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Service oder Terror?

Kolumne von Urs Heinz Aerni

Eine Freundin bestellt online Kaffeekapseln. Die Bestellbestätigung informiert sie, dass die Bestellung bearbeitet und dass eine E-Mail folgen werde. Es dauert nicht lange, da kommt die E-Mail, die erklärt, dass die Bestellung die Nummer 17077166 trägt und dass sie «derzeit zum Versand vorbereitet» werde mit folgendem Versprechen: «Sie erhalten per E-Mail von unserem Logistikpartner Informationen zur Lieferung und den verfügbaren Steuerungsmöglichkeiten. Sie können Ihr Paket mit diesem Link verfolgen.» Nun, die Susanne hat nicht die Absicht, ihre Kapseln zu «verfolgen».

Als es wieder «pling» macht, erhält Susanne eine PDF-Abrechnung mit der Bestell-ID und dass sie via Login im Konto noch mehr Infos finden könne und man ihr jetzt schon schöne Kaffeemomente wünsche.

Susanne deaktiviert den Ton für eingehende Mails, aber sieht in diesem Moment das hier: «Das Paket 44.00.100100.51905243 wird Ihnen voraussichtlich am 26.06.2023 durch Quickpac zugestellt.» Für die Sendungsverfolgung gibt es einen neuen Link und man könne auf diesen Absender nicht antworten. Susanne drückt auf «Delete». Ein Tag später getraut sie sich fast nicht, den Laptop aufzuklappen: «Das Paket 44.00.100100.51905243 wird Ihnen voraussichtlich heute zwischen 17.30 und 18.20 Uhr zugestellt.» Und dann wird erklärt, wie sie den «Empfang bei Abwesenheit beeinflussen» könne… Sie will nichts «beeinflussen», sie will die Kapseln.

Wieder eine E-Mail: «Heute um ca. 17.55 Uhr werden die Kapseln zugestellt» mit «Dank für’s Türöffnen». Susanne spürt ein leichtes Zittern im linken Augenlid und entschließt sich, nicht zur Türe zu gehen. Sie bleibt vor dem PC sitzen und starrt auf diese Info: «Das Paket 44.00.100100.51905243 wurde am 26.06.2023 um 18.00 Uhr mit einem Elektroauto zugestellt.»

Susanne fährt den Computer herunter. Als ihr Mann aus der Küche ruft, dass ein neuer Mixer gekauft werden müsse, beginnt ihr rechter Mundwinkel zu zucken.

PS: Der Name der Betroffenen wurde geändert und der Ablauf dramaturgisch aufgepeppt aber genau so war’s.

Diese Kolumne erschien zum ersten Mal in der Zeitung BÜNDNER WOCHE Chur


Titelbild: Mohamed Hassan auf Pixabay

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