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Der Klang der Kommune

Lieder über die Pariser Kommune: Eine Schatztruhe in einer Schatztruhe in einer Schatztruhe.

Von Benjamin Lapp

Sehr geehrte Leser:innen,

am 28. Mai jährt sich nun zum 152. Mal das gewaltvolle Ende der Pariser Kommune. So möchte ich an dieser Stelle eine Doppel-CD vorstellen, die sich in ihren Liedern mit den Idealen und Sehnsüchten jenes Ereignisses beschäftigt.

Es ist eine nicht hoch genug einzuschätzende Leistung, dass unter Federführung der feinen Band „Die Grenzgänger” der nun auch schon wieder zwei Jahre alte Sampler „Die Lieder der Commune“ veröffentlicht wurde. Zusammen mit vielen tollen Künstler:innen erwiesen sie noch unter Corona-Bedingungen Texten, die vorwiegend aus jener Zeit stammen, oder sich aus den Jahrzehnten danach auf die Kommune bezogen, eine respektvoll-künstlerische Würdigung.

Für mich sind diese zwei CDs eine Schatztruhe in einer Schatztruhe in einer Schatztruhe! 

Ich möchte dies ein wenig näher erläutern: Die erste Schatztruhe eröffnet sich für die Ohren im Hörgenuss von solch außergewöhnlich talentierten Künstler:innen, wie z.B. die schon erwähnten Grenzgänger, das Bremer Ukulelenorchester, die Microphone Mafia, Pauline Floury & Séverin Valière, Sons of Gastarbeita, Aline Barthelemy, Bernd Köhler & Blandine Bonjour und viele mehr.

Jede Gruppe, jede:r Einzelinterpret:in verdient es sich, dass ihr:ihm über diese Doppel-CD hinaus Aufmerksamkeit zuteil wird.

Die Grenzgänger – Die Lieder der Commune

Das 48-seitige Booklet mit all den Texten und den Verfasser:innen eröffnet nun die zweite Truhe. Noch einmal die Texte nachlesen zu können ist ein Gewinn und auch eine wichtige Geschichtslektion, denn viele der Stücke sind von Kommunarden verfasst worden  wie z.B. von Jean-Baptiste Clement (31.05.1836 – 23.02.1903), dessen wundervoller Chanson „Le temps des Cerises“ von Daniel Kahn in einer bezaubernden jiddischen Version dargeboten wird, Louise Michel (29.05.1830 – 09.01.1905), deren Leben allein schon mehr als einen Aufsatz wert wäre und dem Komponisten der „Internationalen“, Eugene Pottier (04.10.1818 -06.11.1887). Namen, deren Klang auf ewig mit Glanz in der Geschichte der Arbeiterbewegung nachhallen wird. 

Allein dass die „Internationale“ mehrmals, in verschiedenen Versionen und und auch Sprachen (in Spanisch, Jiddisch, Portugiesisch, Französisch und Deutsch) dargeboten wird, ist weit davon entfernt, eine profane Wiederholung zu sein, sondern vielmehr Ausdruck des verbindenden kulturellen Bandes über Grenzen und Zeiten hinweg und zeigt die ungebrochene Kraft, die in der Idee einer gerechteren Gesellschaft steckt.

Neben vielen weiteren hochspannenden Figuren, finden sich auch Texte von Erich Mühsam (06.04.1878 – 10.07.1934), der 1934 von den Nazis im KZ Oranienburg umgebracht wurde und Bertolt Brecht (10.02.1898 – 14.08.1956). Diese zwei schrieben ihre Texte, die Bezug auf 1871 nahmen, in sehr schwierigen Momenten. So war Mühsams Version der „Internationalen“ nach der Niederlage der Münchner Räterepublik 1919 entstanden und Brechts „Resolution der Kommunarden“ nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzlers.

Die Offenlegung der dritten Schatztruhe – und gestatten sie mir mein Pathos – beinhaltet den zukünftigen Gewinn, dass diese 36 Lieder das Interesse geweckt haben, ausführlicher in die Geschichte der Pariser Kommune und der ganzen Arbeiterbewegung eintauchen zu wollen.

Ich wünsche allen Beteiligten des Samplers: „Die Lieder der Commune“ viele neue Zuhörer:innen.


Interpret: Various Artists/Die Grenzgänger
Titel: Die Pariser Commune
Label: Müller-Lüdenscheid

Titelbild: André Adolphe-Eugène Disdéri (1819 – 1889), Public domain, via Wikimedia Commons

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