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„Tag der Befreiung“ in Kärnten: Kein Platz für linke Jugendkultur

Die Jugendorganisation „Radikale Linke Koroska“ kritisiert Absage der geplanten 8.-Mai-Party durch Klagenfurter Jugendzentrum und beklagt permanente Repression durch Polizei und Justiz – Von Danijel Jamrič

Abgesagt! (Quelle: fb.com/rlk.161)

Alles war bereits fix und fertig geplant: Die Bands organisiert, das Rahmenprogramm ausgearbeitet und die Location festgelegt. Die „Radikale Linke Koroska“ (RLK) wollte den 8. Mai mit einer „Befreiungsparty“ im Klagenfurter Jugendzentrum „Mozarthof“ gebührend feiern. „Seit der letzten autonomen 8.-Mai-Party sind Jahre vergangen, wir wollten diese Tradition neu beleben“, sagt ein Sprecher der Gruppe im Gespräch mit Unsere Zeitung. Nach der Organisation der Veranstaltung kam dann – kurz vor dem Termin – die plötzliche Absage von der Location. Man müsse „neutral“ sein und dürfe „keiner politischen Organisation die Möglichkeit geben, Veranstaltungen abzuhalten“, so die jähe Erklärung des Jugendzentrums. „Für uns stand fest, dass wir den 8. Mai im ‚Mozarthof‘ feiern, zumal wir von Beginn an unsere politische Richtung offengelegt haben“, sagt ein RLK-Sprecher. Die Absage kam unerwartet, genauso wie die Begründung: „Dass ein Jugendzentrum unpolitisch sein soll, ergibt für uns keinen Sinn. Es gibt keine Jugendkultur, die je ohne politische Statements ausgekommen wäre.“

Über die Frage, wie das plötzliche Umschwenken des Jugendzentrums zustande kam, lässt sich nur mutmaßen. Ein Hinweis darauf könnte in einem nur wenige Wochen zurückliegenden Vorfall liegen: Nach dem ersten „Antifa-Cafe“ im Klagenfurter Jugendzentrum „kwadrat“ seien dort arbeitende SozialarbeiterInnen von Nutzern der rechten Internetseite „Info Direkt“ ausgefragt worden. AktivistInnen der RLK seien in diesem Zeitraum vor Gericht gestanden, weil sie der dubiose Vorwurf ereilte, nazistische Gedenktafeln am Ulrichsberg mit Farbe beschmiert zu haben. Aus der Befragung sei ein umfassender Artikel über die Veranstaltung und einzelne Antifa-AktivistInnen resultiert. Diese Situation dürfte dem Jugendzentrum über den Kopf gewachsen sein. „Das ‚kwadrat‘ entschied, dass wir keine Veranstaltungen mehr bei ihnen abhalten dürfen. Es bestand die Sorge, dass sie Fördergelder der Stadt verlieren. Auch beim Jugendzentrum ‚Mozarthof‘ kam die gleiche Argumentation“, stellt die Radikale Linke in einer Stellungnahme fest. Ein Zurückweichen der städtischen Einrichtungen vor rechten Bloggern also? So sieht es zumindest die Website „Info Direkt“ selbst, die es als ihren „Erfolg“ ausgibt, dass linke Jugendkultur künftig keinen Platz mehr in den Kärntner Jugendzentren finden soll.

Neben der Diffamierung gegenüber der RLK seien die polizeilichen und juristischen Repressionen ein weiteres Thema, das die junge Gruppe permanent beschäftigt. Nach Demonstrationen und Kundgebungen fassten Mitglieder der RLK in den vergangenen Monaten mehrere Anzeigen, langwierige Identitätsfeststellungen und sogar Gerichtstermine aus. Doch warum haben es Polizei und Verfassungsschutz so stark auf die „Radikale Linke“ abgesehen, während etwa die „Identitären“ mit rechtsextremen Gewaltaktionen stets ungeschoren davonkommen? „Für uns liegt die Antwort dafür in der Vergangenheit von Kärnten. Jörg Haider hat es geschafft, hier eine rechtsextreme Gesellschaftsordnung aufzubauen“, so ein Sprecher der RLK gegenüber UZ. „Dieser Umstand ist einmal mehr bei den jüngsten Diskussionen, die Zweisprachigkeit in der Landesverfassung zu verankern, ans Tageslicht gekommen. Entlang dieser Linie hat sich auch der die personelle Besetzung und inhaltliche Ausrichtung des Verfassungsschutzes entwickelt, die es in Kärnten ganz offenbar auf linke Jugendkultur abgesehen hat.“ Auf die Frage, ob die Gruppe in Zukunft ihr Image ändern will, antwortet ein Sprecher der RLK: „Es stimmt, wir haben ein radikales Auftreten, doch wir werden davon nicht abrücken.“

Befreiungs- und Gedenkfeiern in Kärnten 2017:

6. Mai: Greifenburg, Bahnhof, 17:00 Uhr: Gedenk- und Befreiungsfeier
8. Mai: Klagenfurt, Musil-Institut, 19:30 Uhr: Vernissage und Buchpräsentation, Tanja Prušnik / Karl Prušnik-Gašper: Gämsen auf der Lawine
10. Mai: Villach, Denkmal der Namen, Widmanngasse, 18:00 Uhr: Gedenken an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft in Villach
19. Mai: Techelsberg, Töschling 21, 11:00 Uhr: Gedenktafelenthüllung für NS-Opfer der Zeugen Jehovas
19. Mai: Pörtschach, Wörthersee Congress Center, 18:00 Uhr: Veranstaltung zur Gedenktafelenthüllung am Techelsberg
10. Juni: Loiblpass, Gedenkstätte, 09:00 Uhr: Gedenk- und Befreiungsfeier
25. Juni: Bad Eisenkappel/Železna Kapla, Peršmanhof, 14:00 Uhr: Gedenkfeier am Peršmanhof
10. November: Villach, Evangelische Kirche, 19:00 Uhr: Gedenken an das Novemberpogrom 1938

Titelbild: Landhaus, Innere Stadt von Klagenfurt (Johann Jaritz; Lizenz: CC BY-SA 3.0 AT)

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