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Klimaschutzindex 2020: Wenn aus Vorreitern Fort-Reiter werden

Nur 8 EU-Länder schneiden gut ab, während die EU als Ganzes nur mäßige Leistungen beim Klimaschutz zeigt. Österreichs Beitrag wird insgesamt nur mehr mit „schlechter Leistung“ von den NGOs benotet.

Von R. Manoutschehri

Der unter Mitarbeit von rund 350 Klima- und EnergieexpertInnen von Germanwatch, dem NewClimate Institute und dem Climate Action Network herausgegebene Klimaschutzindex (KSI, im englischen Original Climate Change Performance Index, CCPI) bewertet nationale und internationale Klimapolitik der einzelnen EU-Länder. Das Ranking für 2020 wurde nun auf der Klimaschutzkonferenz in Madrid bekannt gegeben: Nach wie vor verdient sich kein einziges Land einen der drei vordersten Plätze, die aktuell ernstzunehmendsten Klimaschutzbemühungen gibt es in Schweden, Dänemark und Marokko. Die USA wurde hingegen auf den allerletzten Platz zurückgestuft.

Die Staatenbünde als Ganzes versagen: Nur zwei Länder der G20 schneiden gut ab (Großbritannien und Indien), während acht Länder der G20 sehr schlechte Leistungen zeigen. Und nur acht EU-Länder schneiden gut ab, während die EU als Ganzes um sechs Plätze auf Rang 22 des KSI zurückfällt und damit in der Gruppe landet, die nur mäßige Leistungen zeigen. Polen überholt Irland als das EU-Land mit der schlechtesten Klimaschutzleistung im diesjährigen Index.

Insgesamt ist die EU für etwa 9% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich und erhält in den Kategorien Treibhausgase, Erneuerbare Energien und Energieverbrauch nur mäßige Bewertungen, da sie derzeit noch nicht einmal auf dem Weg ist, die wenig ambitionierten 2030-Ziele zu erreichen. Die EU liegt damit zwar weiterhin unter den Ländern mit einer guten Leistung in der Klimapolitik, ist in dieser Kategorie allerdings im Vergleich zum Vorjahr um zehn Plätze gefallen.

Die ExpertInnen beobachten mit Sorge, dass die nationalen Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren Energien nach 2020 für die EU-Mitgliedsstaaten nicht mehr verbindlich sind. Sie begrüßen indes die Initiative der neuen Kommissionspräsidentin, die Emissionen im Vergleich zu 1990 bis 2030 um 55% zu reduzieren. Die ExpertInnen betonen, dass die EU eine Langzeitstrategie benötigt, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Nur dann kann die EU auf einen Pfad gelangen, der notwendig ist um die Erderwärmung auf deutlich unter 2°C zu beschränken.

Deutschland

Das Land mit der größten Volkswirtschaft der EU hat sich im diesjährigen Index auf Platz 23 leicht verbessert, erhält mit uneinheitlichen Leistungen in allen Kategorien aber nach wie vor nur eine mäßige Bewertung. Die Treibhausgasemissionen und der Energieverbrauch pro Kopf bleiben auf einem vergleichsweise hohen Niveau und sinken nicht schnell genug, um das Land auf einen Emissionspfad zu bringen, der für eine Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2°C notwendig ist.

Anfang des Jahres 2019 gab die Regierung den Kohleausstieg bis 2038 bekannt. Dies wurde allerdings noch nicht in entsprechenden Gesetzen verankert. Als Teil des Klimapakets hat die deutsche Regierung 2019 ein System zur CO2-Bepreisung für 2021, Verbesserungen des öffentlichen Nahverkehrs und ein Maßnahmenpaket zur Erhöhung Erneuerbarer Energien angekündigt. Obwohl die ExpertInnen diese positiven Signale honorieren, geben sie zu bedenken, dass die Ziele und vorgesehenen Maßnahmen noch nicht ausreichen, um den notwendigen Beitrag zu leisten.

Die neu angekündigten Maßnahmen reichen ebenfalls nicht aus, um die Rückschritte im Ausbau der Erneuerbaren – insbesondere bei der Windenergie im Binnenland – auszugleichen. Aktuell wird die nationale Klimapolitik zwar nur als mäßig bewertet, da sich das Land aber international für eine ambitionierte Klimapolitik einsetzt, erhält es in der Gesamtkategorie Klimapolitik eine gute Bewertung.

