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Die Mietpreisbremse – Hintergründe und Ausblicke

Nach monatelanger Diskussion um eine „Mietpreisbremse“ ist es zu dieser Problematik medial etwas stiller geworden. Die automatischen Mietpreiserhöhungen durch das Mietrechtsgesetz sind bereits erfolgt. Darüber hinaus kam es zu vertragsbedingten Verteuerungen der Mieten bei Hunderttausenden bestehenden Mietverträgen. Mangels politischer Einigung in der Regierung, die Teuerungsspirale beim Wohnen ganz zu stoppen oder wenigstens einzubremsen ist mit weiteren Mieterhöhungen zu rechnen. Der nachfolgende Beitrag versucht, differenzierte Blitzlichter auf diese Thematik zu werfen.

Von Walter Rosifka (A&W-Blog)

Automatische Anhebung gesetzlicher Mietobergrenzen

Das Mietrechtsgesetz (MRG) sieht vor, dass bestimmte im Gesetz genannte Werte (Richtwerte, Kategoriebeträge) von Zeit zu Zeit automatisch mit dem Verbraucherpreisindex (VPI) angepasst werden. Wesentlich ist, dass es sich dabei in der Regel um Beträge im Zusammenhang mit der Obergrenze für den Hauptmietzins (also ohne Betriebskosten) beim Abschluss eines neuen Mietvertrags handelt. Und nur für solche Mietverhältnisse, die dem MRG voll unterliegen; also im Wesentlichen bei vor 1945 errichteten Mietwohnungen. Das sind in ganz Österreich theoretisch etwa 310.000 private Altbauwohnungen sowie die vor 1945 errichteten Gemeindewohnungen.

Die periodischen Anpassungen der bundesländerweise unterschiedlichen Richtwerte erfolgen im Normalfall alle zwei Jahre, aufgrund der Pandemie war aber die für 2021 vorgesehene Erhöhung mit einem Sondergesetz auf 2022 verschoben worden. Die Anhebung 2023 – in Höhe der krisenbedingten Inflationsrate für das Jahr 2022 von 8,6 Prozent – wurde jedoch trotz massiver Bedenken von verschiedenen Seiten (u. a. Wifo/Felbermayer und Arbeiterkammer) weder verschoben noch abgemildert.

Massenproblem: vertragliche „Wertsicherungen“ in Mietverträgen

Direkt wirken sich die erwähnten automatischen Anpassungen der gesetzlichen Richtwerte, also auch die Steigerung von 8,6 Prozent im Jahr 2023, nur für solche Mietverträge in Altbauten aus, die nach dem 1.4. des jeweiligen Anhebungsjahres neu abgeschlossen wurden/werden. Österreichweit sind das jährlich zwischen 35.000 und 40.000 Mietverträge.

Jedoch sind Verteuerungen der Mieten deshalb zum Massenproblem geworden, weil seit Jahrzehnten praktisch jeder Mietvertrag (ausgenommen die meisten Mietverträge mit gemeinnützigen Bauvereinigungen) eine in der Regel so bezeichnete „Wertsicherungsvereinbarung“ für den (Haupt-)Mietzins enthält; österreichweit betrifft das etwa eine Million Mieter:innenhaushalte.

Eine solche in der Regel von der Vermieter:innenseite vorgegebene Vertragsklausel legt fest, wann und wie ein einmal in einer bestimmten Höhe vereinbarter (Haupt-)Mietzins angehoben werden kann. Grundlage der Verteuerung der zu Mietbeginn vereinbarten Mieten während der Laufzeit eines Mietverhältnisses ist daher in der Regel der Mietvertrag, nicht aber unmittelbar ein Gesetz.

Mietzins = Hauptmietzins und Betriebskosten

Die meisten Mietverträge trennen den monatlich zu bezahlenden (Brutto-)Mietzins in einen betraglich fix vereinbarten Hauptmietzins und die jeweiligen Betriebskosten (Wasser-, Kanal-, Müllgebühren, Aufwand für Rauchfangkehrer:innen, Schädlingsbekämpfung und Hausreinigung etc.). Letztere (bei einer zentralen Wärmeversorgungsanlage inklusive Heizkosten) werden je nach den bei der Vermieter:innenseite anfallenden Kosten 1:1 an die Mieter:innen weiterverrechnet. Kostensteigerungen bei diesen Aufwendungen werden daher auch oft als „Mietzinserhöhung“ wahrgenommen, weil die Betriebskosten Teil des Mietzinses sind.

