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„Kein Rechtsextremisten-Treffen in den Räumen des Landes Oberösterreich!“

linz_stellt_sich_querÜber 60 Prominente fordern von Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) die Ausladung des rechtsextremen Kongresses „Verteidiger Europas“Unsere Zeitung dokumentiert den offenen Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

Am 29. Oktober soll in Linz mit dem Kongress „Verteidiger Europas“ ein internationales Treffen von Rechtsextremisten stattfinden. Unverständlicherweise stellt das Land Oberösterreich für dieses Treffen seine Repräsentationsräume, die Redoutensäle, zur Verfügung.

Die rassistischen und antidemokratischen Bezüge der Organisationen, die am Kongress teilnehmen, sind zahlreich. So hat die deutschnationale Burschenschaft „Arminia Czernowitz zu Linz“, auf die der Mietvertrag für die Redoutensäle läuft, eine lange einschlägige Geschichte.

Bei der Bundespräsidentenwahl 1980 unterstützte sie geschlossen den rechtsextremen Kandidaten Norbert Burger. Dieser hatte in Südtirol Bombenanschläge verübt und war Bundessprecher der „Nationaldemokratischen Partei“ (NDP), die 1988 wegen Wiederbetätigung behördlich aufgelöst wurde. Zuletzt machte die „Arminia Czernowitz“ 2010 überregionale Schlagzeilen, als sie eine Veranstaltung mit dem antisemitischen Publizisten Richard Melisch durch ein Plakat mit einem nur geringfügig veränderten NSDAP-Motiv bewarb.

Am Kongress teilnehmen wird auch die „Identitäre Bewegung Österreich“. Diese zeichnet, wie die EU-Grundrechteagentur erst kürzlich feststellte, für einen großen Teil der in Österreich stattfindenden flüchtlings- und migranten feindlichen Aktionen verantwortlich. In Deutschland, wo die „Identitären“ ebenfalls agieren, stehen sie nun unter der Beobachtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Schon diese beiden Beispiele zeigen, dass es nicht tragbar ist, ewiggestrigen Hetzern in Räumen des Landes ein Forum zu bieten. Dies umso mehr, als Oberösterreich bei der Zunahme rechtsextremer Straftaten an der Spitze aller Bundesländer liegt. Wir erinnern an den Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft des Roten Kreuzes in Altenfelden, der heuer im Juni die Gefährlichkeit dieser Entwicklung wieder deutlich gemacht hat. Von den Hassparolen auf rechtsextremen Veranstaltungen bis zu menschenverachtenden Gewaltakten ist es nur ein kleiner Schritt.

Das Argument, der Kongress müsse im Sinne des Grundrechts auf Meinungsfreiheit toleriert werden, widerlegen die Organisatoren selbst. Sie haben angekündigt, „dass Vertretern der deutschsprachigen Mainstreammedien keine Presseakkreditierungen für den Kongress ausgestellt werden“. Und weiter heißt es: „Den Teilnehmern und Ausstellern können wir also versichern, dass sie während des Kongresses von offiziellen Vertretern der Lügenpresse unbehelligt bleiben werden…“. Wer die Meinungs- und Pressefreiheit mit Füßen tritt, kann sich nicht auf sie berufen.

Dieses Missbrauchsverbot entspricht auch Geist und Wortlaut der Europäischen Menschenrechtskonvention.

mkoe_logoSehr geehrter Herr Landeshauptmann! Die Abhaltung eines Rechtsextremisten-Treffens in den Räumen des Landes Oberösterreich wäre eine Förderung antidemokratischer Umtriebe und geeignet, dem Ruf des Landes nachhaltigen Schaden zuzufügen. Sie tragen die politische Verantwortung dafür, dass es nicht soweit kommt. Deshalb richten wir Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Offenen Briefes an Sie den dringenden Appell, für die einseitige Auflösung des Mietvertrages zu sorgen!

In Köln sollte ebenfalls am 29. Oktober ein rechtsextremer Kongress unter dem Titel „Für ein Europa der Vaterländer“ durchgeführt werden. Als der Vermieter von den Inhalten der Veranstaltung erfuhr, löste er den Mietvertrag einseitig auf. Er blieb auch dabei, als er Drohungen von Neonazis erhielt. Der Kongress musste abgesagt werden. Aber nicht nur dieser private Vermieter hat vorbildlich gehandelt. Im November 2013 sorgte die Innsbrucker Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer dafür, dass die Innsbrucker Messe einen Mietvertrag für ein Treffen deutschnationaler Burschenschaften einseitig auflöste. Die Entscheidung wurde vom Land Tirol vollinhaltlich mitgetragen, wie Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) damals betonte.

Bitte folgen Sie diesen Vorbildern und ersparen Sie Oberösterreich das blamable Rechtsextremisten-Treffen in den Redoutensälen!

