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Ein gutes Leben für alle

Interessenlage der Kapitalbesitzer: Senkung der Lohnkosten

Auch die minikleine Gesellschaft der Kapitalbesitzer macht sich Gedanken, wie sie einerseits ihr Vermögen nachhaltig verteidigen, besser noch weiter vergrößern kann. Ein Teil von ihnen schlägt ebenfalls das bGE vor. Ihr prominentester Vertreter ist Götz Werner, Herr über dm, eine der größten Drogeriemarktketten Europas mit über 3.200 Filialen und rund 55.100 Beschäftigten. dm ist neben Deutschland und Österreich in zehn südosteuropäischen Ländern vertreten: Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Bulgarien und Mazedonien. Werner wird mit 1,2 Mrd. Euro Vermögen im Manager Magazin unter den reichsten 110 Deutschen gelistet, obwohl er einen Teil seines Vermögens bereit in eine Stiftung eingebracht hat. Er lenkt die Geschicke des dm-Konzerns aus dem Aufsichtsrat.
Seit Jahren trommelt er medienwirksam für das bGE. „Der Staat, so die Idee, soll nur vom Verbrauch seiner Bürger leben. Alle Steuern werden abgeschafft, bis auf die Mehrwertsteuer, die um 50 Prozent erhöht werden soll. Aus diesen Einnahmen zahlt der Staat den Bürgern ein Grundeinkommen, von dem sie gerade leben können soll (sic!). Über 1.000 Euro sollten es schon sein.“ Bezahlt werden soll es mit Konsumsteuern. „Nur Konsumsteuern sind wirklich sozial gerecht“ so der Milliardär.

So legt er seine Interessenlage offen. Tatsächlich trifft die Mehrwertsteuer die unteren Einkommen wesentlich stärker, als die Reichen, die nur einen geringen Teil ihres Einkommens für Konsum ausgeben müssen. Durch diesen Trick soll das bGE hauptsächlich von denjenigen gezahlt werden, die eh wenig haben.
Doch damit nicht genug. Als positive wirtschaftliche Auswirkungen nennt Werner vor allem den Wegfall von Lohnkosten, berichtet die Böllstiftung. Natürlich nicht ganz: „Wir senken Lohnkosten“. Seinen Wunsch lebte er bereits bei dm aus. Er hat seit vielen Jahren die beste Quadratmeter-Produktivität der Branche (auf wessen Kosten) und propagierte: „Das Team kann aber auch die Entscheidung treffen, auf eine Lohnerhöhung zu verzichten und dafür eine zusätzliche Aushilfe einzustellen“. Den Gesamtfinanziellen Rahmen des Teams allerdings legte er fest.

Umverteilung von unten nach oben

In seinem bGE-Modell zahlen wir mit unseren Konsumsteuern jedem Milliardär, Millionär, allen Unternehmern, Vorstandsvorsitzenden, Gewerbetreibenden, Zahnärzten, Notaren, Rechtsanwälten, ihren Familien, allen abhängig Beschäftigten, Erwerbslosen, Schülern, Studierenden, PensionistInnen 1.000 Euro im Monat. Warum frage ich mich, soll ich für einen Rechtsanwalt, Herrn Stronach oder Herrn Piech aufkommen, dessen Familie bereits heute 65 Mrd. Euro Vermögen besitzt.
Die Folgen des bGEs aber gehen viel weiter: Die Unternehmer werden sukzessive Löhne und Gehälter um den Betrag des bGE absenken, denn ein Kollektivlohn um beispielsweise 2.500 Euro + 1.000 Euro bGE wird aus ihrer Sicht dann nicht mehr notwendig sein.
Die in den Gewerkschaften organisierten Beschäftigten würden in dieser Konstellation überhaupt keine mehr Kraft entwickeln können Einkommenserhöhungen durchzusetzen. Vielmehr werden sich noch mehr Menschen für geringe Löhne bereit erklären, zu arbeiten, da sie bereits 1.000 Euro monatlich Transferleistung erhalten und sich gerne noch ein Zusatzbrot verdienen möchten. Inwieweit Frauen durch das bGE wieder zurück an den Herd gedrängt werden, ist noch nirgends diskutiert.
Eine gründliche Umverteilung der Lohnkosten der Unternehmer setzt ein. Das bGE zahlen wir zu großen Teilen mit unseren Steuergeldern.