Österreich

In der Alpenrepublik setzt sich der Abwärtstrend der letzten Jahre leider fort, Österreich rutscht um 13 Plätze nach unten und liegt nun auf dem 38. Rang des diesjährigen KSI. Die insgesamt schlechte Leistung zeigt sich in den schlechten Bewertungen des Landes in den Kategorien Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch und Klimapolitik. Österreich schneidet in der Kategorie Erneuerbare Energien zwar relativ gut ab auf Grund des vergleichsweise hohen Anteils, im Hinblick auf die derzeitige Klimapolitik fällt die Bewertung allerdings ab, von einer Schlechten zu einer sehr Schlechten in der nationalen Klimapolitik.

ExpertInnen kritisieren den mangelnden politischen Willen, sich stärker für Klimaschutz einzusetzen. Das nationale Ziel Österreichs stimmt gerade einmal mit den minimalen Vorgaben der EU überein und ist weit von einer Umsetzung entfernt. Das Gleiche gilt für die Leistungen im Bereich der internationalen Klimapolitik. Hier erhält Österreich eine schlechte Bewertung durch die nationalen ExpertInnen. Klimaschädliche Emissionen sind seit 1990 nicht gesunken, im Gegenteil sogar um fünf Prozent gestiegen. Vor allem die Emissionen aus dem Verkehrsektor sind um 70 Prozent gestiegen, was die Fortschritte in anderen Bereichen zunichte macht. Das Resultat ist eine insgesamt schlechte Platzierung in der CCPI-Kategorie Klimapolitik.

Die schlimmsten Klimasünder

Die drei schlechtesten Platzierungen erhielten Taiwan, Saudi-Arabien und: Erstmals bilden die USA nun das Schlusslicht des KSI. Das Land erhält ohne Ausnahme eine sehr schlechte Bewertung in allen Kategorien. Die Kommentare der ExpertInnen zeichnen ein rundum höchstproblematisches Bild der US-amerikanischen Klimapolitik. Auf der nationalen Ebene gibt es weder ein Ziel noch politische Rahmenbedingungen, um die sehr hohen Treibhausgasemissionen des Landes zu reduzieren.

Das öffentliche Verkehrssystem der USA ist äußerst schlecht ausgebaut. Hinzu kommen extrem destruktive Gesetze in der Forst- und Agrarpolitik, die nicht nachhaltig wirken. Nationale ExpertInnen unterstreichen, wie sehr sich die nationale Klimapolitik unter Präsident Donald Trumps Regierung verschlechtert hat und wie wichtig daher die Bemühungen auf Ebene der Bundesstaaten sind. In manchen Staaten gibt es Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und zur Reduzierung des Energieverbrauchs, doch diese sind von Staat zu Staat sehr unterschiedlich in ihrer Ausprägung und Umsetzung.

Das Verhalten der USA auf internationaler Ebene spiegelt zudem das Verhalten auf nationaler Ebene wider. Auch hier treten die USA bei Verhandlungen auf allen Ebenen destruktiv auf. Die sehr schlechte Bewertung ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass die Regierung unter Trump nun offiziell den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt hat.

Doch auch Australien und Saudi-Arabien geben Anlass zu großer Sorge wegen ihrer geringen bis sehr geringen Leistung bei der Entwicklung von Emissionen und erneuerbaren Energien sowie der Klimapolitik. Da diese drei Regierungen massiv von der Kohle- und Öl-Lobby beeinflusst sind, sind kaum Anzeichen einer ernsthaften Klimapolitik in Sicht.

Kleine Fortschritte

Positiv zu vermerken ist laut den Experten aber, dass der weltweite Kohleverbrauch sinkt und der Boom bei erneuerbaren Energien anhält. In 31 der 57 untersuchten „hoch emittierenden Ländern“, die zusammen für 90 Prozent der Emissionen verantwortlich sind, sind sinkende Emissionstrends zu verzeichnen.

Informationsseite bei Germanwatch
Zusammenfassung des Klimaschutzindex auf Deutsch (online PDF)

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