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Was sind Putin-Pleaser?

Über den Gebrauch eines Begriffs, erklärt anhand einer Folge von Sascha und Jule Lobos Podcast „Feel the News“ Folge: Von Wagenknecht bis Serdar Somuncu: Deutsche Putin-Pleaser.

Ein Gastbeitrag von Max Sternbauer

Kritiker*innen von Waffenlieferungen an die Ukraine angesichts Russlands Angriffskriegs auf das Land werden neuerdings mit dem Begriff Putin-Pleaser tituliert. Was soll das bedeuten? Dass dieser Begriff den Ukraine-Krieg zum Thema hat, ist klar, aber wen betrifft er? Kurz gesagt: Leute die argumentieren, die Rolle des Friedensstifters liegt (auch) bei der Ukraine und das Land soll mit der Russischen Föderation verhandeln.

Ein Punkt, der durchaus zu kritisieren ist, denn ob Putin Frieden will hängt davon ab, was er gewinnen kann. Auch sollte das von Wagenknecht und Schwarzer mitverfasste Manifest für den Frieden gründlich einer Analyse unterzogen werden, bevor man da irgendwas unterschreibt. Diese Punkte sind richtig und wichtig. Das sollte aber nicht als Ausrede dienen, sich nur oberflächlich damit zu beschäftigen –  was allerdings in der erwähnten Podcastfolge von Sacha und Jule Lobo passiert ist.

Sascha Lobo ist ein Autor, der unter anderem eine Kolumne für den Spiegel verfasst, als Experte für Digitalisierung gilt und sich im Ukraine-Krieg klar auf der Seite des angegriffenen Landes positioniert.

Anhand von Beispielen von Aussagen der Politikerin Sahra Wagenknecht und des Kabarettisten Serdar Somuncu, versucht Lobo zu erklären, warum deren Standpunkte reine Putin-Propaganda sein sollen. Das gelingt dem Kolumnisten in Zusammenarbeit mit seiner Frau überhaupt nicht. Allerdings nicht deshalb, weil seine Beweggründe die falschen wären. Man kann – und sollte –  sich mit der Ukraine sich durchaus solidarisch zeigen, nur sollte man wissen wie.

Der Fall Somuncu

Ein Fokus in diesem Podcast ist auf einen Auftritt von Serdar Somuncu gerichtet. Hier sollen einige Beispiele näher beleuchtet werden.

  1. Somuncu geht auf den Konflikt im Donbass vor der Invasion ein, seine Kritik äußert er dahin gehend, dass nicht mehr darauf eingegangen wird, dass das ukrainische Militär jahrelang die Region beschossen habe.
  2. Somuncu beschreibt Flüchtlinge als „Edelflüchtlinge,“ und stellt in polemischer Art die Frage, warum Menschen mit anderen Nationalitäten (Syrien) nicht so „bevorzugt“ behandelt werden.

Lobo kontert diese Aussagen. Zwar hat es dort schon vor der Invasion Kämpfe gegeben, aber die waren von Kreml finanzierten Freischärlern ausgegangen, deren Ziel es war die Ukraine zu destabilisieren. Fakt ist, dass die Ukraine Opfer einer faschistischen Invasion geworden ist.

Es zeuge auch von Zynismus, so über Menschen zu reden, die alles verloren haben, und aus ihrem Land hatten fliehen müssen. Der Begriff Edelflüchtling zu äußern, ist zu keinem Zeitpunkt eine gute Idee und da hat Lobo recht, wenn er den Zynismus hinter dieser Aussage kritisiert.

Der Frame 

Der Begriff Frame (oder auch Framing), beschreibt die kommunikative Praxis, wonach man Begriffe zu einem Thema in ein Verhältnis setzt, was dann stark abgegrenzt wird. Oder anders gesagt, mit einem Rahmen, einem Frame versehen wird. Es kann dazu benutzt werden, Argumente zu fokussieren, sie auf den Punkt zu bringen. Es kann aber auch dazu genutzt werden, sich vor Gegenargumenten abzugrenzen, also verwenden wir den Begriff Putin-Pleaser mal als Beispiel, so wie ihn das Ehepaar Lobo in ihrem Podcast gebraucht hat.

Wenn man in der Diskussion um die russische Invasion in der Ukraine auf den vorangegangen Bürgerkrieg seit 2014 hinweist, wird, auf sehr plumpe Art, der Frame gesetzt, dass diese Lesart des Krieges grob verharmlosend sei und man unterstreichen müsse wie grausam Putin diesen Krieg führt. Alles außerhalb sei Putin-Propaganda und Leute, die das so sehen, seien Putin-Pleaser. Wenn man also historisch zu erklären versucht, dass in der Ukraine acht Jahre lang ein Bürgerkrieg getobt hat, der den Staaten der EU relativ gesehen ziemlich egal war und dass diese außenpolitische Passivität der EU mitunter dazu geführt haben könnte, Putin falsche Signale zu senden, wir das als Propaganda abgetan. Ganz einfach aus dem Grund, weil es das Leid des ukrainischen Volkes ausklammern würde. 

