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Hellas Kagran – Der braune Sumpf der Donaustadt

Fussball_1936von Noah Krügl

„Politik hat im Fußball nichts verloren!“ Immer wieder taucht diese Phrase, manchmal in leicht abgewandelter Form, in Fußballforen und in den sogenannten Kurven – den organisierten Fanszenen der jeweiligen Klubs – nahezu aller österreichischen und europäischen Vereine auf. Was für viele Fußballinteressierte auf den ersten Blick vielleicht sogar logisch klingen mag, erweist sich spätestens bei genauerer Betrachtung der Vereinsvorstände, der nationalen Verbände oder der jeweiligen Anhängerschaft als Trugschluss. Blickt man bspw. auf die Vorstandsmitglieder der vier großen Wiener Klubs Austria, Rapid, Vienna und Sportklub fällt schnell auf, dass hier zahlreiche namhafte Politiker, Gewerkschafter und Wirtschaftstreibende aufscheinen. Hier davon auszugehen, dass sich diese Proponenten des öffentlichen Lebens aus reiner Fußballbegeisterung in die jeweiligen Vorstände wählen lassen, ist schlicht naiv. Ein Fußballverein ist immer eine Stätte des persönlichen Austauschs, ein Herd hitziger Debatten und meist ideologisch gefärbt. Stichwort Arbeiterklub versus bürgerliches Pendant. Spätestens bei dieser Trennung fängt Politik im Fußball an. Arbeiter gegen Bonzen, Hackler gegen Kapitalisten.

Schon Adolf Hitler wusste, die Faszination, die vom Fußball ausgeht und die Massen begeistert für seine politischen Propagandazwecke zu nutzen. So vermittelte ein laufender Meisterschaftsbetrieb bis kurz vor Kriegsende eine gesellschaftliche „Scheinnormalität“ nach innen und außen, wie große Spiele auch regelmäßig für Kriegsdiplomatie herangezogen wurden. Fußball kann nicht von Politik getrennt werden.
Diese Umstände im Hinterkopf behaltend, möchte ich mich in diesem Artikel mit einem der mittlerweile wohl politischsten Vereine Österreichs auseinandersetzen: Hellas Kagran

Christian-Hein-Unsterblich-on-TourDer Verein

Hellas Kagran wurde, wie der Name bereits vermuten lässt, 1926 von griechischen Siedlern in Wien gegründet. Über die genaue Entstehungsgeschichte des Vereins gibt allerdings nicht einmal Uwe Mauchs Standardwerk zum österreichischen Amateurkick „Wien und der Fußball“ Aufschluss. Möglicherweise handelte es sich bei den Gründern um vom Griechisch-türkischen Krieg (1919-22) geflohene Monarchisten, worauf die heraldischen Symbole Ritter und Lindwurm im Vereinswappen schließen lassen würden. Hellas war von Anfang an ein Verein, der in der ballesteren Bedeutungslosigkeit des Unterhauses dahindümpelte und sich als Amateurclub der lokalen Vereinsarbeit widmete. Große Erfolge konnten die Kagraner jedenfalls nie für sich verbuchen. Dies änderte sich 2011 als Hellas mit dem überraschenden Gewinn des Wiener Fußballcups einen der größten Erfolge der Vereinsgeschichte für sich verbuchen konnte und somit für den ÖFB-Cup spielberechtigt war. Als Gegner wurde der Bundesligist Wacker Innsbruck zugelost, welcher seit vielen Jahren für seine antifaschistische Fanbasis bekannt ist. Das Spiel ging letztlich am 6. August 2011 in der Donaustadt über die Bühne und entwickelte sich zum Skandalspiel: Zahlreiche amtsbekannte Neonazis aus dem Umfeld von „Unsterblich“, einer neofaschistischen Fangruppe der Austria Wien, sowie der „Alten Garde“, das rechtsextreme Pendant von Rapid Wien in dessen Umfeld auch Gottfried Küssel bis zu seiner Verhaftung im April des selben Jahres zu organisieren versuchte, pilgerten zu diesem Spiel um ihre einschlägigen Naziparaphernalia zu präsentieren und die Auswärtsfans mit Schlachtrufen wie „Zyklon B fürn FCW“ samt zugehöriger Zischlaute zu konfrontieren. Christian Hein, FPÖ-Bezirksrat in Ottakring und zum damaligen Zeitpunkt stv. Bezirksvorsteher des Bezirks, akklamierte die faschistische Propaganda der angereisten Neonazis via Facebook mit den Worten: „Unsterblich on Tour!! Vielen Dank für die Unterstützung von Hellas Kagran.“ Was einen Ottakringer Bezirksrat dazu veranlasst, einem Fanclub aus Favoriten zu huldigen, der in Kagran antisemitisches und rechtsextremes Gedankengut von sich gibt, wird klar, sobald man die Entwicklung des Vereins und seiner Führung seit 2007/08 genauer beleuchtet.

