AktuellEuropaÖsterreichStandpunkte

Friedrich Zawrel – ein Kämpfer, ein Namenspate und ein Streitobjekt der FPÖ

Friedrich-Zawrel-DoewDie Benennung der Neuen Mittelschule Hornesgasse in Wien-Landstraße nach Spiegelgrund-Opfer Friedrich Zawrel bezeichnet die FPÖ Wien in einer Presseaussendung am Montag als „skandalös“. Doch der eigentliche Skandal sind die Aussagen der FPÖ, Zawrel sei ein „Verbrecher“. Warum, soll hier dargelegt werden:

Friedrich Zawrel, Jahrgang 1929, wuchs bei seiner Mutter in Wien in sozial prekären Verhältnissen auf. Infolge einer Delogierung kam er zu Pflegeeltern und später in ein Kinderheim. Nach dem „Anschluss“ wurde seine Familie aufgrund seines alkohol­abhängigen und vorbestraften Vaters als „erbbiologisch und sozial minderwertig“ eingestuft und er selbst in die NS-Fürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ eingewiesen. Neben dieser Einstufung gab es einen weiteren Vorfall, der Grund für Zawrels Einweisung war. Die Geschwister von Friedrich, Kurt und Erika, schwänzten die Schule und wurden beim Stehlen von Füllfedern und Radiergummis erwischt. Die Beamten kamen dahinter, dass alle drei in einem Bett schliefen und warfen diesen ein inzestuöses Verhalten vor, den Kindern wurde „soziale Depravation“ (Entartung) unterstellt. Tatsächlich mussten die drei in einem Bett schlafen, weil sie in bitterer Armut lebten.

Der Vorfall diente als Begründung für die Überstellung Zawrels und der beiden älteren Geschwister in die Kinderübernahmestelle im Jänner 1941 und fand sich daraufhin vierunddreißig Jahre lang in Gutachten und Beurteilungen über Zawrel. Nach kurzem Aufenthalt in einem weiteren Heim wurde Friedrich Zawrel am 21. Jänner 1941 in die Fürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ überstellt. Sein Leidensweg führte ihn durch mehrere Heime, wo er auch zweimal vom NS-Euthanasiearzt Dr. Heinrich Gross untersucht wurde und zahlreichen Misshandlungen und Demütigungen ausgesetzt war. Zuletzt war er am Pavillon 17 „Am Spiegelgrund“ in einer Gruppe „schwer erziehbarer Jugendlicher“ untergebracht. An diesen wurden medizinische Experimente – insbesondere von Dr. Heinrich Gross – durchgeführt, an deren Folgen viele der Kinder starben. Nachdem Zawrel aus der Anstalt fliehen konnte, wurde er kurz vor Kriegsende verhaftet und verbrachte die Zeit bis zu seiner Befreiung im Gefängnis.

Ohne eine abgeschlossene Schulausbildung und enttäuscht von der Republik Österreich geriet er nach 1945 auf die schiefe Bahn. So musste er sich mit Kleinkriminalität und Hilfsarbeit über Wasser halten, während Dr. Heinrich Gross im Nachkriegs-Österreich fleißig an seiner Karriere bastelte. 1945 wurde Friedrich Zawrel zu drei Jahren Haft verurteilt, 1958 und 1965 zu je fünf Jahren und jeweils wegen Diebstahls. Weitere Versuche, einen ordentlichen Beruf zu finden scheiterten meist schon aufgrund seiner Vorstrafen.

Im Jahre 1975/76 stand Friedrich Zawrel nach mehreren Verurteilungen wegen Eigentumsdelikten vor Gericht und er wurde damals zu 6 1/2 Jahren Haft mit anschließender Einweisung in eine Anstalt verurteilt. Als Grundlage für dieses Urteil wurde ein Gutachten von Heinrich Gross erstellt. Friedrich Zawrel erkannte den ehemaligen Arzt und konfrontierte ihn bei der Erstellung des Gutachtens 1975 für das Gericht mit dessen NS-Vergangenheit. Mit dem Gutachten, das Gross nach dieser „Untersuchung“ über Zawrel erstellt hatte, beabsichtigte Gross ihn für immer hinter Gitter und zum Schweigen zu bringen. Zudem zitierte er darin im selben nazistischen Wortlaut („Er stammt aus einer erbbiologisch und soziologisch minderwertigen Familie.“) ein Gutachten aus dem Jahre 1943 und stellte Zawrel als Wiederholungstäter dar, der für immer in den Arrest gehört.

Auf jeden Fall wurde er erst nach einer wahren Odyssee im Jahre 1981 im Alter von 52 Jahren entlassen und es dauerte noch bis 1997 bis eine Anklage gegen Heinrich Gross wegen Mordes zustande kam.

Friedrich Zawrel hat fürchterliche Schrecken erlebt und hat trotzdem nicht aufgegeben, sondern sein Leben lang darum gerungen endlich etwas Gerechtigkeit zu erfahren. Für diese lebenslange Aufopferung ist ihm übrigens im Jahr 2008 das Goldene Verdienstzeichen der Stadt Wien und 2013 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen worden.

Auch wenn jemand einmal straffällig geworden ist, so ist es doch sein gesamtes Leben, das zählt und nicht die einzelnen Taten, welche man noch dazu im Kontext seiner Lebensgeschichte interpretieren sollte. Ein Aspekt welcher gerade bei Friedrich Zawrel als dringendst notwendig erscheint.

Für die FPÖ Wien ist Friedrich Zawrel nicht geeignet der Namensgeber einer Schule zu sein, denn „Schüler brauchen Vorbilder und nicht Verbrecher“. Diese Aussagen sind einfach nur eine Schande und die FPÖ Wien sollte sich in Grund und Boden schämen!

Autor: Maximilian Belschner
Fotos: Friedrich Zawrel (Foto: DÖW); Titelbild: Mahnmal für die Opfer vom Spiegelgrund vor dem Jugendstiltheater (Muesse; Lizenz: CC BY 3.0)

Artikel teilen/drucken:

Ein Gedanke zu „Friedrich Zawrel – ein Kämpfer, ein Namenspate und ein Streitobjekt der FPÖ

  • Werner Hofmann

    Die FPÖ Kader sollten wegen gefährlicher
    Drohung, wie schnelle Kugel, 9mm, gegen unseren Bundeskanzler und anderer Gesetzesverstösse wie Verhetzung, Wiederbetätigung . . . . . selbst Strafverfolgt werden, damit Ihre wilden Attacken nicht von den Medien als Multiplikator publiziert werden, sondern ordnungsgemäß geahndet werden.

    Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.