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„Europa – Ein Kontinent als Beute“ – Kinostart

Seit Beginn der Finanzkrise greifen in Europa Nationalismus und Völkerhass immer offener um sich. Was sind die Gründe? Der politische Dokumentarfilm „Europa – Ein Kontinent als Beute“, der kommende Woche in die Kinos kommt, sucht nach den Ursachen, liefert Antworten und zeigt eine Generation, deren Zukunft aus Habgier zerstört wird.

von Gunther Sosna /
 

Die Europäische Union steht vor dem Zerfall. Neoliberale Wirtschaftskonzepte, korrupte Eliten und global agierende Banken und Konzerne spalten den Kontinent und ziehen eine ganze Generation in den Abgrund.

Der von den Politik- und Medieneliten gebetsmühlenartig beschworene Zusammenhalt in Europa ist lange dahin. Seit Beginn der Finanzkrise 2008 befindet sich das europäische Projekt, dessen Wurzeln in der auf Wirtschaftsinteressen beruhenden Montanunion zu suchen sind, in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.

Die neoliberale Wirtschaftspolitk gilt als alternativlos und dient dabei lediglich den Interessen von Superreichen und Konzernen. Arbeitsrechte werden ausgehöhlt, Löhne gedrückt, Renten gesenkt und Sozialstandards bis zur Unkenntlichkeit entstellt.

Die Politik versteht gar nicht, wie schnell ihr das Heft entgleitet, wie schnell die Macht zu den Konzernen wechselt.

Dirk Müller

Wie konnte es dazu kommen? Die Filmemacher Christoph Schuch und Reiner Krausz haben sich mit der Kamera auf Spurensuche begeben. Ihr politischer Dokumentarfilm „Europa – Ein Kontinent als Beute“ stellt wichtige Fragen und gibt Antworten.

Die Recherchen führten Schuch und Krausz in die Schweiz, ins Europäische Parlament nach Brüssel und in die Bankenmetropole Frankfurt.

Im Krisenstaat Spanien, über dessen katastrophale Wirtschaftssituation seit Beginn der Flüchtlingskrise kaum noch in den Medien berichtet wird, fanden sie Bauruinen, in denen aus Profitgier und Selbstsucht Milliarden von Euro sinnlos versenkt wurden.

In Portugal trafen sie eine Generation, die in der eigenen Heimat keine Perspektive mehr sieht. Die jungen Menschen verlassen das Land, verbunden mit der Hoffnung, irgendwo in der Welt einen Job und damit eine bessere Zukunft zu finden. Das nennt man Wirtschaftsflucht. Die wird mit dem Begriff der Freizügigkeit getarnt.

Die jetzige Generation ist besser ausgebildet als jemals eine Generation zuvor in Portugal. Diese Generation ist komplett verloren.

Paula Gil

Die nicht nur den Krisenländern als Medizin verabreichte Austeritätspolitik und die Privatisierung wirken wie Gift und begünstigen den Raubzug des Kapitals.

Griechenland befindet sich in einer katastrophalen Situation. Die Staatsverschuldung beträgt fast 180 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt – trotz massiver Sparmaßnahmen. Es findet eine Umverteilung von unten nach oben statt, die die Mittelschicht zerstört und die ohnehin ökonomisch schwachen Schichten in die Armut treibt.

In Deutschland werden Parallelen sichtbar: Wachsende Obdachlosigkeit, Altersarmut, Arbeits- und Energiearmut, Schlangen an den Tafeln. Jedes fünfte Kind wächst in Armut auf.

Den Armen geht’s in Griechenland und in Deutschland schlecht. Das Perfide ist, dass die jetzt gegeneinander aufgehetzt werden, entlang der Nationallinien.

Dr. Daniele Ganser

Auf dem ganzen Kontinent sind die Verwerfungen nicht mehr zu übersehen. 119 Millionen Europäer leben in Armut oder an der Grenze zur Armut. Das ist sozialer Sprengstoff.

Doch selbst wenn als Verursacher das Kapital und seine korrupten Eliten ausgemacht werden, kommt es nicht zum geschlossenen Widerstand gegen das ausbeuterische System.

Stattdessen lassen sich die Menschen gegeneinander aufhetzen. Völkerhass und Nationalismus greifen um sich. Immer mehr werfen sich in die Arme von Rechtspopulisten. Die Demokratie ist in Gefahr.

Wenn man permanent Löhne senkt und unser öffentliches Eigentum an irgendwelche Heuschrecken verramscht, dann ist klar, dass man die Demokratie immer mehr abschafft. Denn die Demokratie stört.

Fabio De Masi

Wie kommt Europa aus dieser gefährlichen Situation heraus? Wie kann man Menschen für ein faires und solidarisches Miteinander gewinnen? Wie wollen wir in Zukunft in Europa zusammen leben?

Christoph Schuch und Reiner Krausz befragten Experten wie den Europapolitiker Fabio De Masi, den Schweizer Historiker Daniele Ganser und den Wirtschafts- und Börsenfachmann Dirk Müller. Sie skizzieren ein ernüchterndes Bild von Europa und zeigen in ihren Antworten Wege aus der Krise auf.

Die Filmpremiere von Europa – Ein Kontinent als Beute fand am 16. November 2016 im Rahmen des 29. exground filmfest in Wiesbaden statt. Am 23. Februar kommt der Film in die Kinos.

Weitere Informationen und Termine gibt es auf der Homepage www.europa-als-beute.de und auf der Facebook-Seite Europa als Beute.


EUROPA – Ein Kontinent als Beute

Ein Film von Christoph Schuch & Reiner Krausz
(Deutschland 2016, 78 Minuten, HD Stereo)

Mit
Fabio De Masi, Dirk Müller, Daniele Ganser,
Paula Gil, Teresa Galindo, Miguel Angel Ferris

Regie: Christoph Schuch
Kamera: Reiner Krausz, Christoph Schuch, Vita Spieß
Schnitt: Reiner Krausz
Musik: Oliver Augst & Marcel Daemgen
Tonmischung: Sven Schwegler
Team Spanien: Viola Dörffeldt
Solomusiker: Alexandre Bellenger
Produktion: AVANTI-FILM
Kinostart: 23.02.2017
Verleih: Edition Salzgeber


Über Christoph Schuch und Reiner Krausz: Der Filmemacher Christoph Schuch studierte Visuelle Kommunikation an der Gesamthochschule Kassel, war Werkstudent am Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main und verbrachte ein Gaststudienjahr an der portugiesischen Filmhochschule in Lissabon. Seit 1994 ist er als Produzent mit AVANTI-FILM und Dozent für Filmgestaltung tätig.

Reiner Krausz arbeitete nach dem Studium der Kulturanthropologie an der Goethe Universität Frankfurt am Main und einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Frankfurter Institut für Sozialforschung zunächst als Kameramann und Cutter. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist er als Produzent und Dozent tätig. Er ist Teilhaber der Sehstern-Filmproduktion.


Fotos und Video: Salzgeber & Co. Medien GmbH
Der Beitrag erschien zuerst auf „Neue Debatte“, Kooperationspartner von „Unsere Zeitung“.

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