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Burkina Faso erlebt zweiten Militär-Putsch in einem Jahr  

Das in weiten Teilen von Islamisten kontrollierte Land wird seit dem Wochenende vom neuen Interimspräsidenten Ibrahim Traoré geführt.

Von David Bieber

Nachdem Burkina Faso den zweiten Putsch innerhalb von nur acht Monaten erlebt, versinkt das westafrikanische Land endgültig im Chaos. Am Sonntag hat der Chef der abgesetzten Militärjunta, Paul-Henri Damiba, dann auch offiziell seinen Rücktritt eingereicht. Dies wurde laut einer Erklärung von religiösen und kommunalen Führern sowie vom neuen starken Mann im krisengebeutelten, in weiten Teilen von Islamisten beherrschten Land, Kapitän Ibrahim Traoré, akzeptiert.

„Nach den Vermittlungsmaßnahmen“, die diese Führer zwischen den beiden Rivalen durchgeführt haben, „bot Präsident Paul-Henri Sandaogo Damiba selbst seinen Rücktritt an, um Zusammenstöße mit schwerwiegenden menschlichen und materiellen Folgen zu vermeiden“, gaben religiöse Führer in der Pressemitteilung, aus der der Nachrichtensender France 24 zitiert, an.

Sie präzisieren, dass Damiba, der selbst durch einen Staatsstreich im Januar an die Macht gekommen war und sich seit Sonntag im togolesischen Lomé aufhalten soll, laut regionalen diplomatischen Quellen „sieben Bedingungen aufstellte“, um dem Rücktritt zuzustimmen. Dazu gehören „die Gewährleistung der Sicherheit und der Nichtverfolgung“ der an seiner Seite eingesetzten Soldaten, „die Gewährleistung seiner Sicherheit und seiner Rechte sowie der seiner Mitarbeiter“ und „die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen“ mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) für eine Rückkehr der Macht an Zivilisten innerhalb von zwei Jahren. ECOWAS verurteilt den erneuten Putsch „auf das Schärfste“, liest man in sozialen Medien.

Religions- und Gemeindeführer, die in Burkina Faso sehr einflussreich sind, sagen, dass der 34 Jahre alte Hauptmann Ibrahim Traoré – zuvor Leiter einer Artillerieeinheit – diese Bedingungen „akzeptiert“ hat, und sie „laden die Bevölkerung zu Ruhe, Zurückhaltung und Gebet ein“, berichtet France 24.

Seit der Ankündigung von Freitagabend seitens der Truppen Traorés, die die Entlassung von Damiba, bekannt gaben, herrscht in Burkina Faso große Spannung und noch mehr Unsicherheit. Der gefallene Putschist hatte deutlich gemacht, dass er trotz der ihm feindlich gesinnten Demonstrationen nicht abdanken wolle.

Am Samstag forderte er die neuen Putschisten auf, „zur Vernunft zu kommen, um einen Bruderkrieg zu vermeiden, den Burkina Faso im Kontext“ der dschihadistischen Gewalt, die das Land seit 2015 heimsucht, nicht braucht, heißt es in burkinischen Medien.

Traorés Lager veröffentlichte am Sonntag eine separate Mitteilung, die darauf hinweist, dass der Kapitän „bis zur Vereidigung des von den lebenden Streitkräften der Nation ernannten Präsidenten von Faso für die Erledigung aktueller Angelegenheiten verantwortlich ist“. In einer Rede vor rund 30 Generalsekretären der Ministerien entschuldigte sich Kapitän Traoré für die Soldaten, die in den vergangenen Stunden „Ouagadougou beunruhigt“ hätten. „Es ist passiert, weil einige Dinge nicht gut funktionieren“, sagte er, und „man muss schnell handeln“, um das zu ändern, weil „das ganze Land in einer Notsituation ist“, zitieren ihn nationale Medien.

Tränengaskanister wurden am Sonntag aus dem Inneren der französischen Botschaft in Ouagadougou abgefeuert, um Demonstranten zu zerstreuen, die den selbsternannten Putschistenführer Ibrahim Traoré unterstützten. Ein paar Dutzend Demonstranten hatten sich laut Korrespondentenberichten am Sonntag vor der Botschaft der ehemaligen Kolonialmacht versammelt, Feuerschutzbarrieren angezündet und Steine ​​ins Innere des Gebäudes geworfen, auf dessen Dach französische Soldaten postiert waren, als die Gase abgefeuert wurden.

In diesem Zusammenhang forderte Kapitän Traoré in einer im nationalen Fernsehen vorgelesenen Pressemitteilung ein Ende der Akte von „Gewalt und Vandalismus“ gegen Frankreich. „Die Dinge normalisieren sich allmählich wieder, daher laden wir Sie ein, Ihren Geschäften ungehindert nachzugehen und sich von Gewalttaten und Vandalismus zu distanzieren (…), insbesondere solchen, die gegen die französische Botschaft oder Franzosen verübt werden könnten.

Am späten Samstagnachmittag waren bereits zwei französische Institutionen ins Visier von Demonstranten geraten: Vor der französischen Botschaft und dem französischen Kulturinstitut in der Hauptstadt Ouagadougou war ein Feuer ausgebrochen. Das Kulturinstitut erlitt dabei erhebliche Schäden und bleibt bis auf Weiteres geschlossen. Seit vielen Monaten lässt sich eine starke anti-französische Stimmung in ganz Westafrika erkennen.

Gegenüber französischen Medien verurteilt Paris diese Angriffe feindlicher Demonstranten, die durch eine „Desinformationskampagne gegen uns manipuliert wurden.“ Berichte in sozialen Medien über den von Frankreich gewährten Schutz für den gestürzten Oberstleutnant Damiba, der einst in Paris eine Militärschule besuchte, trugen dazu bei, die Wut der Pro-Traoré-Demonstranten zu schüren. Frankreich dementiert das.

Damiba kam im Januar durch einen Putsch an die Macht, der Präsident Roch Marc Christian Kaboré stürzte, der durch die Zunahme der dschihadistischen Gewalt diskreditiert war. Aber in den zurückliegenden Monaten haben sich die Angriffe auf Dutzende von Zivilisten und Soldaten im Norden und Osten von Burkina Faso vervielfacht, wo ganze Landesteile von Dschihadisten kontrolliert werden. Seit 2015 sind bei regelmäßigen Angriffen bewaffneter Bewegungen, die mit Al-Qaida und der Gruppe Islamischer Staat in Verbindung stehen, laut NGOs Tausende getötet und etwa zwei Millionen Menschen vertrieben worden.


Titelbild: Ortschild der Hauptstadt Ouagadougou. Foto: Jeff Attaway auf Flickr / CC BY 2.0

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