Somuncus schon erwähnte Aussage über Edelflüchtlinge, eignet sich besonders gut für die Technik der Argumentation des Paares Lobo, weil eines sehr gut beherrscht wird: Emotionalisierung. Als Beispiel kann da ein Vergleich mit dem Jemen-Krieg herangezogen werden, den Putin-Pleaser oftmals verwenden würden. Warum interveniert der Westen nicht auch im Jemen? Lobo hört aus dieser Fragestellung eine Kälte heraus, ein Desinteresse an Politik, das sei ja nicht unser Krieg. Auf die, zugegeben, mehr als polemisch gestellte Frage, wieso die EU es zulässt, dass Polen einen Grenzzaun zu Weißrussland errichtet, um vor allem Flüchtlinge aus Syrien aufzuhalten, würde Sascha Lobo höchstwahrscheinlich damit kontern, dass der Vergleich eines Problems mit einem anderen Problem nicht als Ausrede für Passivität dienen dürfe.

Putin-Pleaser ist deswegen ein problematischer Begriff, weil er vermeintlich etwas auf den Punkt bringt, was im konkreten Fall gar nicht so existiert. Es ist eine ähnlich effektive Titulierung wie “Verschwörungstheoretiker”. Fällt dieses Wort, ist jede Debatte im Keim erstickt.


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Titelbild: Jukka Aalho auf Unsplash

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3 Gedanken zu „Was sind Putin-Pleaser?

  • Thomas Metzner

    #Was sind Putin-Pleaser?

    „…dass in der Ukraine acht Jahre lang ein Bürgerkrieg getobt hat…“ ist Ihrerseits eine defiziente Beschreibung. – Haben Sie vor acht Jahren die Ereignisse im Donbass verfolgt? Wie Hundertschaften im perfekten Gleichschritt ukrainische Polizeistationen einnahmen …und die „Grünen Männchen“ auf der Krim: wo der Parteichef einer prorussischen 4%-Partei dann Landeshauptmann wurde. – Hat das vielleicht mit Putins Konzept und Agenda eines asymmetrischen Krieges zu tun? – Als „Bürgerkrieg“ beschreiben Sie diese Zusammenhänge unzureichend, falsch.

    Antwort
    • Ronald Kodlubaj

      Herr Metzner, sie haben Recht und Somuncu hat hier gelogen, es war kein Bürgerkrieg, weil Russland von aussen Waffen lieferte, damals haben weder Somuncu noch Sarah Wagner protestiert….erst jetzt wo man Angst hat die Ausweitung des Konflikts würde einen Treffen, da reagiert man und wirft die Ukrainer den Russen zum Fraß vor!!!

      Antwort
  • Ronald

    Ich finde Sascha und Jule Lobo haben recht, die Kritik an ihnen scheitert hier komplett. Putinpleaser ist ein Versuch hier eine Vokabel zu finden, die jemanden nicht gleich als Aluhutträger oder ähnlich schmähendes reduziert.
    Leider trifft der Begriff auf Somuncu und Agenknecht völlig zu. Ihre Ahndlungen dienen Putin, ob sie es wollen oder nicht. Die Distanzierung Wagenknechts oder Somuncus von Putin ist unglaubwürdig. Beide informieren sich nicht über Ukrainer, haben aber keine Scheu Ihnen jegliches eigenes Handeln abzusprechen und sie als Handlanger amerikanischer Interessen darzustellen. Dafür reichen Wagenknecht und Somuncu bereits unbewiesene Behauptungen. Somuncu ist der Rassist geworden, den er in Deutschland lange bekämpfte. Die Ukrainer, weder hat er sich die Mühe gemacht deren Geschichte zu kennen noch überhaupt irgendeine Mühe. Wagenknechts Lügen und Appeasement überschritten die Grenze zur Geschmacklosigkeit längst, dass keine Entschuldigung mehr glaubhaft wäre, und ich würde auch keinen Sinneswandel erwarten.

    Der Autor dieses Artikel hat den Podcast mit der Kritik bestenfalls überflogen und hätte auf diesen öffentlichen Post besser verzichtet.

    Lobos Podcast ging argumentativ weiter und der Autor ist überfordert die Inhalte zu begreifen.

    Antwort

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