Radikaler Abbau des Sozialstaats

Und geringere Lohnkosten der Unternehmer ziehen zwangsläufig niedrigere Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmer nach sich. Die bisher noch ansatzweise hälftige Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Unternehmer und Dienstgeber würde nach verringert, weil ihr Teil des Lohnes sich durch das bGE ersetzt würde.
Am unverblümtesten erläutert der neoliberale Thomas Straubhaar, um was es ihnen mit der Einführung eines bGE geht:

  • „einen vollständigen Umbau des Sozialsystems“, also „Wegfall der Lohnnebenkosten“
  • einen „radikalen Systemwechsel beim Steuersystem“,  einen „für alle gleichen Steuersatz von 50 %“
  • „Deregulierung des Arbeitsmarktes“, wie „Wegfall von Kündigungsschutz und Flächentarifen“ (1) (Kollektivverträgen).

Arbeitgeberanteile zur Renten, Kranken, Arbeitslosenversicherung, Urlaubs- und Weihnachtsgeld etc. sollen wegfallen, ebenso wie die hart erkämpfen Rechte des Rechts- und Arbeitsschutzes, ginge es nach Straubhaar. Natürlich gibt es noch vielfältigere Facetten, auf die wir hier nicht eingehen können.

Unternehmer und Reiche wären noch stärker entlastet, als heute schon. bGE = Umverteilung par excellence. Kein Wunder, Straubhaar ist nicht irgendwer, sondern ist u.a. Botschafter der von Gesamtmetall gegründeten Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“, gehört den Kuratorien der FDP nahen Friedrich-Naumann-Stiftung an und initiierte 2005 gemeinsam mit Bernd Lucke (Gründer der Alternative für Deutschland AFD) den Hamburger Appell.

Auch der ehemalige CDU-Ministerpräsident von Thüringen, Dieter Althaus (wurde durch Skiunfall bekannt), der Anfang 2011 als Vizepräsident Governmental Affairs Magna Europe in die TOP Etage des Magna Konzerns wechselte, ist unter den Befürwortern des bGE, ebenso wie der Unternehmensberater Roland Berger oder das Liberale Forum. Die Reihung der neoliberal Marktradikalen zeigt, welche Interessen und welche Macht hinter ihren Vorschlägen steht. Ihrer Vision, einen neoliberalen Minimalstaat – frei von komplexen Sozialversicherungen – zu schaffen würden sie so ebenso einen Schritt näher kommen wie über den Hebel der Konsumsteuer alle Unternehmenssteuern und die lästige Diskussion über Vermögens, Erbschafts-, und Schenkungssteuern ein für allemal abgeschafft wären.

-> Eigentums- oder Verteilungsfrage

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3 Gedanken zu „Ein gutes Leben für alle

  • bernd uhl

    Der imperialismus ist nicht friedensfehig Ursache fuer Terrorismus und Untertrueckung