Mit freundlichen Grüßen

Wilhelm ACHLEITNER, Leiter des Bildungshauses Schloss Puchberg, Diözese Linz

Irmgard ASCHBAUER, Vorsitzende der Österreichischen Lagergemeinschaft Mauthausen

Nuray BAHCETEPE, stv. Vorsitzende der Welser Initiative gegen Faschismus

Christa BAUER, Geschäftsführerin des Mauthausen Komitees Österreich

Andreas BAUMGARTNER, Generalsekretär des Internationalen Mauthausen Komitees

Gerhard BAUMGARTNER, Leiter des Dokumentationsarchivs des österr. Widerstandes

Maxi BLAHA, Schauspielerin

Bert BRANDSTETTER, Präsident der Katholischen Aktion Oberösterreich

Erwin BUCHINGER, Bundesbehindertenanwalt

Erhard BUSEK, Vizekanzler a.D.

Guy DOCKENDORF, Präsident des Internationalen Mauthausen Komitees

Heinrich EHLERS, Holocaust-Überlebender

Robert EITER, Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus

Michael ETLINGER, Landesleiter der Pfadfinderinnen und Pfadfinder OÖ

Marko FEINGOLD, Überlebender des KZ Auschwitz

Peter FLORIANSCHÜTZ, Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft

Erich FOGLAR, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes

FRANZOBEL, Schriftsteller

Karl-Markus GAUSS, Schriftsteller

Rudolf GELBARD, Überlebender des KZ Theresienstadt

Heimo GRUBER, Präsidiumsmitglied der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft

Harald GRÜNN, Bundesvorsitzender des KZ-Verbandes

Maria HOFSTÄTTER, Schauspielerin

Elfriede JELINEK, Literaturnobelpreisträgerin

Michael JOHN, Historiker und Obmann der Österreichischen Lagergemeinschaft Auschwitz

Günter KAINDLSTORFER, Journalist und Schriftsteller

Johann KALLIAUER, Präsident der Arbeiterkammer OÖ und Landesvorsitzender des ÖGB OÖ

Reinhard KANNONIER, Rektor der Kunstuniversität Linz

Rudolf KASKE, Präsident der Bundesarbeitskammer und der Arbeiterkammer Wien

Erika KIRCHWEGER, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Oberösterreich

Martin KRANZL-GREINECKER, Journalist und Initiator der Gedenkstätte „Kinder von Etzelsdorf“

Harald KRASSNITZER, Schauspieler

Ludwig LAHER, Schriftsteller und Träger des Kulturpreises des Landes Oberösterreich

Albert LANGANKE, Träger des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich

Felix LEE, Musiker und Komponist

Andreas MAISLINGER, Politikwissenschafter und Begründer des Gedenkdienstes

Karl MARKOVICS, Schauspieler

Robert MENASSE, Schriftsteller

Willi MERNYI, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich

Heinrich NEISSER, Zweiter Nationalratspräsident a.D.

Wolfgang NEUGEBAUER, Historiker

Cornelius OBONYA, Schauspieler

Elisabeth ORTH, Schauspielerin und Präsidentin der Aktion gegen den Antisemitismus

Walter ÖTSCH, Wirtschaftswissenschafter und Kulturhistoriker

Andreas PEHAM, Autor und Rechtsextremismus-Experte

Anton PELINKA, Politikwissenschafter

Veronika PERNSTEINER, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreich

Robert PFALLER, Philosoph

Martin POLLACK, Schriftsteller

Wolfgang QUATEMBER, Leiter des Zeitgeschichtemuseums und der KZ-Gedenkstätte Ebensee

Doron RABINOVICI, Schriftsteller

Thomas RAMMERSTORFER, Autor und Rechtsextremismus-Experte

Karl RAMSMAIER, Träger des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich

Werner RETZL, Vorsitzender der Welser Initiative gegen Faschismus

Gerhard RUISS, Schriftsteller und Sprecher der IG Autorinnen und Autoren

Uwe SAILER, Träger des Ute-Bock-Preises für Zivilcourage

Käthe SASSO, Überlebende des KZ Ravensbrück

Hans-Henning SCHARSACH, Autor und Rechtsextremismus-Experte

Thomas SCHMIDINGER, Politikwissenschafter

Raffael SCHÖBERL, stv. Bundesvorsitzender der Österreichischen Gewerkschaftsjugend

Susanne SHAKED, Erste Generalsekretärin der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft

Erwin STEINHAUER, Schauspieler

Marlene STREERUWITZ, Schriftstellerin

Katja STURM-SCHNABL, Sprachwissenschafterin und Überlebende eines NS-Lagers

Hans-Jürgen TEMPLMAYR, Zweiter Generalsekretär der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft

Gunther TRÜBSWASSER, Vorsitzender von SOS Menschenrechte

Peter WEIDNER, Beiratsmitglied der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft

Robert ZINTERHOF, Träger des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich

Fotos: Bündnis „Linz gegen Rechts“; Titelbild: Mahnmal vor Hitlers Geburtshaus, aufgestellt 1989. Fels aus dem KZ Mauthausen (Jo Oh/Lizenz: CC BY-SA 3.0)

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