Was war passiert?

Im Februar 2008 übernahm Martin Graf, damals noch dritter Nationalratspräsident der FPÖ und Alter Herr der deutschnationalen Burschenschaft Olympia , offiziell das Präsidentenamt des ehemals von Sozialdemokraten geführten Vereins. Der ehemalige Präsident und ASKÖ-Funktionär Paul Rapp musste aufgrund der im Verein angehäuften Schulden seinen Sessel räumen und Graf zog in seiner Funktion als Bezirksparteiobmann nach. Rapp wurde zur „persona non grata“ erklärt und Hellas trat umgehend aus dem ASKÖ aus. Bizarr erscheint dabei, dass Rapp selbst Graf in den Vorstand berief. Von diesem Zeitpunkt an wurde der Klub systematisch „umgefärbt“ und Funktionärs- wie Trainerposten mit Kammeraden und Parteikollegen besetzt.

Eine der ersten politischen Rochaden die begangen wurde, war die Installierung Marcus Vetters als Kantinenbetreiber beim Hellas-Sportplatz. Marcus Vetter erlangte kurz zuvor zweifelhafte Bekanntheit als aufgedeckt wurde, dass er als parlamentarischer Büromitarbeiter Grafs beim „Aufruhr“-Versand neonazistische Materialien bestellte. In weiterer Folge wurden nach und nach die Vorstandsposten des Vereins mit treuen FPÖ-Funktionären bestückt. So finden sich im 12-köpfigen Vereinsvorstand derzeit mindestens fünf FPÖ-Bezirks- und Gemeinderäte sowie zahlreiche weitere in diversen Funktionen. Während Martin Graf, Werner Hammer, Albert Kittel, Martin Seethaler und Andreas Dvorak den Vorstand bekleiden, fungieren bspw. Robert Podany als Platzsprecher oder Manfred Dvorak als Beirat.

Spieler, Sponsoren, Fans und Trainer

kategorieD_verpixeltDoch nicht nur Vorstand und Funktionäre sind eindeutig im deutschnationalen Lager verhaftet: So wurde erst vergangene Saison mit Christian Rauchhofer ein neuer Trainer bestellt, der vormals als Fankoordinator der Austria Wien dafür verantwortlich war, dass Reichkriegsflaggen, SS-Totenkopfbanner und Blood&Honour-Transparente ihren Einzug auf der Osttribüne im Horr-Stadion fanden, was für die Austria untragbar war. Mit Adrian Kloos spielte jahrelang ein Mitglied von „Unsterblich“ als Stammkraft im Tor der Kagraner und der vor wenigen Wochen neu verpflichtete Spieler Nikon El Maestro wurde von seinem ersten Profiverein SC Wiener Neustadt wegen der Veröffentlichung eines rassistischen Raps entlassen.

Am augenscheinlichsten treten die Verbindungen ins rechtsextreme Lager allerdings beim Fanclub „Kategorie D“ zu Tage: Hier versammelt sich das who-is-who der Wiener Neonazi- und Hooliganszene, welches bereits mit Stadion- und Hausverboten bei Rapid und Austria belegt wurde. Markus Wieneritsch, Robert Zehetner, Christoph Gödri, Michael Dürndl, Markus Rotter, Harald Brucker, Patrick Maier und Christian Simon seien hier nur stellvertretend für die braune Anhängerschaft genannt, die sich aus dem von Mitgliedern der „Alte Garde“ und „Unsterblich“ gespeisten Zusammenschluss „Eisern Wien“ bei den Hellas-Spielen ein Stelldichein geben.