    Antwort
  • Axel Tigges

    Ein BGE gibt dem Menschen die Möglichkeit sich von dem Geldsystem zu verabschieden, wer will das nicht? Gehen wir in die Geschichte, Menschen ohne Geld waren als Jäger und Sammler eigentumslos. Das Geld hat ihnen die Möglichkeit gegeben Eigentum zu erwerben, und dadurch andere die kein Eigentum hatte zur Arbeit zu zwingen. So wurden in der Natur solange Menschen mit einer Eisenkugel zur Arbeit gezwungen, bis man ihnen ihren Besitz (die kostenlose Versorgung durch die Natur ) genommen hat, und ihnen Geld angeboten hat, wenn sie arbeiten. So hat man auch den Aborigines und Indianern das Land genommen. So sind wir alle Geldsklaven, und die Forderung, dass das Geld anders aufgeteilt wird, funktioniert systemisch nur so, dass immer Weniger immer mehr haben, und immer mehr einfach verhungern. Somit ist der erste Schritt, dass was Russland macht, jedem Menschen kostenlos ein Stück Land zur Verfügung zu stellen. Und da das hier nicht passiert, ist der erste Schritt in die Freiheit, das zu tun, was ihn begeistert. Und hier liegt das Missverständnis. Was ist natürliche Begeisterung? Warum gibt es diesen Mangel wirklich? Ohne Geldsystem könnte auch jeder Bauer heute 500 Menschen ernähren und zwar biologisch und nicht Chemie und Pharma gesteuert. Mit Hilfe des Geldsystems werden Menschen erpresst und dumm gehalten nach dem Motto : SCHAU MIR NICHT IN DIE KARTEN ICH MUSS GEWINNEN! Das Belohnungs- und Betrafungssystem in dem unsere Generationen vor uns und wir groß geworden sind, beschleunigt die Isolierung der Menschen und ermöglicht dadurch die grenzenlose Gier Weniger, die ja nicht mal mehr an Produktion interessiert sind, sondern nur noch an Bereicherung durch Geldvermehrung. Denn woran wird verdient an Menschen oder an Waffen, mit denen sich die Menschen gegenseitig umbringen sollen, wie das George Friedman der Chef der Denkfabrik STRATFOR als Berater von Obama äußert: TEILE: HETZE DIE MENSCHEN GEGENEINANDER AUF & HERRSCHE MIT WAFFENÜBERLEGENHEIT https://www.youtube.com/watch?v=vln_ApfoFgw

    Antwort
  • Dr. Karl Reitter

    Werte Anne Rieger
    Nur zur Klarstellung: 1. Die Vorschläge von Götz Werner zur Finanzierung des BGE werden innerhalb der BefürworterInnen mir ganz großer Mehrheit abgelehnt. Das sollte doch auch gesagt werden. 2. Es ist kein Zufall, dass so gut wie alle VertreterInnen des Kapitals das BGE teilweise wütend ablehnen – siehe die jüngste Debatte in der Schweiz. 3. Nützliche Arbeit wird keinesfalls nur innerhalb des Erwerbssektors geleitet, mehr Arbeitsstunden werden jenseits davon verausgabt. Ohne diese Arbeit würde die Gesellschaft binnen Tagen zusammenbrechen, haben sie sich das schon einmal überlegt? 4. Als Marxist geht es mir darum, die Kerninstitution des Kapitalismus anzugreifen, das ist die Lohnarbeit. „Nieder mit dem Lohnsystem“ das schrieb Marx. Im Artikel wird hingegen die Lohnarbeit gefeiert, dass es sich dabei um entfremdete Arbeit handelt, wird schlichtweg ignoriert. 5. Der Artikel affirmiert vollkommen die herrschenden Formen, noch mehr Lohnarbeit = noch mehr Kapital; das ist offenbar die Lösung. Die Emanzipation wird auf den St. Nimmerleinstag verschoben, nach der Machtergreifung… 6. Dass die Arbeitszeitverkürzung den Menschen die in prekären Verhältnissen leben (inklusive der neuen StücklohnarbeiterInnen, vulgo neue Scheinselbständige) überhaupt nichts bringt und ihre Lage keinen Deut verbessert, wird völlig ignoriert. Wenn jemand dem Kapital in die Hände arbeitet, dann sie! Und glauben sie mir, sie würden mit ihrer Denunziation des BGE ein der Industriellenvereinigung, bei der ÖVP usw. heftigen Applaus ernsten – und das gibt ihnen nicht zu denken?
    Karl Reitter

    Antwort

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