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Der bittere Geschmack der Banane

Ecuadorianische Gewerkschafter berichten von Repressionen im Bananensektor

Trotz Fairtrade-Zertifikaten leiden Arbeiter auf ecuadorianischen Bananenplantagen unter miserablen Bedingungen und Pestizidvergiftungen. Eine Gewerkschaftsdelegation auf Europa-Tour deckte systematische Menschenrechtsverletzungen auf.

José Barahona, Diana Montoya Ramos (beide ASTAC), Südwind-Referentin Gudrun Glocker, Südwind-Geschäftsführer Konrad Rehling (Fotocredit: Südwind/Vincent Sufiyan)

Wien – Die Banane ist nach dem Apfel das beliebteste Obst der Österreicher. Doch was hierzulande als vitaminreiche Kost angeboten wird, hat einen bitteren Beigeschmack: Ausbeutung, Pestizidvergiftungen und Morddrohungen gegen Gewerkschafter prägen die Realität auf ecuadorianischen Plantagen. Bei einem Pressegespräch der Entwicklungsorganisation Südwind berichteten Gewerkschafterin Diana Montoya Ramos (Asociación sindical de trabajadores agrícolas y campesinos, ASTAC) und Rechtsanwalt José Barahona über die dramatischen Zustände in der Bananenproduktion.

Beschwerde wegen Mancozeb

Besonders brisant: Eine von ASTAC durchgeführte Studie ergab, dass elf untersuchte Plantagenarbeiter eines deutschen Supermarkt-Zulieferunternehmens positive Urinproben für das Pestizid Mancozeb aufwiesen. „Alle elf Proben der Arbeiter zeigten diese Pestizidbelastung“, erklärte Montoya Ramos. Das Perfide daran: Mancozeb ist in der EU seit 2021 verboten, wird aber weiterhin in Ecuador eingesetzt und gelangt so auch in die Bananen zum Export. Die Pestizidbelastung betrifft somit auch europäische Verbraucher. Auf die Frage, ob Menschen beim Bananenessen Pestizide mitessen, antwortete Montoya Ramos eindeutig:

„Ja, sie essen die Pestizide mit. Auf irgendeine Art und Weise.“

Systematische Rechtsverletzungen – selbst Fairtrade versagt bei Arbeitsrechten

Die Gewerkschaft ASTAC mit über 1.500 Mitgliedern hat 1.200 Beschäftigte in den fünf größten Bananenunternehmen Ecuadors befragt. Das Ergebnis: systematische Rechtsverletzungen und mangelnde Bezahlung – insbesondere von Überstunden. „Allgemein gesagt werden alle Arbeitsrechte in größerem oder kleinerem Umfang verletzt. Jedes Unternehmen hat unterschiedliche Mängel“, so Barahona.

Selbst auf Fairtrade-zertifizierten Plantagen werden Arbeitsrechte verletzt.

Fairtrade erfüllt zwar ökologische Standards, aber nicht die arbeitsrechtlichen.“

Deshalb entwickelt ASTAC ein eigenes Zertifizierungssystem, das die Erfahrungen der Arbeiter auf den Plantagen ins Zentrum stellt.

„Die soziale Verantwortung kann nicht bei einer Zertifizierungsstelle liegen, die Geld verlangt für den Zertifizierungsprozess, aber kein Interesse daran hat, ob die Arbeitsbedingungen verletzt werden oder nicht“, fasst die Gewerkschafterin das Grundproblem zusammen.

Morddrohungen und Bombenanschläge

Die Gewerkschaftsarbeit in Ecuador ist lebensgefährlich geworden. 2023 erhielten vier Koordinatoren der ASTAC Morddrohungen. „Mit der Hilfe der Europäischen Union konnten wir das Land verlassen. Wir waren drei Monate im Ausland“, berichtet Montoya Ramos. Eine Kollegin, die sich entschied zu bleiben, wurde Opfer eines Bombenanschlags: „Man hat Dynamit vor ihrem Haus explodieren lassen und ihr Haus beschossen.“

Die Gewerkschaftsrepression ist systematisch und betrifft besonders Frauen, ein Schwerpunkt von Montoya Ramos‘ Arbeit als Referentin für Geschlechtergerechtigkeit.

Für ein starkes EU-Lieferkettengesetz

Die ASTAC-Delegation besucht im Rahmen ihrer Europa-Tour Österreich, Belgien und Frankreich. Ihr Ziel: Aufmerksamkeit für das EU-Lieferkettengesetz (CSDDD). „Es ist wichtig, dass das EU-Lieferkettengesetz nicht geschwächt wird“, betont Montoya Ramos.

Ecuador ist einer der weltweit größten Bananenproduzenten, rund 250.000 Arbeitsplätze hängen direkt davon ab. Die EU ist der wichtigste Abnehmer. Solange sich an den Strukturen nichts ändert, wird jede Banane im österreichischen Supermarkt weiterhin den bitteren Geschmack von Ausbeutung und Pestiziden haben.


Mehr Informationen über die „(un)sichtbaren Inhaltsstoffe“ der Banane im SUEDWIND_Bananen-Factsheet (Download)

Text: Michael Wögerer
Titelbild: Ecuador 2015, Hacienda San Jose, © Südwind 

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