AktuellEuropaÖsterreichStandpunkte

Was hat Hans Niessl mit Rosa Jochmann zu tun?

jochmann_niesslRosa Jochmann erfuhr vor 100 Jahren, dass auch auf der Zuckerseite des Lebens nicht immer die Sonne scheint: Bereits mit 14 Jahren verlor sie ihre Mutter und musste sich mit ihren fünf Geschwistern durch harte Arbeit in einer Wiener Zuckerfabrik irgendwie durchschlagen.

Die Sonne sah sie vor 81 Jahren nur durch den Stacheldraht des austrofaschistischen Lagers Wöllersdorf, in das sie mit anderen Aktivistinnen und Aktivisten der SDAP, KPÖ und Gewerkschaft gesteckt wurde.

Rosa Jochmann wurde vor 76 Jahren als Widerstandskämpferin monatelang in Gestapo-Haft „verhört“. Ihre Jacke, die sie auf dem Weg ins KZ Ravensbrück nur dürftigst wärmte, besagte „Rückkehr unerwünscht“ und meinte damit Todesurteil.

Es ist 75 Jahre her, als sie sich von ihrer ebenfalls deportierten Kampfgefährtin Käthe Leichter verabschiedete, es war ein Abschied „Auf nie mehr Wiedersehen“. An Käthe Leichter erinnert heute ein stolzer Gemeindebau in Wien.

Rosa Jochmann sah vor 70 Jahren die Sonne gar nicht mehr. Monatelange Dunkelhaft ist von Nazis dazu erfunden worden, um Menschen seelisch zu zerbrechen.

Damals hat sie aber bewiesen nicht wie andere Menschen zu sein, sie verließ das befreite Ravensbrück zu Fuß, nahm ihre Arbeit in ihrer nun SPÖ genannten Partei wieder auf.

Rosa Jochmann konnte auch das Lager die Sonne im Herzen nicht ersticken, Fotos zeigen sie glücklich lachend, sie wird zitiert mit „Nie zusehen, wenn Unrecht geschieht“.

76 Jahre ist es her, dass sie Vorsitzende des von ihr mitgegründeten Bundes der Sozialistischen Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus wird. Sie setzte sich auch für Frauen ein, es ist eine politisch erfolgreiche Zeit.

Rosa Jochmann starb vor 21 Jahren. Niemals aber soll ihr Leitmotiv sterben: „Alle sind uns willkommen, die mit uns gemeinsam gegen die erstarkenden Kräfte des Faschismus auftreten wollen … Der Kampf, den wir führen, ist ein Kampf der nie zu Ende geht!“

Vor 15 Jahren – aber das konnte Rosa Jochmann nicht mehr sehen – wurde ihr Genosse Hans Niessl Landeshauptmann im Burgenland, das er als „Land der Sonne“ sonnenköniggleich regieren sollte.

Und zum Glück muss Rosa Jochmann nicht mitansehen, dass der selbe „Genosse“ ihre Partei mit der Partei, in dessen engstem Kader sich noch Menschen finden, die persönlich oder ideologisch ihren Deportationsbefehl und Käthe Leichters Todesurteil mitunterschrieben haben, erst inhaltlich und dann politisch vermählt.

Am Donnerstag wurde Rosa Jochmann Recht getan. Dieser Mensch war eine Fehlbesetzung als Mitglied in ihrem Freiheitskämpferbund, der Ausschlussantrag und Austritt folgerichtig wie gerecht.

Wir können an Rosas Statt nur hoffen, dass dieser Mensch sich heute in den Spiegel schaut und von Fragen überwältigt wird: Was wird an dich, Hans, erinnern? Werden dich Fotos lachend zeigen? Werden deine Zitate dich überleben? Und wenn ja, welche?

Aber die alles entscheidende Frage ist:

Was hat Hans Niessl mit Rosa Jochmann zu tun?

Nichts. Garnichts.

 

Autor: wag/red

Quelle für biographische Daten von Rosa Jochmann: renner-institut.at

Fotomontage: Unsere Zeitung (Bildquelle Jochmann: frauen.spoe.at ; Bildquelle Niessl: flickr.com [Foto: Thomas Jantzen], bearbeitet durch Unsere Zeitung [Graustufe, Bildbereich ausgeschnitten], Lizenz: CC BY-SA 2.0

Artikel teilen/drucken:

Ein Gedanke zu „Was hat Hans Niessl mit Rosa Jochmann zu tun?

  • Vor 33 Jahren übrigens sprach Rosa Jochmann am Hauptplatz von Eisenstadt auf der sicher größten Kundgebung der letzen vier Jahrzehnte auf Einladung des antifaschistischen Personenkomitees. Damals machte sich die später verbotene NDP im Burgenland breit und unter anderem mit dieser Kundgebung konnte deren Treiben zurückgedrängt werden. Was Niessl zur selben Zeit gemacht hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Er war jedenfalls ebenso wie die gesamte Landes-SPÖ nicht bei dieser Kundgebung.

    Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.