Auch das Bandensponsoring von der freiheitlichen Gewerkschaft AUF, des freiheitlichen Kulturrings 22, des RFJ und diversen Wiener Bordellen zeigt augenscheinlich die Gesinnung des Vereins auf. Dass Frauen der Damenmannschaft vom Verein suspendiert werden, weil sie sich gegen sexuelle Anzüglichkeiten und die politischen Ansichten der Vereinsführung zur Wehr setzten, der RFJ regelmäßige Treffen in der Kantine veranstaltet, sich eine dort spielende Hobbymannschaft „Blad&Hungrig“ nennt und über dem Platz die deutsche Fahne weht, ist somit nicht überraschend sondern schlicht konsequent.

Noah Krügl ist politischer Aktivist, jahrelanger Fußballfan und Gründungsmitglied einer linken Ultragruppierung in Österreich.

Mehr von Noah Krügl: „Massenphänomen Fußball“ (6-teilige Serie)

Fotos: Fußball der Olympischen Sommerspiele 1936 (Christos Vittoratos; Lizenz: CC BY-SA 3.0); Hein-Tweet (stopptdierechten.at); Kategorie D (facebook); Titelbild: fcstpauli.com

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12 Gedanken zu „Hellas Kagran – Der braune Sumpf der Donaustadt

  • sebastian schönbauer

    Eine kleine Anmerkung zum sonst sehr informativen Artikel, im Vorstand des Wiener Sportklubs finden sich weder Politiker noch namhafte Gewerkschafter oder dergleichen sondern vor allem Anhänger ( Freund_innen der Friedhofstribüne) die drei von vier stimmberechtigten Vorständen stellen. Ansonsten danke für diesen Artikel, der sehr klar die Querverbindungen von Hellas in die rechte Szene aufzeigt.

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  • Mag. Edgar Fuhry

    Danke für die Info. Wusste gar nicht, wieviele Fler da „sportlich“ unterwegs sind!?

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  • martin

    Eich homs a wo eibrochn da sind Kinder und Frauen auch am Platz

    Antwort
    • Sebastian

      Und was genau sagt das, wenn Kinder und Frauen auch am Platz sind? Was genau stimmt am Artikel nicht?

      Antwort
  • Lauter Männer namen und wo sind die Frauen??. Und da stehen Namen oben die nicht mal was mit die Helles zu tun haben. Und werden mit Nazi und Hooligang da gestellt. Der jenige der das geschrieben hat gehört wegen Unterstellung angezeigt

    Antwort
  • Reinhard Prasch

    Bringt eine linke Ultra Gruppierung nicht auch wieder Politik ins Stadion ???

    Antwort
    • Sebastian

      Der Autor ist ja eh der Meinung, dass „keine Politik im Stadion“ nur Makulatur ist.

      Antwort
  • Rudolf

    Dieser Artikel ist eine bodenlose Frechheit. Herr Krügl, Sie sollten sich genauer mit dem Umfeld des Vereines auseinander setzen und darlegen welche Partei in Wien Steuergelder für diverse Vereine aufwendet.
    ASKÖ (Partei ?) -Funktionar Paul Rapp ist ein Unschuldslamm ?
    Mit Ihrer Darstellung helfen Sie den Fußballsport sicher nicht !!!!!
    Sie sollten sich ein anders Betätigungsfeld suchen.

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  • Ronny

    Nun ich bin Simmeringer, Sozialdemokrat (wähle seit Jahren ungültig), 35 jahre alt, kenne einige der genannten Personen persönlich seit meiner Jugendzeit! Ich habe in ihrem Text keinen einzigen Beweis entnehmen können der rechtfertigt genannte Personen, öffentlich als Nationalsozialisten zu denunzieren! Für den Autor und die Redaktion dieses Schundblattes empfinde ich bloß Verachtung!

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    • DusGer

      Es wurde nichts behauptet also wozu Beweise?

      Antwort
  • Don Kamo

    An den Kommentaren hier, wie auch auf Facebook, ist gut zu erkennen, dass der Artikel offenbar mitten ins Braune, äh Schwarze, traf. Die im Artikel geschilderte Vernetzung konnte bisher niemand widerlegen; stattdessen wird dem Autor mangelnde Kenntnis unterstellt, die wiederum durch nichts belegt wurde.

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  • Pingback: Das Nazi-Problem der Wiener Austria - Bonvalot.net

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