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„Die beste aller Welten“ – Hommage an eine heroinsüchtige Mutter

Vergangenen Freitag fand die Heimpremiere des Spielfilmes „Die beste aller Welten“ aus Salzburg-Liefering statt. Für Jungregisseur Adrian Goiginger eine „Herzenssache“ den Film endlich in Salzburg an der Kinoleinwand zu sehen.

Film- und Premierenkritik von Hannah Wahl und Bernhard Landkammer

Großer Andrang bei der Salzburg-Premiere von Adrian Goigingers Debütfilm „Die beste aller Welten“ (Foto: Unsere Zeitung)

„Die Beste aller Welten“ ist das Langfilmdebüt des Salzburgers Adrian Goiginger, der in dem stark autobiographischen Spielfilm seine eigene Kindheit verarbeitet. Der Tod seiner an Krebs erkrankten Mutter im Jahr 2012 gab den Anstoß für das Filmprojekt – das seit seiner Premiere im Februar 2017 bei der Berlinale zahlreiche Preise abstauben konnte und große mediale Aufmerksamkeit auf sich zog. Auch die Salzburg-Premiere war ein voller Erfolg. Der Andrang war so groß, dass am gleichen Abend eine zweite Premieren-Vorführung eingeschoben wurde.

Vor der ersten Vorstellung bezeichnet Adrian Goiginger „Die Beste aller Welt“ als einen „waschechten Salzburger Film“: von einem Salzburger, in Salzburg und über Salzburg. Im Mittelpunkt der Handlung steht der siebenjährige Adrian, der bei seiner heroinsüchtigen Mutter Helga in Liefering aufwächst. Im Kampf mit ihren inneren Dämonen versucht sie ihrem Sohn dennoch eine schöne Kindheit zu ermöglichen. Trotz seines Settings in einem Salzburger Stadtteil sollte es allerdings kein Nischenfilm werden, sondern auch in Moskau oder Berlin funktionieren – und das ist zweifellos gelungen.

Um seinen ambivalenten Inhalt in Szene zu setzen, arbeitet der Film effektiv mit subtilen Mitteln. Zu Beginn erinnert „Die Beste aller Welten“ mit beschwingter Musik, einer idyllischen Lagerfeuer-Szenerie und Feuerwerk an die bedrückend-schöne Stimmung von „Beasts Of The Southern Wild“. Diese Atmosphäre wird jäh gebrochen, als sich die Mutter mit Freunden zurückzieht, um sich einen Schuss zu setzen und die Musik plötzlich verstummt. Die großartige, unmittelbare oft verwackelte Kameraführung verharrt beim Rückfall der Mutter starr in einer bewegungsunfähigen Position und kann das Unausweichliche nur teilnahmslos beobachten.

Neben diesen filmtechnischen Mitteln geht auch die Entscheidung voll auf, die Flucht des jungen Protagonisten in die fiktive Welt eines Abenteurers als fantastische, mit Horror-Elementen angereicherte Einschübe einzubauen. Neben der auch hier aufscheinenden narrativen Ähnlichkeit zu „Beasts Of The Southern Wild“ oder auch „The Fall“, wird hierin die Imagination als Bestandteil der tragischen Realität betont. Entsprechend bricht gegen Ende von „Die Beste aller Welten“ die zunächst kindliche Fantasie als drogeninduzierter Wahn in das Leben von Adrian ein.

Bei seiner schweren, oft bedrückenden Thematik zieht sich allerdings auch ein feinfühliger Humor durch den Film . Meistens sind es direkte, unschuldige Kommentare des jungen Adrian über die tragische Situation seiner Mutter und ihrer Freunde, die die Stimmung auflockern. Hierin liegt der Versuch des Regisseurs, seinen Eindruck auf die Ereignisse seiner Kindheit filmisch wiederzugeben. Dieser spiegelt sich auch in dem gewählten Titel wieder: Seine Mutter Helga hat trotz widrigen Umständen immer versucht ihm „Die beste aller Welten“ zu bieten.

Verena Altenberger und Jeremy Miliker als Helga und Adrian in „Die beste aller Welten“ (Foto: Pressemappe diebesteallerwelten.at)

Die Rollen wurden ausnahmslos treffend besetzt. Kaum vorstellbar, dass das beeindruckende Mutter-Kind-Duo aus Verena Altenberger und Jeremy Miliker nur zufällig zueinander gefunden hat: Adrian Goiginger musste bei der Einreichung seines Projekts angeben, wer die Hauptrolle spielen sollte und hat „ganz unromantisch“, wie er selbst erzählt, online nach Salzburger Schauspielerinnen Mitte 20 gesucht. Witzelnd erzählt Goiginger, Altenberger hätte das Glück gehabt, dass ihr Nachname bei ihrer Agentur relativ oben gereiht wurde. Jeremy Miliker wurde in einem Casting von Kindern ohne schauspielerische Erfahrung ausgewählt – obwohl er den Text nicht „so ganz gelernt“ hatte, wie er mit einem Augenzwinkern erzählt. Ihre beeindruckende Leinwand-Chemie konnte sich in regelmäßigen halbjährigen Treffen entwickeln.

Günter Goiginger, der seinem Stiefsohn bei dem Projekt zur Seite stand und dessen Person wichtige Rolle im Film einnimmt, ist seit 20 Jahren clean und arbeitet mittlerweile mit Suchtkranken in einer Salzburger NGO. Auch wenn das Anerkennung verdient, war sein in der Publikumsdiskussion vorgetragener, manisch-pathetischer Bekehrungsversuch zum christlichen Glauben allerdings wahnsinnig unangenehm und irritierend.

Fazit: Adrian Goigingers Film besticht durch das Zusammenspiel von Kameraführung, humorvoll-tragischem Drehbuch und der grandiosen Leistung der SchauspielerInnen. Auch wenn darin keine allgemeinen Lebensrealitäten abgebildet werden, denn das liegt nun einmal im Wesen von autobiographischen Bearbeitungen, sind wir uns sicher, dass „Die beste aller Welten“ ein breites Publikum anspricht und noch so manchen Kinosaal füllen wird.

Mehr zum Film und wo er in den österreichischen Kinos (ab 8.9.) gezeigt wird auf diebesteallerwelten.at

Titelbild: verleih.polyfilm.at

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Ein Gedanke zu „„Die beste aller Welten“ – Hommage an eine heroinsüchtige Mutter

  • Theresia Wuchse

    Ich fand den Film sehr berührend. Interessieren würde mich,ob es diese angesprochene christliche Institution in Spanien wirklich gibt und wie man diese Adresse ausfindig machen kann.

    Antwort

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