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Letzte Chance für die Retorten-Partei?

Stronach_mit_Stadion_Wiener_NeustadtTeam Stronach, die Dritte. Nach den patschert wirkenden Abgängen des Polit-Patriarchen sowie der Klubobfrau Katrin Nachbaur wurde gestern Waltraud Dietrich zur neuen Klubchefin erklärt. Fokussierung auf die Steiermark?

Er ist wieder da – wenn auch nur auf Besuch. Das politische Abenteuer Frank Stronachs endete so abrupt, wie es angefangen hatte. Zur Nationalratswahl 2013 hatte sich der Milliardär aus dem Nichts eine Retorten-Partei zusammengestellt. Dass Stronach Geld wie Heu hat, wurde auch im Wahlkampf deutlich, der ganz auf die Person des gelernten Werkzeugmachers zugeschnitten war. Es sollte beim politischen Strohfeuer bleiben. Stronach selbst fiel vor der Wahl vor allem durch skurrile TV-Auftritte auf. Nach nur drei Sitzungen verabschiedete sich Stronach aus dem Nationalrat und aus der Politik. Gestern kehrte er für einen Kurzauftritt in seiner Rolle als Parteiobmann zurück und stellte die Steirerin Waltraud Dietrich als neue Klubchefin vor.

Ausweg aus der Polit-Soap?

Dietrich war bereits nach dem angekündigten Abgang von Kathrin Nachbaur als deren Nachfolgerin im Gespräch. Die ehemalige FPÖ-Politikerin ist eine der wenigen MitstreiterInnen Stronachs, die sowohl als Nationalratsabgeordnete als auch als Obfrau der steirischen Landespartei Querelen aus dem Weg gehen konnte. Ihre Berufung zur Klubchefin kann als Versuch gewertet werden, ein wenig Konstanz in die wirtschaftsliberale Partei zu bringen.

Wenngleich das Team Stronach (TS) in den Bundesländern in Landtage und Regierungen einziehen konnte, glich die Performance eher der österreichischen Variante einer Polit-Soap. In Kärnten, wo man sich mittlerweile so gut es geht vom Parteigründer abzugrenzen versucht, machte das TS vor allem aufgrund des Privatzwistes zweier seiner Mitglieder von sich reden. In Tirol zeigte man sich – zumindest anfänglich – als Sammelpool ausgeschlossener oder ausgetretener FPÖler. In Niederösterreich dominierte der Streit um den schnöden Mammon.

Fokus auf die Steiermark

Neben der neu bestellten Klubchefin hat das Team Stronach auch den lang gesuchten „starken Mann“ (Zitat Nachbaur) gefunden, der den Posten des Vizeparteichefs einnimmt. Wolfgang Auer, Arzt und Unternehmer aus der Steiermark, wurde gestern ebenfalls präsentiert.

Auer, der Naturheilprodukte vertreibt, wurde gleichzeitig als Spitzenkandidat für die steirische Landtagswahl im Herbst auserkoren. Bei der Nationalratswahl konnte das TS dort mit 10,1 Prozent ein überdurchschnittliches Ergebnis einfahren. Ob man nunmehr auch auf Landesebene reüssieren kann, bleibt fraglich. Der anfängliche Hype um die Partei ist vorbei, ihre neoliberalen Vorschläge stießen indes auf wenig Anklang in der Bevölkerung.

Anspruch und Wirklichkeit

Stronach selbst inszeniert sich gerne als generöser Arbeitgeber. „Ihr habt noch nie Löhne bezahlt“ wurde sein selbst auserkorenes Totschlagargument in so mancher Fernsehdiskussion. Vor allem in seinem Heimatbundesland Steiermark könnte er dies in die Waagschale werfen wollen, arbeiten doch alleine bei Magna Graz 6.000 Menschen.

Anspruch und Wirklichkeit klaffen beim Milliardär jedoch auch hier auseinander. Von den 6.000 ArbeiterInnen kamen im letzten Jahr 800 von Leiharbeitsfirmen, immerhin 13 Prozent. 200 von ihnen mussten im vergangenen Herbst den Hut nehmen. 2009 wurde den ArbeiterInnen seitens der Konzernführung ein Lohnverzicht angetragen. Während Umsatz und Gewinn steigen, kommt bei den ArbeiterInnen wenig davon an. Auch Stronachs feindliche Haltung gegenüber den Gewerkschaften passt nicht in das Bild eines „Arbeiterfreundes“.

Politik als teures Hobby

Eher in das eines antiken Mäzens. Auch ein Schuh, den sich Stronach wohl nicht ungern anzieht. Im niederösterreichischen Ebreichsdorf stellte sich der Austro-Kanadier mit dem „Magna Racino“ seine eigene Pferderennbahn hin. Jahrelang war er Präsident des Fußballclubs Austria Wien, den er an die Spitze Europas führen wollte. Nach Fanprotesten verließ er die Austria, nächste Station wurde der SC Wiener Neustadt. Zuletzt zahlte er dem steirischen Verein Sturm Graz im Wahlkampf einen Spieler.

Ist die Politik für Stronach also ein weiteres teures Hobby oder Ausdruck eines ausgeprägten Sendungsbewusstseins? Fakt ist, dass sich Stronach trotz Einzug in den Nationalrat wesentlich mehr an Wählerzuspruch erhofft hatte. Was folgte, war ein Liebesentzug des Obmannes gegenüber der eigenen Partei, der sich vor allem monetär äußerte. Die Ernennung Dietrichs zur Klubobfrau und der damit verbundene Auftritt Stronachs auf der Pressekonferenz kann also durchaus als letzte Chance für das Kunstobjekt Team Stronach gesehen werden, dem Gründer doch noch Genugtuung zu verschaffen.

Text: Alexander Melinz
Foto: Frank Stronach mit „seinem“ Stadion des FC Magna Wiener Neustadt 2008 (Foto Wikimedia/Steindy/CC-by-sa 2.0/de)

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