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„Bomben brauchen keinen Mut“

Bertolt BrechtGedichte und Zitate von Bertolt Brecht anlässlich seines 117. Geburtstages (geb. 10.2.1898)

Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stecken, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit schinden, einem zum Selbstmord treiben, eine in den Krieg führen und so weiter. Nur weniges ist in unserem Staat verboten.

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Fragen eines lesenden Arbeiters

Wer baute das siebentorige Theben?
In den Büchern stehen die Namen von Königen.
Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
Und das mehrmals zerstörte Babylon
Wer baute es so viele Male auf? In welchen Häusern
Des goldstrahlenden Lima wohnten die Bauleute?
Wohin gingen an dem Abend, wo die Chinesische Mauer fertig war
Die Maurer? Das große Rom
Ist voll von Triumphbögen. Wer errichtete sie? Über wen
Triumphierten die Cäsaren? Hatte das vielbesungene Byzanz
Nur Paläste für seine Bewohner? Selbst in dem sagenhaften Atlantis
Brüllten in der Nacht, wo das Meer es verschlang
Die Ersaufenden nach ihren Sklaven.
Der junge Alexander eroberte Indien.
Er allein?
Cäsar schlug die Gallier.
Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?
Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte
Untergegangen war. Weinte sonst niemand?
Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer
Siegte außer ihm?
Jede Seite ein Sieg.
Wer kochte den Siegesschmaus?
Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen?

So viele Berichte.
So viele Fragen.

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Immer fand ich den Namen falsch, den man uns gab: Emigranten
Das heißt doch Auswandrer. Aber wir
Wanderten doch nicht aus, nach freiem Entschluß
Wählend ein anderes Land.

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Das Recht des Menschen ist´s auf dieser Erden
Da er doch nur kurz lebt, glücklich zu sein.

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Die österreichischen Eisenbahner setzten ihre Forderungen bei der Regierung nicht durch einen Streik durch, sondern indem sie alle Betriebsbestimmungen gewissenhaft ausführen (was sonst nie geschieht), so daß kein Zug mehr ankommt noch abfährt.

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Die Menschen sind nicht politisch übersättigt, sondern unterernährt, weil man ihnen nur Ersatz anbietet.

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Der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in der Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.

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Die Erwartung eines neuen Krieges paralysiert den Wiederaufbau der Welt. Sie steht heute nicht mehr vor der Wahl zwischen Frieden und Krieg, sondern vor der Wahl zwischen Frieden und Untergang. Den Politikern, die dies noch nicht wissen, erklären wir mit Entschiedenheit, daß die Völker Frieden wollen.

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Krieg wird sein, solange auch nur ein Mensch noch am Krieg verdient!

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Es ist der älteste Trick der Bourgeoisie, den Wähler frei seine Unfreiheit wählen zu lassen, indem man ihm das Wissen um seine Lage vorenthält.
Das, was jemand braucht, um seinen Weg wählen zu können, ist Wissen.
Was kommt dabei heraus, wenn man einen Mann, der weder Notenlesen noch Klavierspielen lernen durfte, vor ein Klavier stellt und ihm die freie Wahl über die Tasten läßt?

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Der freie Wille – das ist eine kapitalistische Erfindung!

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Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Was ist die Ermordung eines Mannes gegen die Anstellung eines Mannes?

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Wahrheit wissen heißt wissen: was? wem? nützt.

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Die Selbstlosigkeit ist eine seltene Tugend, weil sie sich nicht rentiert.

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Ein Theater, in dem man nicht lachen soll, ist ein Theater, über das man lachen sollte. Humorlose Leute sind lächerlich.

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Der Künstler hat nicht nur eine Verantwortung vor der Gesellschaft, er zieht die Gesellschaft zur Verantwortung.

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Es wird viel für die Menschen und viel gegen die Menschen erfunden. Die Erfindungen für die Menschen werden unterdrückt, die Erfindungen gegen sie gefördert.

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Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.

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Wer heute die Lüge und Unwissenheit bekämpfen und die Wahrheit schreiben will hat zumindest fünf Schwierigkeiten zu überwinden. Er muß den Mut haben, die Wahrheit zu schreiben, obwohl sie allenthalben unterdrückt wird; die Klugheit, sie zu erkennen, obwohl sie allenthalben verhüllt wird; die Kunst, sie handhabbar zu machen als eine Waffe; das Urteil, jene auszuwählen, in deren Hände sie wirksam wird; die List, sie unter diesen zu verbreiten. Diese Schwierigkeiten sind groß für die unter dem Faschismus Schreibenden, sie bestehen aber auch für die, welche verjagt wurden oder geflohen sind, ja sogar für solche, die in den Ländern der bürgerlichen Freiheit schreiben.

schweres bewältigen

Zitiert aus: Bertolt Brecht. Lektüre für Minuten, Suhrkamp 1998
Foto: Bertolt Brecht (1954), Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg (CC BY-SA 3.0 de)

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Ein Gedanke zu „„Bomben brauchen keinen Mut“

  • carlos troger

    DANK für den Beitrag!!!

    Antwort

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