In der gegenständlichen Thematik geht es aber um den Mietzinsbestandteil „Hauptmietzins“. Aus diesem Betrag sollten Vermieter:innen einerseits die laufenden Erhaltungsarbeiten finanzieren (sofern es sich nicht um Schäden handelt, deren Reparaturkosten ohnehin von einer Versicherung abgedeckt oder sonst wie extra auf die Mieter:innen überwälzt werden), andererseits refinanzieren Vermieter:innen aus dem Hauptmietzins ihre Investition (Herstellungskosten, Kaufpreis) samt einer angemessenen Rendite.

Unterschiedliche Arten der vertraglichen Hauptmietzins-„Wertsicherung“

a) Verträge mit Richtwertmietzins (= Richtwert inkl. Zuschläge und Abstriche)

In der Vertragspraxis im Vollanwendungsbereich des MRG, also im Altbaubereich, findet man in den Mietverträgen standardmäßig eine Regelung, wonach der vereinbarte Hauptmietzins (= Richtwertmietzins) dann und in dem Ausmaß steigt, wie sich die gesetzlichen Richtwerte verändern. „Über die Bande“ wirkt sich dann also die gesetzliche Anpassungsautomatik bei den Richtwerten mit dem VPI auch auf alle Verträge mit solchen Vereinbarungen mietzinserhöhend aus. Die 2023 erfolgte Erhöhung des Richtwerts für Wien von 6,15 Euro/m² auf 6,67 Euro/m² kann dann beispielsweise bei einem 2017 abgeschlossenen Mietvertrag mit einem Richtwertmietzins von aktuell 740 Euro (umgerechnet 9,10 Euro/m²) eine Erhöhung auf monatlich 803 Euro bedeuten (umgerechnet 9,88 Euro/m²). Damit sollen dann auch die ursprünglich vereinbarten Zuschläge zum Richtwert (etwa für eine Fernsicht oder „Erstbezug nach Sanierung“) mit dem VPI angehoben werden; selbst wenn sie in dieser Art vielleicht gar nicht mehr vorliegen.

b) sonstige Mietverträge

Etwa 450.000 private Mietverträge in Österreich unterliegen keiner Mietzinsobergrenze. Meistens wird der zu Mietbeginn mit einem bestimmten Betrag vereinbarte gesamte Hauptmietzins im Vertrag mit dem VPI „wertgesichert“, aber auch der Baukostenindex (BKI) kommt als vertraglicher Parameter der Preisänderung („Wertsicherung“) vor.

Ausgangsbasis für die Berechnung der Mietanhebungen ist meist der Monat des Vertragsabschlusses oder die im Monat vor Vertragsabschluss verlautbarte Indexzahl. Der jeweilige Anhebungsmodus ist recht unterschiedlich geregelt. Üblich sind Schwellenwertklauseln, also Anhebungen immer dann, wenn der VPI sich um mehr als 3 Prozent (oder: 5 Prozent) verändert. Bei der aktuell hohen Inflation werden die Mieten der betroffenen Haushalte dann mehrmals im Jahr verteuert. Sogar monatliche Mietzinserhöhungen kommen aufgrund von entsprechend formulierten Wertsicherungsvereinbarungen vor,die zwölf Anhebungen pro Jahr werden meist im Nachhinein abgerechnet.

Der VPI als Parameter der „Wertsicherung“?!?

In der Regel wird die Notwendigkeit oder zumindest sachliche Rechtfertigung einer solchen Mietzins-Erhöhungsvereinbarung damit gerechtfertigt, dass damit ja nur „die Kaufkraft erhalten bleibe“ und dass Arbeitnehmer:innen ja auch Lohn- und Gehaltserhöhungen in einem solchen Ausmaß erwarten bzw. bekommen würden.

Ich erachte es aber als nicht sachgerecht, Einkünfte aus Kapitalveranlagungen in Immobilien mit Arbeitseinkünften zu vergleichen. Für Kapitalveranlagungen erhält man üblicherweise eine Verzinsung, eine zusätzliche Wertsicherung des angelegten Kapitals bzw. der daraus erzielten Einkünfte erfolgt jedoch nicht. Das gilt nicht nur für die klassische Sparbuchveranlagung, sondern etwa auch für eine Wohnbauanleihe.

