UNO verurteilt Neonazismus – Österreich enthält sich der Stimme
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat am 21. November 2014 eine Resolution gegen die Verherrlichung des Nationalsozialismus, der in vielen Ländern wieder um sich greift, verabschiedet. Eingebracht wurde sie von Russland, Venezuela, Bolivien und anderen Staaten und von einer deutlichen Mehrheit von 115 Ländern beschlossen. Pikant: von den USA, Kanada und der Ukraine wurde sie abgelehnt. Österreich enthielt sich – dem Auswärtigen Amt der EU folgend – der Stimme. In der Antifa- und Friedensbewegung sorgte das für Unverständnis und Unmut.
„Gleichschaltung“
Scharfe Kritik am Stimmverhalten Österreichs übt die Solidarwerkstatt für ein solidarisches, neutrales und weltoffenes Österreich an den Stimmenthaltungen, die damit begründet wurden, dass u.a. Russland diesen Antrag eingebracht hatte. „Diese Argumentation ist schäbig“, schreibt die Solidarwerkstatt auf ihrer Homepage. „Natürlich kann man über die russische Politik geteilter Meinung sein, wenn aber ein Land das Recht hat einen solchen Antrag einzubringen, dann ist es Russland. Immerhin hatte die von Nazi-Deutschland überfallene Sowjetunion mit über 20 Millionen Toten den höchsten Blutzoll im Kampf gegen die Nazi-Barbarei zu entrichten.“
Die NGO vermutet den wirklichen Hintergrund für die EU-weit akkordierte Enthaltung darin, „dass die EU und ihre Politik selbst immer mehr zum Treibhaus für rechtsextreme, antisemitische und neonazistische Strömungen wird. In vielen EU-Staaten gewinnen rechtsextreme Parteien besorgniserregend an Gewicht bzw. sind an Regierungen beteiligt.“ Die Solidarwerkstatt verweist darauf, dass EU und USA im Ukraine-Konflikt Kräfte von Rechtsaußen (Swoboda, Rechter Sektor u.a.) dazu nutzten, um eine Regierung an die Macht zu bringen, die bereit war, mit der EU einen Freihandels- und militärischen Kooperationsvertrag abzuschließen.
Verfassung und Völkerrecht gebrochen
Die Solidarwerkstatt sieht im Stimmverhalten Österreichs „einen offenen Bruch der eigenen Verfassung und der völkerrechtlichen Verpflichtungen, die Österreich mit dem Staatsvertrag eingegangen ist.“ Sie verweist auf den Artikel 9 des Staatsvertrages, der Österreich dazu verpflichtet, „aus dem österreichischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben alle Spuren des Nazismus zu entfernen“ und „alle nazistische oder militaristische Tätigkeit und Propaganda in Österreich zu verhindern“. Bereits vor einigen Monaten hat die Solidarwerkstatt eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft geschickt. „Die Regierungspolitik mit ihrer Unterordnung unter den EU-Auswärtigen Dienst in der Ukrainepolitik verstößt permanent gegen den antifaschistischen Auftrag von Staatsvertrag und NS-Verbotsgesetz“, heißt es in der Stellungnahme.
Aus der Resolution:
„Die UN-Generalversammlung …
… äußert tiefe Besorgnis über jegliche Art der Glorifizierung der Nazi-Bewegung, von Neonazismus und früheren Mitgliedern der Waffen-SS-Organisationen, einschließlich der Errichtungen von Denkmälern und Gedenkstätten und öffentlicher Demonstrationen im Namen der Glorifizierung der Nazi-Vergangenheit, der Nazi-Bewegung und des Neonazismus, …
…äußert Besorgnis über die wiederkehrenden Versuche, Denkmäler zu entehren und zu zerstören, die zur Erinnerung an jene errichtet wurden, die gegen den Nazimus während des 2. Weltkrieges kämpften;
… registriert mit Sorge die wachsende Zahl rassistischer Vorfälle weltweit, einschließlich der Zunahme von Skinhead-Gruppen, die für viele dieser Vorfälle verantwortlich sind, ebenso das Wiederaufleben rassistischer und ausländerfeindlicher Gewalt, die auf Menschen zielt, die nationalen, ethnischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten angehören.
… ruft zur Verurteilung von jeder Art der Leugnung und des Versuchs zur Leugnung des Holocaust auf und … ermutigt alle Staaten, Maßnahmen zu ergreifen – einschließlich gesetzlicher und erzieherischer – um allen Formen der Holocaustleugnung ein Ende zu bereiten.
… äußert tiefe Sorge über die wachsende Zahl von Abgeordneten extremistischer politischer Parteien in nationalen und lokalen Parlamenten in einer Anzahl von Ländern und Regionen, als auch über die Tatsache, dass in einigen Staaten traditionelle politische Parteien mit diesen Koalitionen bilden.
… bekräftigt den Artikel 4 der (Antirassimus-)Konvention, entsprechend dem die Staaten jede Propaganda und alle Organisationen verurteilen, die auf der Idee oder Theorie der Überlegenheit einer Rasse oder Gruppe von Menschen einer bestimmten Hautfarbe oder ethnischen Herkunft beruhen; ebenso den Versuch, Rassismus und ethnische Diskriminierung zu rechtfertigen oder zu fördern…
…(ruft auf), unmittelbare und positive Maßnahmen zu beschließen, die darauf ausgerichtet sind, alle Formen der Aufstachelung zu bzw Akte solcher Diskriminierung zu beseitigen…“
Text: Hanno Wisiak
Foto: Der „Rechte Sektor“ spielte schon bei den Euromaidan-Protesten eine tragende Rolle. Offen wurde dem Nazi-Kollaborationsregime unter Stepan Bandera gehuldigt. (Foto: wikimedia commons)