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Wohnen darf (immer noch) kein Luxus sein!

Während Mieten und Betriebskosten steigen, steigen die Löhne nicht annähernd im gleichen Verhältnis. Wohnausgaben werden für viele immer mehr zur Armutsfalle und trotzdem herrscht weiterhin Ignoranz von Seiten der großen Parteien. Es scheint, als fehle schlicht und ergreifend das Rückgrat und der Wille, systematisch und problemorientiert eine soziale Wohnraumpolitik zu erarbeiten, denn damit müsste man auch Profitinteressen verbannen. 

Ein Rant von Hannah Wahl

Es ist ein leidiges Thema: In regelmäßigen Abständen informieren die Medien darüber, was wir alle schon lange zu spüren bekommen. Die Mietkosten (lasst uns erst gar nicht vom dystopisch anmutenden Eigentum anfangen) steigen und steigen – kein Ende in Sicht. Im Idealfall, und das muss man nicht selten nachweisen, soll die Miete nicht mehr als ein Drittel des Gesamteinkommens ausmachen. Für uns Normalos ist diese unrealistisch-naive Vorstellung nicht mehr als einen Lacher wert – die Forderung „Wohnen darf kein Luxus sein“ ist aktueller denn je.

Bitte sei möglichst privilegiert

Wir sollen möglichst schnell studieren, müssen genug Geld für Grundbedürfnisse wie Wohnen und Essen aufbringen und werden anschließend noch mit Studiengebühren konfrontiert. Also müssen wir doch wieder mehr arbeiten und kommen entsprechend langsamer mit dem Studium voran, wofür wir dann wieder zur Kasse gebeten werden. Manche von uns kommen zusätzlich in den Genuss un(ter)bezahlter Arbeit, getarnt als bereichernde Berufspraxis aka Praktikum, zu leisten. Die Lösung ist einfach: Sei möglichst privilegiert und hab Eltern, die dir dein Studium sponsern können. Denn allein die Wohnungsausgaben machen nicht selten 50 % von studentischen Ausgaben aus.

Wie kann einem die Wohnungskrise so wurscht sein?

Um unglaubliche sechs Prozent ziehen die Richtwertmieten an. Während die Regierung sich aufgrund der Covid-19-Pandemie für eine Aussetzung der Erhöhung entschied, hält sie es jetzt, trotz andauernder Pandemie mit all ihren sozialen Folgen, für zumutbar.  Laut Momentum Institut und Zahlen der Statistik Austria sind die privaten Hauptmieten um die Hälfte teurer als noch 2010. Absurd, denn die Löhne stiegen im gleichen Zeitraum um gerade einmal 23 Prozent und auch die Energie- und Lebensmittelpreise schnellen aktuell in die Höhe. Doch niemand steuert gegen.

Statt erschwingliche Mietwohnungen, attraktive Studiheime und Sozialbau werden Anleger*innenwohnungen gebaut, die zu überteuerten Preisen an den Pöbel vermietet werden. Befristete Mietverträge ermöglichen es, die Erhöhung alle drei Jahre zu erleichtern, denn dann heißt es: Zahl mehr oder räum die Wohnung. Sicherheit Fehlanzeige. Eine nicht genau erhebbare Zahl (ÖVP-Haslauer schätzt für Salzburg 10.000) dieser Anlagewohnungen gelten als Leerstand und bleiben gänzlich unbewohnt. Wohnungen trotz des enormen Bedarfs unbewohnt zu lassen, ist zum einen eine unglaubliche Sauerei, zum anderen führt die künstliche Verknappung auch dazu, dass die Preise der am Markt verbliebenen Wohnungen weiter ansteigen.

Leistbar und barrierefrei – gibt’s das überhaupt?

Besonders knapp ist bezahlbarer, barrierefreier Wohnraum. In der letzten Zeit wurde dabei die Praxis etabliert, Geringverdiener*innen und Menschen mit Behinderungen gegeneinander auszuspielen. Denn ein barrierefreies Zuhause sei schließlich teurer in der Realisierung, beides ginge nicht. Auch an den Landesgesetzen, in denen Barrierefreiheit verankert ist, wird gerne mal so stark gerüttelt, wie es geht, und damit massive Rückschritte in Punkto Wohnraum für alle fabriziert. Leistbar und barrierefrei ist eine menschenrechtliche Pflicht und keinesfalls verhandelbar. Die Exklusion von Menschen mit Behinderungen, die übrigens auch ein höheres Armuts-Risiko haben, wird durch die fehlenden normalen Wohnmöglichkeiten enorm verstärkt. Selbstbestimmte und unabhängige Lebensführung – dafür sind die eigenen vier Wände, zusammen mit bedarfsgerechten Unterstützungsleistungen, unabdingbar.

Und jetzt gemeinsam: Wohnen darf kein Luxus sein!

Wir alle haben ein Recht darauf, in einer geeigneten Wohnung mit genügend Platz zur Entfaltung – wir sind schließlich keine Legehennen – zu leben. Sie hat leistbar zu sein und muss uns Sicherheit geben. Dafür braucht es eine Wohnbau- und Sozialpolitik, die sich wirklich für die Lebensrealitäten von Menschen interessiert: Die Erhöhung des Richtwertmietzins muss sofort zurückgenommen werden und Leerstandsabgaben sowie Obergrenzen für Mietpreise gehören bundesweit durchgesetzt. Ein konsequentes Verbot von Makler*innengebühren und befristeten Mietverträgen obendrauf. Nur durch eine radikale Abkehr von der Förderung von Immobilieninvestor*innen und Privatisierung kann sich langfristig etwas positiv verändern. Fakt ist: In diesem üblen System wird einfach am Märchen festgehalten, der Markt würde irgendwas regeln. Tut er nicht.


Titelbild: Mika Baumeister auf Unsplash

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