Umgekehrt gilt für Darlehensfinanzierungen, dass in der Regel nur das Kapital und die vereinbarten Zinsen an den Fremdkapitalgeber zurückzuzahlen sind, eine Anpassung der Rückzahlungsraten (Tilgung und Zinsen) an den sinkenden Geldwert ist zusätzlich aber nicht zu leisten. Wenn also mit Fremdkapital finanzierte Veranlagungen in Immobilien mit nicht wertgesicherten laufenden Darlehenskosten verbunden sind, aber die daraus resultierenden Mieteinnahmen „wertgesichert“ sein sollen, zeigt sich die Schieflage der grundsätzlichen Argumentation.

Vermieter:innen haben nach der Vermietung einer Wohnung auch keine sich verändernden/steigenden Produktions- oder Ankaufskosten (wie das etwa Energieversorger während der Laufzeit eines Versorgungsvertrages haben mögen), die sie über einen sich aus diesem Grund veränderbaren Preis (Hauptmietzins) variabel refinanzieren müssten. Zudem werden die während des Gebrauchs der Immobilie vorkommenden Erhöhungen bei den Betriebskosten ohnehin zusätzlich zum Hauptmietzins 1:1 an die Mieter:innen weitergegeben.

Vermieter:innen haben die Gestehungskosten (Anschaffungspreis/Baukosten) vor der Vermietung also entweder bereits aus Eigenkapital bezahlt und während der Vermietung dafür mit keinen Kostensteigerungen zu rechnen oder sie sind bei Fremdfinanzierungen allenfalls mit Schwankungen bei den Darlehensrückzahlungen konfrontiert. Eine „Wertsicherung“ des gesamten vereinbarten Hauptmietzinses mit dem VPI lässt sich daraus mit Sicherheit sachlich nicht begründen.

Exkurs: Schweizer Modell

In der Schweiz, dem Land in Europa mit dem größten Anteil an Mieterhaushalten, sind Mietanpassungen gesetzlich über den sogenannten Referenzzinssatz geregelt und begrenzt. Diese Bezugsgröße ist der durchschnittliche Zinssatz aller Hypotheken in der Schweiz. Sinkt der Referenzzins um 0,25 Prozent hat man als Mieterin oder Mieter sogar einen Anspruch auf eine Mietzinssenkung (trotz Inflation!); Kostensteigerungen bei Reparaturarbeiten können dem aber in einem gewissen Ausmaß gegenübergestellt werden.

Steigende Renditen durch Mieterhöhungen

Der gesetzlichen Anpassungsautomatik im MRG und vor allem den regelmäßig den Mieter:innen auferlegten mietvertraglichen Erhöhungen des gesamten Hauptmietzinses mit dem VPI steht keine kongruente Entwicklung der laufenden Kosten auf Vermieter:innenseite gegenüber. Die Anwendung der Wertsicherungen führt also zu einer Erhöhung der ursprünglichen Gewinnspanne.

Eine solche Vertragsgestaltung bewirkt, dass Hunderttausende Mieter:innen mit einem Teil ihres Arbeitseinkommens ihren Vermieter:innen (im Übrigen: Gerade mal 4,5 Prozent aller Haushalte in Österreich haben Mieteinnahmen) nicht nur einfach eine angemessene Rendite auf deren Investition leisten, sondern deren Vermögensaufbau innerhalb einer unangemessen kurzen Zeit finanzieren. Grundsätzlich beträgt die Höhe der AfA 1,5 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer Immobilie – ausgehend von einer Nutzungsdauer von 66,67 Jahren. Renditeberechnungen bei Anlegerwohnungen sehen hingegen für die komplette Refinanzierung selten längere Zeiträume als 25 bis 30 Jahre vor.

Conclusio: Was rechtfertigt eine Mietzinsanpassung während des laufenden Mietvertrags?

Immobilien als Anlageobjekte bieten derzeit neben der vereinbarten Rendite (= vereinbarter Hauptmietzins) nicht nur eine Renditesteigerung durch vertragliche Inflationsanpassung der Mieten („Wertsicherung“), sondern auch die Wertsteigerungen am Markt. Man sollte sich aber doch die Frage stellen, inwieweit die laufende „Wertsicherung“/Erhöhung von Mieteinnahmen gerechtfertigt ist, wenn doch die mit der Immobilie zusammenhängenden Kosten nicht im selben Ausmaß steigen.

