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Kopf-an-Kopf-Rennen vor Wahlen in Großbritannien

Erste Umfrage sieht Labour vorne, falls Wahlbeteiligung steigt

Von Michael Wögerer

Bei den Parlamentswahlen in Großbritannien am kommenden Donnerstag zeichnet sich ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den bisher regierenden Konservativen und der oppositionellen Labour-Partei ab. Aktuellen Umfragen zufolge holt der Sozialist Jeremy Corbyn (68) immer weiter auf, der bisherige Vorsprung von Premierministerin Theresa May (60) schrumpft zusehends.

Laut einer Erhebung für die Zeitung „Mail on Sunday“ liegen die Konservativen mit 40 Prozent der Stimmen nur noch einen Punkt vor der oppositionellen Labour-Partei mit 39 Prozent. Der „Observer“ gibt den „Tories“ mit 43 Prozent noch einen Vorsprung von sechs Punkten. Die allgemeine Umfrage des Instituts „Ipsos MORI“ prognostiziert ein Verhältnis von 45 zu 40 Prozentpunkten, deren spezielle Umfrage, bei der von einer höheren Wahlbeteiligung ausgegangen wird, sieht Labour jedoch erstmals mit 43 zu 40 vorne.

Mays Taktik ging nicht auf

Theresa May, 2013 (Policy Exchange/flickr.com; Lizenz: CC BY 2.0)

Bei Ankündigung der Neuwahlen Ende April lag der Vorsprung der Konservativen noch bei 24 Prozent, es sah alles danach aus, dass die „Tories“ ihre Regierungsmehrheit durch die vorgezogene Wahl erheblich ausbauen könnten, um damit gestärkt in die „Brexit“-Verhandlungen zu gehen. Doch May wirkte als Wahlkämpferin hölzern und wenig souverän. Ihre Weigerung sich mit ihrem Kontrahenten Corbyn einer TV-Debatte zu stellen, war alles andere als „strong and stable“, wie sie sich gerne präsentiert. Die Wahl droht nun für die Konservativen zum Desaster zu werden – es macht sich Panik breit.

Corbins Wahlkampfmotoren

Jeremy Corbyn, Labour Leader (Sophie J. Brown/wikimedia; Lizenz: CC BY-SA 3.0)

Dass es schließlich doch gelingen könnte, dass der vielgescholtene „Altlinke“ Corbyn künftiger Premierminister von Großbritannien wird, liegt aber nicht nur an Mays Schwächen. „Jeremy Corbyn gelang es mit einer Kombination aus Klarheit und Authentizität, einem großen Pool links gerichteter Wähler seine radikale politische Agenda schmackhaft zu machen und dabei vor allem jüngere Wähler anzusprechen“, meint Marcus Roberts, Abteilungsleiter für Internationale Projekte des Umfrageinstituts YouGov in London im lesenswerten Gespräch mit dem ipg-journal. „Seine Persönlichkeit und seine Politik wird mit einer Abkehr vom Establishment in Verbindung gebracht, die so überzeugend ist, dass sogar seine eigene Partei versucht hat, ihn zu stürzen!“, so Roberts.

Auch zahlreiche Punkte im Labour-Wahlkampfprogramm (“Manifesto”) sprechen insbesondere junge Menschen an, wie zum Beispiel Studiengebühren abzuschaffen, tausende Wohnungen zu bauen und Mietpreisbremsen im privaten Mietsektor einzuführen.

Die Nachricht, dass sich bis zum Stichtag eine Viertelmillion Wähler unter 25 Jahren registriert hatten, um bei den Wahlen teilnehmen zu können, war für viele Labour-Aktivisten ermutigend“, schrieb The Independent am 3. Juni.

Zwei Tage vor dem Urnengang scheint das Momentum auf Seite von Jeremy Corbyn zu sein, doch “bei den letzten Unterhauswahlen 2015 hatten die Umfragen ähnlich wie jetzt starke Werte für Labour gezeigt“, gibt ZEIT ONLINE zu bedenken. „In den Wochen vor der Wahl waren Labour und die Konservativen sogar gleichauf. Letztlich hatten aber die Konservativen mit über sechs Prozentpunkten Vorsprung die Mehrheit im Parlament gewonnen.“

Nun werden am 8. Juni 45,8 Millionen wahlberechtigte Briten wie geplant ihre Stimme abgeben. Die Wahllokale öffnen um 7 Uhr früh und sind bis 22 Uhr geöffnet.

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