPÖ! Das ganze Land redet nicht von eurer geistigen Mitschuld an Altenfelden und Nenzing. Niemand fordert eine fernsehtaugliche Distanzierung Heinz-Christian Straches von den Brandstiftern in Oberösterreich, vom Amokläufer in Vorarlberg. Es findet sich stattdessen immer irgendein Depp, der mit irgendeiner Peinlichkeit auffällt und so die Aufmerksamkeit ablenkt. Nehmen wir euren Grazer Klubchef Armin Sippel, der neulich Asylwerbern erklären wollte, dass man Frauen nicht begrapschen darf. Wer redet denn vom Frauenbild der FPÖ, eingeborener Männer, des Amoknazis? Ihr fordert MigrantInnen- und Flüchtlingsklassen, Schulhöfe, wo ausschließlich Deutsch gesprochen wird. Doch eine deutschsprachige Ferienbetreuung mit durchmischten Gruppen, in denen autochthone und geflüchtete Kinder zusammen ihre Freizeit genießen? „Njet, nur für Österreicher“, sagt euer Waidhofener Vizebürgermeister mit dem klingenden Namen Waldhäusl.

Ihr zuckt aus, weil ihr einem Fake gegen den ORF aufgesessen seid. Ein Fake, den der blau getönte, sexistische Wochenblick aus Linz im Netz verbreitet hat. Die Krone hatte den Anstand, die Sache richtigzustellen. So helfen Flüchtlinge in Schwäbisch Gmünd wie andernorts wirklich seit Tagen bei Aufräumarbeiten. Allein eine (1) Szene war anscheinend gestellt, jedoch nicht vom ORF. Für euch, die Kameradschaft ORF-Watch und eure KampfposterInnen ist dieser Umstand freilich nachrangig. Da ist die Krone nicht Hort der Objektivität.

Die Nation redete wie die Woche zuvor lieber über den Dschihad-Prozess in Graz und das Urteil gegen einen Kremser Syrien-Rückkehrer, von der Flutkatastrophe in Süddeutschland, von Rechenfehlern des Innenministers. Zugegeben, Altenfelden schockierte. Es ist immerhin der erste gelungene Terrorakt gegen ein hiesiges Asylheim im neuen Jahrtausend. Der ÖVP-Bürgermeister äußerte sich mutig. Er wolle „auch nicht nach ein paar Bier“ hören, „dass der Brandstifter“ Recht hatte, sagte er den Oberösterreichischen Nachrichten.

Die Hetze gegen eine geplante Leondinger Asylunterkunft war wiederum eine Randnotiz. Vergessen ist, dass ein Mann aus Enns seine Waffe auf eine Gruppe Somalier richtete. Und Sebastian Kurz‘ Zynismus war zunächst nur Parteien und Anneliese Rohrer eine Kritik wert. Die Hoffnung: Bei vol.at sitzt der Schock von Nenzing noch tief. Am Mittwoch erschien dort ein fundierter Bericht zur rechten Szene. Andererseits wurden kein Runder Tisch, kein Pro & Contra, keine ATV-Reportage dazu ausgestrahlt. Der Weltjournal-Zweiteiler „Europas neue Fronten“ über Nationalismus und Dschihadismus zählt nicht. Dieser wäre auch ohne den Anschlag gesendet worden.

Zwar regt sich etwas, doch Österreich hat ein anhaltendes Naziproblem. Nun ist es mit Altenfelden dringender. Medien, die das weiterhin als Randthema sehen, es nicht mit Identitären und der FPÖ verknüpfen, Aufklärung über Rechts auf Einzelmeldungen beschränken, bleiben Teil des Problems.

Foto: NS-Putschisten mit Maschinengewehren beim Gasthaus Pfundner in Wolfsberg (Kärnten), 27. 7. 1934. Das Bild stammt aus einem faschistischen Propaganda-Band. Quelle: DÖW.

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