AktuellEuropaÖsterreichStandpunkte

Frau Proll, Sie haben nichts verstanden

Offener Brief von Stefan Kastél an Nina Proll

Es ist einfach schon so mühsam erklären zu müssen, warum und weshalb Sexismus, Sexismus ist. Zwischen einem Annäherungsversuch und sexueller Belästigung, gibt es einen großen Unterschied. Wenn ein Mann einer Frau ungefragt auf den Hintern oder zwischen die Beine greift, ist das sexuelle Belästigung. Da macht es keinen Unterschied, ob es eine eher selbstbewusste oder nicht selbstbewusste Frau betrifft.

„…vielleicht bin ich einfach nicht attraktiv genug, um von einem Mann sexuell belästigt zu werden. Oder nicht jung und erfolglos genug. Mag sein“, schreibt die österreichische Schauspielerin Nina Proll auf facebook als Reaktion auf die #MeToo-Kampagne, bei der Frauen über Erlebnisse berichten, in denen sie sexuell belästigt wurden.

Es könnte aber auch sein, dass Sie bei diesem Thema null Sensibilität an den Tag legen und Ihre Aussagen für sehr viele Frauen in diesem Land, ein Schlag ins Gesicht sind. Auf die Implikation, dass ausschließlich junge und erfolglose Frauen von Sexismus betroffen sind, möchte ich gar nicht weiter eingehen.

Es gibt in diesem Land unzählige Frauen, die sich nach sexuellen Attacken nicht verteidigen können und wenn sie sich zur Wehr setzen um ihre Existenz fürchten müssen. Nicht vielen kommt es leicht über die Lippen, aber wir leben nach wie vor in einer von Männern dominierten, patriarchalen Welt. Vor allem konservative bis rechtsextreme Parteien wehren sich Quoten einzuführen oder überhaupt irgendwelche Schritte in Richtung Gleichbehandlung zu setzen.

Ich frage mich, in was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Wollen wir einander nur noch anzeigen und vor Gericht bringen? Oder sind wir in der Lage auf Augenhöhe miteinander zu reden und „Nein“ zu sagen, wenn uns irgendetwas missfällt?“

Ihr gesamter Kommentar ist Wasser auf den Mühlen aller Männer, die vielleicht schon zu weit gegangen sind und anschließend überhaupt nicht verstehen können, dass eine Frau so aufmüpfig und widerborstig ist. Weil das einfache „Nein“ eben sehr oft nicht ausreicht, um dem Gegenüber zu signalisieren, dass man in Ruhe gelassen werden möchte.

Von dieser Sorte Mann bekommen Sie in den Kommentarspalten übrigens Applaus. Jene Sorte Mann, die überhaupt nichts Schlimmes dabei findet, wenn man einer Frau zu nahe tritt. Man redet sich dann die Welt schön und freut sich über alle Weibchen, die nicht so verbohrt und spießig sind.

Sie fragen sich in welcher Gesellschaft wir leben wollen? In einer Gesellschaft, die möglichst frei von den Felix Baumgartners und chauvinistischen Kommentatoren dieser Welt ist. In einer Gesellschaft, die endlich hinsieht wenn Frauen Repression erfahren und denen geholfen wird, ohne dass sie um ihr Leben oder ihre materielle Grundlage fürchten müssen.

Titelbild: „Facepalm“, Caïn (dt. Kain) von Henri Vidal im Jardin des Tuileries (Paris), 1896. (Alex Proimos/flickr.com; Lizenz: CC BY-NC 2.0)

 

Artikel teilen/drucken:

2 Gedanken zu „Frau Proll, Sie haben nichts verstanden

  • Johannes Föttinger

    Das „Me too“ (warum englisch, ist mir ein Rätsel)ist Symbolik eines linken Zeitgeistes, der gerade seinen Todeskampf durchmacht. Das begann schon mit den Grapscher-Paragraphen seit den 90-er Jahren. Eine schein-progressive linke Clique gegen vermeintlichen Chauvinismus!
    Nicht alle spielen da mit: dass sich plöztlich wie auf Kommando tausende von Frauen melden, scheint mehr als sonderbar! Warum haben sie bislang geschwiegen? Und was bringt das alles jetzt – oft nach Jahren, wenn kein Hahn mehr danach kräht und eine Verifizierung auch nicht mehr möglich ist!
    Nina Proll hat mit ihrem Artikel völlig recht und aus Ihnen spricht die politische Angepaßtheit!

    Antwort
  • ulli weish

    sg herr föttinger,
    bei # gibt es kein kommando, das ist wie eine gruppendynamische „stille post“. da baut sich eine kommunikationswelle auf, die nicht gesteuert ist, sondern dann bei medien Interesse erwecken, und lange verschwiegene tabuthemen, die ständig im unterholz schwelen, brechen dann als scheinbar ‚plötzlich‘ aus…..das ist ein anderes dynamisches kommunikationsprinzip als stabstellen der pr in organsiationen und burschenschaften sich öffentlichkeiten denken…..schon blöd, dass das nicht kontrollierbar ist, vor allem für grapscher in permanenter Selbstbespiegelung und selbstbestärkung einer normalität von übergrifflichkeit

    Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.