OPEC-Seminar sieht Gas als langfristige Lösung für die Energiewende
Trotz des traditionellen Öl-Fokus der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) konzentrierten sich die Diskussionen beim 9. Internationalen OPEC-Seminar, das am 9. und 10. Juli 2025 in der Wiener Hofburg stattfand, auf Erdgas als sauberere Alternative zu Öl und Kohle im Rahmen der laufenden globalen Energiewende.
Von Hassan Hafidh (Zeitschrift INTERNATIONAL, Heft IV/2025)
Mehr als 1.000 Energiepolitiker trafen sich in der renommierten Hofburg zu einem der wichtigsten Energieereignisse des Jahres. Das erste Seminar dieser Art fand 2001 ebenfalls in Wien statt. Im Laufe der Zeit hat es sich zu einer der weltweit einflussreichsten Plattformen für Dialog und Zusammenarbeit im Energiesektor entwickelt. Das diesjährige Seminar stand unter dem Motto „Gemeinsam Wege beschreiten: Die Zukunft der globalen Energie“ und umfasste Ausstellungen, Ministersitzungen und hochrangige Diskussionsrunden. Zu den wichtigsten Themen gehörten: die zukünftige Rolle von Erdgas, die Bedeutung einer gerechten und inklusiven Energiewende, die Auswirkungen von KI auf Energiebedarf und -effizienz, der dringende Bedarf an Investitionen in fossile und erneuerbare Infrastruktur und Afrika und Indien als Haupttreiber des zukünftigen Energiebedarfs.
Ein wichtiger Diskussionspunkt war Europas dringende Notwendigkeit, russisches Gas durch alternative Lieferanten wie Algerien, Katar, die USA, Norwegen, Nigeria, Libyen, Aserbaidschan, Kasachstan und andere zu ersetzen. Die Redner stellten zudem eine breitere Verlagerung der Ölproduzenten hin zu Erdgas fest. Saudi-Arabien beispielsweise hat die Anzahl seiner Ölbohranlagen reduziert und seine Investitionen in Gas erhöht. Der Irak hat kürzlich mehrere neue Gasprojekte an US-amerikanische, britische und chinesische Unternehmen vergeben. Auch Algerien, Libyen und andere Länder beschleunigen ihre Strategien zur Erdgasförderung.
Während des gesamten Seminars bezeichneten Experten aus Afrika, Lateinamerika, Europa und Asien Erdgas wiederholt als wichtigen „Brückenbrennstoff“. Die Diskussionsteilnehmer erkannten zwar die globale Dynamik in Richtung Dekarbonisierung und erneuerbarer Energien an, betonten aber, dass eine schnelle Abkehr von Gas weder praktikabel noch fair sei – insbesondere für Entwicklungsländer: „Afrika kann nicht direkt auf erneuerbare Energien umsteigen, solange Hunderte Millionen Menschen immer noch keinen Zugang zu Elektrizität haben“, bemerkte ein Redner. „Für uns ist Gas keine Option – es ist eine Notwendigkeit.“
Konsens: Gas hilft, umweltschädlichere Brennstoffe wie Kohle zu ersetzen, bietet erschwingliche und skalierbare Energie für Schwellenländer und spielt eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung von Energiearmut.
Viele Führungspersönlichkeiten verwiesen auf Afrikas anhaltende Schwierigkeiten bei der Entwicklung sauberer Kochlösungen (clean cooking solutions) und argumentierten, dass Flüssig- und Erdgas für die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit und Lebensqualität unerlässlich seien.
Es gab wiederholt Forderungen nach massiven Investitionen in die Gasinfrastruktur – von regionalen Pipelines bis hin zu fortschrittlichen Verarbeitungs- und Verteilungssystemen.
Im Globalen Süden, wo Bevölkerung und industrielle Nachfrage rasant wachsen, könnten Unterinvestitionen in Gas die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität gefährden.
„Wir müssen Einheitsdogmen vermeiden“, sagte ein Diskussionsteilnehmer: „Wenn wir ein gerechtes, sicheres und nachhaltiges globales Energiesystem wollen, muss Gas eine Schlüsselrolle spielen – insbesondere in Ländern, die noch immer mit Energiearmut kämpfen und nach Industrialisierung streben.“ Das 9. OPEC-Seminar positionierte Erdgas daher nicht als Notlösung, sondern als wesentlichen Bestandteil der zukünftigen Energiesicherheit, -integration und -stabilität für Industrie- und Entwicklungsländer gleichermaßen.
Gerechter Übergang, nicht nur Gerede
Über Gas hinaus befasste sich das Seminar mit dem umfassenderen Konzept des „gerechten Übergangs“. Die Teilnehmer betonten die Notwendigkeit einer vorhersehbaren, stabilen Energiepolitik, die politische Zyklen und ideologische Veränderungen überwindet. Regierungen wurden aufgefordert, ihre Energie-, Umwelt- und Industriepolitik zu koordinieren, um eine regulatorische Fragmentierung zu vermeiden.
