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Die bleibenden Tage von Genua

Gedanken und Gedichte zu den fatalen Vorfällen beim G8-Gipfel in Genua im Juli 2001.

Von Benjamin Lapp

Im Eindruck des vergangenen G7 Gipfels traten Erinnerungen an einen vergangenen Gipfel zurück in das Gedächtnis. Es war jener von 2001 in Genua, in dessen Verlauf der zweiundzwanzigjährige Demonstrant Carlo Giuliani ermordet wurde und mit der Erstürmung der Diaz-Schule ein beklemmendes Ende fand.

Viele Menschen haben einen Moment, der als Katalysator für die eigene Politisierung stehen kann; für mich war dies die Hinwendung zu diesem Gipfel. Auch wenn ich nicht selbst vor Ort war, überwand der tiefe Glaube, dass eine andere Welt möglich sei, jede Landesgrenze und jede Sprachbarriere.

Von den Zapatisten in Mexiko inspiriert, mit Neugierde auf die Tute Bianche schauend und mitgerissen von einer unbändigen Aufbruchstimmung, die so unendlich farbenfroh dekoriert war, mussten Wir die Abgründe der Realität kennen lernen. Doch was mir Hoffnung gab und gibt ist, dass es kein Ende der Geschichte gibt.

 

Die bleibenden Tage von Genua

 

Wir tanzen hinein in bewegte Zeiten

 

Während die Morgensonne einer neuen Zeit

sich Bahn bricht,

auf all die farbenfrohen jungen Gesichter

die die Welt zum bessern tragen wollen

strömen unsere vielstimmigen Gesänge

zu den Bollwerken der Angst

hinter denen sich unsere Repräsentanten

verschanzen.

Die Schilder ihrer Ordnung

drängen aus allen Richtungen

mit erbarmungslosem Taktschlag auf uns zu.

Weiß getünchte Hände heben sich zum Himmel,

es ist Stärke in aufsteigender Beklemmung

Lieder der Hoffnung anzustimmen

 

Wie konnten wir denn dies erahnen?

 

Im Mittagszenit erfüllte ein Schuss,

entsichert vom Regime der Abschreckung,

die Luft des tränenreichen Gases,

und all die Gesänge für eine besseren Welt

wurden erstickt in den engen Gassen Genuas.

Schreie eingetüncht im tränenreichen Wimmern

und immer wieder sein Name.

Wie ein Menetekel der Schule des Grauens,

die uns noch bevorstand und alles überdauerte,

waberte Er durch den dichten Nebel

des durchgesetzten Chaos zu uns,

während wir vor dem Mythos

einer friedlichen Weltordnung

fortrannten.

 

In der Dämmerung des Zeitenwechsels

welcher Rat bleibt uns zu geben für euch?

 

Ihr, die nachwachsenden Weltverbesserer,

die ihr heraustretet aus dem Nebel,

vergesst nicht die ungezählten Schlachten

die wir heroisch verloren.

Legt nicht nieder die Träume,

die wir schon lange nicht mehr träumen.

Verlernt nicht die Lieder die wir einst mit Inbrunst

auf den unbefleckten Marktplatz der Ideen sangen.

Doch vor allem verhärtet nicht eure Herzen,

denn nur dann kann die Liebe zur Welt

in all ihrer Mannigfaltigkeit sprießen.

 

Benjamin Lapp

 

Gewidmet Carlo Giuliani * 14.3.1978 – 20.07.2001


TitelbildMontecruz Foto from Berlin, Alemania, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

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