Trumps Zolldiktat
Die mathematische Import-Export-Formel, mit der anfangs die Trump-Zölle begründet wurden, hat längst ausgedient. Mittlerweile belegt Trump Länder mit Botmäßigkeit mit zehn Prozent, aber unbotmäßige wie Laos und Myanmar mit 40 Prozent, China mit 30 Prozent, Indien und Kasachstan mit 25 Prozent. In Afrika gibt es Strafzölle von 30 Prozent für Algerien und Südafrika. Trump versucht, die USA für die nächsten Jahrzehnte zu rüsten. Afrika gilt höchste Aufmerksamkeit, um die schrumpfende US-Hegemonie über den Zugriff auf den Kontinent und dessen riesige Bodenschätze zu verlangsamen und den politisch-ökonomischen Einfluss der Volksrepublik China samt „Globalem Süden“ zurückzudrängen.
Von Georges Hallermayer (Zeitschrift INTERNATIONAL, Heft IV/2025)
Die Einladung von fünf kleinen Staaten zu einem Mini-Africa-Summit (Gabun, Guinea-Bissau, Liberia, Mauretanien, Senegal) Anfang Juli sollte nicht überraschen. Länder, die mit der Volksrepublik China beste Beziehungen pflegen, dazu reich an Mineralien sind, die es der chinesischen Konkurrenz wegzuschnappen gelte, und reich an migrationswilligen Emigranten, die an der Ausreise zu hindern seien, wurden alle geladen. Im Juni hatte die Trump-Administration sieben afrikanische Länder mit einem Visum-Bann belegt und den Eingeladenen bis Ende August Zeit gegeben, „die hohe Zahl an überzogenen Visa zu überprüfen, sonst…“ – ein weiteres Druckmittel (neben der Zollhürde) für den Zugang zu den begehrten Bodenschätzen, die von der Deutschen Welle wie folgt aufgelistet sind: Gabun ist reich an Öl, Mangan, Uran, Eisenerz, Gold und Seltenen Erden. Nach Semafor Africa sind die USA zu 100 Prozent vom Mangan-Import aus Gabun abhängig. Guinea-Bissau verfügt über Vorkommen an Phosphaten, dem aluminiumreichen Gestein Bauxit, Öl, Gas und Gold. Liberia verfügt über bedeutende Mangan- und Goldvorkommen, und in der Nähe der Grenze zu Sierra Leone wurden Diamanten gefunden. Mauretanien ist reich an Eisenerz, Gold, Kupfer, Erdöl, Erdgas und Seltenen Erden. Senegal verfügt neben Öl- und Gasfeldern über Gold, Phosphate, Eisenerz und Seltene Erden.
Der Big Deal mit der DR Kongo und Ruanda um kongolesisches Coltan und Lithium ist für Trump in trockenen Tüchern, aber nicht für die Menschen in der Provinz Kivu und die zigtausenden Flüchtlinge.
Und ob der „amerikanische Sicherheitsschirm“ Präsident Tshisekedi an der Macht hält, wird sich noch zeigen müssen.
Migranten abschöpfen nach USAID-Kürzungen
Den gesetzestreuen Immigranten in den USA hatte Donald Trump schon mit dem „One Big Beautiful Bill Act“ am 4. Juli einen Schlag verpasst: Er führte eine Kopfsteuer ein, wonach ein Abschlag von einem Prozent auf Überweisungen von den USA „nach Hause“ abgeschöpft wird – das Repräsentantenhaus hatte noch 3,5 Prozent vorgeschlagen. Es ist ein schmerzlicher Schnitt nach den radikalen Milliardenkürzungen der Hilfezahlungen von USAID: Denn nach UN-Angaben betrugen 2023 die Heimatüberweisungen nach Afrika etwa 100 Mrd. US-Dollar, was rund sechs Prozent des kontinentalen Bruttosozialprodukts bedeutet und damit auch die ausländischen Direktinvestitionen übersteigt.
Hauptempfängerländer nach Nigeria mit 19,5 Mrd. US-Dollar sind Ägypten, Kenia und Marokko. Wie wichtig diese Remittenten für die Entwicklung der subsaharischen Ökonomien sind, ist am Beispiel Gambias abzulesen: Die Remittenten machten 2023 bereits 23,3 Prozent des Bruttosozialprodukts aus, in Simbabwe waren es im selben Jahr noch 9,6 Prozent. Die kleinen Länder wie Lesotho oder die Komoren trifft die Steuer am schwersten.