In der politischen Diskussion der letzten Monate gab es zum Thema verschiedene Vorschläge. Die Wertsicherung des jeweils gesamten vereinbarten Hauptmietzinses mit dem Gesamtbaukostenindex für den Wohnhaus- und Siedlungsbau (wie etwa von Vizekanzler Kogler in einem „Falter“-Interview ins Spiel gebracht) ist keinesfalls sachlich gerechtfertigt. Wie bereits erwähnt, hat kein:e Vermieter:in mit einer nachträglichen Erhöhung der Baukosten ihrer/seiner Immobilie zu rechnen, schon gar nicht bei einem seit Jahren oder Jahrzehnten bestehenden Haus.

Eine Kappung jeder Mieterhöhung bei 2 Prozent p. a. (ähnlich wie in Portugal und Spanien) hätte jedenfalls Erleichterung für die circa eine Million betroffenen Haushalte gebracht. Stattdessen landen die für einen Teil der Mieter:innen ausbezahlten Beihilfen der Länder „sozial treffsicher“ bei den Vermieter:innen und Immobilienkonzernen, welche die Wohnungsmieten um fast 10 Prozent p. a. erhöht haben, ohne selbst eine ähnlich hohe Kostensteigerung bei ihrer Investition gehabt zu haben. Eine gesetzliche Begrenzung der mietvertraglichen Verteuerungen, verbunden mit Beihilfen an finanziell bedürftige Vermieter:innen (praktisch kein Haushalt aus den untersten 4 Vermögensdezilen hat Mieteinnahmen), wäre für die betroffenen Mieter:innen und für die Steuerzahler:innen wohl der finanziell bessere Weg gewesen.

Natürlich darf man bei der Investition in eine Immobilie (im Vergleich etwa zu einer Wohnbauanleihe) nicht außer Acht lassen, dass mit einem Teil (!) der Hauptmietzinseinnahmen Erhaltungsmaßnahmen finanziert werden müssen; für diesen Teil der Mietzahlungen ist eine Wertanpassung an die bei der Vermieter:innenseite dann aufschlagenden Kosten- bzw. Preissteigerungen sachgerecht. In einer groben Durchschnittsbetrachtung fließen etwa ein Fünftel bis ein Sechstel der Hauptmietzinseinnahmen in Erhaltungsmaßnahmen. Meines Erachtens wäre die Deckelung der Anhebung des gesamten Hauptmietzinses mit 2 Prozent jährlich eine ausreichende Vorsorge für diese Kosten bzw. Kostensteigerungen. Für Großinstandsetzungen muss man dabei beachten, dass die dafür aufgewendeten Kosten nicht binnen 10 oder 15 Jahre zu refinanzieren sind, sondern auf die erwartbare Lebensdauer der Maßnahmen.

Laut Louis Obrowsky, Präsident des Verbands der institutionellen Immobilieninvestoren, „reichen 1 bis 2 Euro/m² an Mieteinnahmen für die laufende Erhaltung aus“ (27. März 2023 bei der Veranstaltung der „Presse“: „Wohnen als Luxus?“ im Juridicum). Dies ist plausibel, da im Wohnungseigentumsgesetz ein gesetzliches Mindestmaß für die monatliche Dotierung der Rücklage für Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen mit 0,90 Euro/m² festgelegt ist und im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz die Obergrenze des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages bei derzeit 2,22 Euro/m² liegt.

Daraus könnte man also zusammengefasst auch die sachliche Begründung für eine gesetzliche Vorschrift dahingehend ableiten, dass sowohl die Anpassungsautomatik im Mietrechtsgesetz als auch die Zulässigkeit der vertragsbedingten Verteuerungen der Mieten bei allen Mietverträgen folgendermaßen geregelt wird: Ein Teilbetrag des frei vereinbarten oder gesetzlich maximal zulässigen Hauptmietzinses in Höhe von 1,5 Euro/m² darf sich jährlich per 1.4. mit der Veränderung des Baupreisindex des Vorjahres, bezogen auf den Baupreisindex des Jahres 2022, verändern, jede andere/weitere Anpassung des Hauptmietzinses ist unzulässig.


Titelbild: Jose Aragones auf Unsplash

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