Branchenführer forderten eine verstärkte öffentliche Finanzierung, um das Risiko großer Infrastrukturprojekte zu verringern und private Investitionen zu fördern. Ein wichtiges Thema war, dass fossile Brennstoffe und erneuerbare Energien nicht als Gegner, sondern als komplementäre Elemente in einem diversifizierten Energiemix betrachtet werden sollten. „Die Energiewende ist keine Bedrohung, sondern eine Chance – sie fördert Innovation, Investitionen und wirtschaftliche Entwicklung“, sagte der saudische Energieminister Abdulaziz bin Salman Al Saud in seiner Grundsatzrede.
Darüber hinaus warnten mehrere Unternehmensleiter und internationale Experten, dass eine Reduzierung des Gasverbrauchs oder ein Investitionsstopp ohne tragfähige, erschwingliche Alternativen nicht nur die Klimaziele, sondern auch Entwicklungspfade untergraben könnte, insbesondere für Länder, die ihre Industrialisierung vorantreiben und Menschen aus der Armut befreien wollen.
Afrikanische Führungspersönlichkeiten stellten auf dem Seminar drängende Fragen: Sollten die Energiewendemodelle des Globalen Nordens auch auf den Globalen Süden anwendbar sein? Und insbesondere auf Afrika? NJ Ayuk, Leiter der Afrikanischen Energiekammer, betonte, dass Afrika einen maßgeschneiderten Ansatz brauche, der Energiesicherheit und Bezahlbarkeit in den Vordergrund stellt. Da fast eine Milliarde Afrikaner keinen Zugang zu moderner Elektrizität haben, muss der Kontinent Armutsbekämpfung und Wirtschaftswachstum priorisieren: „Wir müssen unsere eigene Energiewende gestalten, die unseren Realitäten entspricht“, sagte ein afrikanischer Minister. „Die Technologie muss für unsere Bevölkerung geeignet und kosteneffizient sein.“
Die Infrastruktur bleibt ein Nadelöhr. Der Mangel an regionalen Pipelines schränkt den Handel und die Verteilung von Öl und Gas ein.
Viele Länder sind nach wie vor stark auf den Wassertransport angewiesen, der mit logistischen und wetterbedingten Herausforderungen konfrontiert ist.
KI und Energiebedarf
Ein weiteres wichtiges Thema des Seminars war der rasante Aufstieg von KI als Treiberin der Energienachfrage, insbesondere der Stromnachfrage. KI und die Rechenzentren, die sie betreiben, erzeugen laut einigen Teilnehmern den größten neuen Energiebedarf seit der Industrialisierung Chinas. Prognosen zufolge könnte der Anteil von KI am weltweiten Stromverbrauch von heute ein bis drei Prozent auf vier bis sechs Prozent bis 2030 steigen. Kurzfristig gilt Erdgas als der wichtigste Energieträger zur Deckung dieses wachsenden Strombedarfs, insbesondere in den USA. Solar-, Wind- und andere erneuerbare Energien werden ausgebaut, aber Gas soll die unmittelbare Lücke schließen.
KI verändert auch den Energiesektor selbst. Unternehmen nutzen KI, um den Betrieb von Windkraftanlagen zu optimieren, Anlagenausfälle vorherzusagen, Wartungspläne zu verbessern, Projektplanungszeiten zu verkürzen, Bohrpräzision und seismische Analysen zu verbessern und die Integration erneuerbarer Energien in Stromnetze zu verbessern.
KI ist bereits ein bahnbrechender Faktor in der Exploration und Produktion und trägt durch effizientere Anlagen und Abläufe zur Emissionsreduzierung bei. Die Teilnehmer warnten jedoch, dass die Unterstützung des KI-Wachstums erhebliche Investitionen in das Stromnetz und die Erzeugungskapazität erfordere.
Einige der größten Rechenzentren, die heute gebaut werden, verbrauchen so viel Strom wie ganze Industriezweige, was die Dringlichkeit von Infrastrukturinvestitionen unterstreicht.
Das Seminar machte deutlich, dass es keine Einzellösung gibt, die den weltweiten Energiebedarf decken kann. Ein ausgewogener, flexibler und diversifizierter Energiemix – einschließlich Öl, Gas, erneuerbarer Energien und fortschrittlicher Technologien wie KI – wird in den kommenden Jahrzehnten unverzichtbar sein.
Hassan Hafidh ist ehemaliger Direktor für PR und Information der OPEC. Danach arbeitete er für Reuters und das Wall Street Journal im Nahen Osten und berichtete über Öl und Gas im Irak und der Golfregion. Er lebt als Korrespondent in Wien.
Titelbild: Portal der OPEC-Zentrale im 1. Wiener Gemeindebezirk (Foto: C.Stadler/Bwag; CC-BY-SA-4.0)


Ist das euer Verständnis von „neuem Journalismus“, ein PR Artikel für die erdölfördernden Länder unter dem Vorwand der Hilfe für arme Länder in Afrika. Gerade in Afrika gibt es genügend Ressourcen für dezentrale erneuerbare Energien. Zudem ist der Artikel gekennzeichnet von der völligen Ignoranz gegenüber der bereits begonnen Umweltkatastrophe, die bereits für irreversible Schäden sorgt. Von wegen Brückentechnologie?