Die Informationsplattform Africa Intelligence schreibt, dass sich Trump die beiden Länder Togo und Angola auf einem weiteren „Mini-Summit“ zur Brust nehmen will. Togo steht in freundschaftlichen Beziehungen mit der antiimperialistischen Sahelstaaten-Konföderation AES, ein Zusammenschluss von Mali, Burkina Faso und Niger, die sich von der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS getrennt haben, um einen antikapitalistischen Entwicklungsweg zu gehen. In Angola gilt es für Trump, das chinesische Konkurrenzprojekt auszustechen: den Ausbau der von China unter Mao in den 1970er-Jahren errichteten Tazara-Bahnstrecke in östlicher Richtung von Sambia nach Daressalam. Trump befördert mit Milliarden US-Investitionen zum Ausbau der Benguela-Bahn, die in westlicher Richtung von Sambia nach Angola verläuft, um sich die Bodenschätze Zentralafrikas, vor allem die Kupfervorkommen Sambias, zu sichern.
Die Weltwirtschaft in Turbulenzen
Der zollfreie Handel mit den USA nach dem AGOA-Gesetz läuft im September aus. Und mit dem Trump’schen Zolldiktat ist nicht zu erwarten, dass es verlängert wird. Was vorläufig für den afrikanischen Kontinent feststeht: 22 Länder müssen sich auf höhere Zölle zwischen 15 und 30 Prozent einstellen, konfrontiert mit Preisdruck auf ihre Produkte und wahrscheinlichem Rückgang ihrer Exporte. 32 Staaten werden auf den Minimalsatz von zehn Prozent verpflichtet, darunter auch die Teilnehmer am Mini-Summit. Auch Kenia, Ostafrikas größte Ökonomie und Alliierter der USA, verbleibt auf zehn Prozent. In der FAZ war zu lesen, der afrikanische Kontinent sei glimpflich davongekommen. Der afrikanische Handel mit den USA ist abgesehen von Südafrika relativ bescheiden. Von Ghana zum Beispiel gehen nur 3,5 Prozent des Exports in die USA.
Mit sechs Ländern (Angola, DR Kongo, Liberia, Mozambique, Ruanda und Somalia) schloss das Weiße Haus Abkommen, wonach US-Agenturen „strategische Bodenschätze gegen Unterstützung“ abbauen können. Dadurch sanken für Angola (von 32 Prozent auf 15 Prozent) und Mozambique (von 18 Prozent auf 15 Prozent) die Zölle, für die DR Kongo brachte es jedoch das Gegenteil: eine Erhöhung von elf Prozent auf 15 Prozent.
Zehn afrikanischen Ländern wurde der Tarif reduziert: So soll Vanille und Kreuzkümmel aus Madagaskar weiterhin, wenn auch verteuert, in den USA genossen werden, der Zoll von 47 Prozent auf 15 Prozent gesenkt. Für das kleine Lesotho, dessen Textilindustrie etwa bedeutend für Levi-Jeans und Wrangler ist, wurde der 50-Prozent-Satz auf 15 Prozent reduziert.
Algerien, Libyen und Südafrika werden dagegen mit einem Zolltarif von 30 Prozent bestraft. Warum? Algerien liegt in offenem Konflikt mit dem US-Alliierten Marokko ob der kolonialen Besetzung der Westsahara.
Südafrika scheiterte mit seinem Handelsangebot in letzter Minute. Dabei hat das Land Gewichtiges einzubringen: Mineralien wie Platin und Mangan. Die USA sind zu 83 Prozent vom südafrikanischen Chromium abhängig. Doch die Sündenliste des Landes ist zu lang: BRICS-Mitglied und die Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof gegen Israel. Da schadet Trump selbst den weißen Farmern und Winzern, bevor er Südafrika niedrigere Zölle gewährt. Der Zentralbank-Gouverneur Lesetja Kganyago schätzte, in Landwirtschaft und Automobilindustrie seien 100.000 Arbeitsplätze bedroht. Als erste Reaktion kündigte Minister Solly Malatsi an, die chinesische CSNC erhalte vor Starlink den Zuschlag zum Ausbau der Satellitenkommunikation.
Das Gegenmodell: Chinas Exportförderung
Trump zwingt afrikanische Staaten, sich nach Osten zu orientieren und ihre Handelsbeziehungen neu auszurichten. Selbst Trumps Drohung mit 10-prozentigen Zusatzzöllen für die Länder, die sich BRICS+ annähern, half nichts. China bietet dem afrikanischen Kontinent, mit Ausnahme von Eswatini, nicht nur zollfreien Export, erleichtert über digitale Handelsplattformen, sondern richtet zur Förderung des Exports jährlich eine viertägige Messe für Afrika in Changsha aus. Letztlich ist anzunehmen, dass sich die US-Zollpolitik als Bumerang erweisen wird.
Georges Hallermayer ist im Vorstand der Marx-Engels-Stiftung, war stv. Centrumsleiter bei den Carl-Duisberg-Centren und im Landesvorstand Saarland der Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft.
Titelbild: Danny Greenberg / Unsplash

