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Verstörend komisch

die miri (1)Die diesjährige Gewinnerin des renommierten Grazer Nachwuchskabarettpreises „Kleinkunstvogel“, Miriam Schmid, feierte als „Die Miri“ vergangene Woche mit ihrem ersten abendfüllenden Programm Premiere. Unsere Zeitung hat „Miri“ zum Interview getroffen.

Etwas verstörend, aber unglaublich komisch. Die Premiere von Miriam Schmids Programm „Die Kåtz“ am
9. Dezember im Grazer Theatercafé verspricht schon nach wenigen Minuten, dass so manche/r Standardkabarett-LiebhaberIn ein blaues Wunder erleben wird. „Die Miri“ ist eine atypische Kabarettfigur. Und als solche stellt sie gleich die Gretchenfrage des Kabaretts: Was ist witzig?
Was folgt, ist eine brachiale Abhandlung über Humor. Zynismus und ein trockener Schmäh, vorgebracht von einer herrlich grantelnden und durchwegs ernsten Kunstfigur. Kunstfigur auch deshalb, weil man merkt, dass Schmid vom Theater kommt. Gerade das vermeintlich simple, das „die Miri“ auf die Bühne bringt, verlangt auch eine hohe schauspielerische Leistung.
In ihrem Programm spielt Miriam Schmid mit den Erwartungen der Zuschauer – um ihnen etwas völlig Unerwartetes entgegenzusetzen. Sie reizt Pointen und Spielsituationen bis ins Letzte aus, ist in der einen Minute (vermeintlich) politisch inkorrekt, und lässt darauf prompt eine dadaistisch anmutende Szene folgen oder schlüpft subtil auf die Metaebene, um von dort die Spielsituation zu betrachten. Bei „Die Kåtz“ lacht man nicht, man muss förmlich losprusten.
Das ein oder andere Element mag für manche einen Hochseilakt auf der Grenze des guten Geschmacks darstellen – so und nicht anders muss man aber anno 2014 mit Klischees umgehen, sie thematisieren und auf der Bühne entlarven.
Wer ein Programm nach kabarettistischer Ö-Norm erwartet, kann freilich auch enttäuscht werden. „Die Kåtz“ ist kein Kabarett für jedermann. Aber genau darin liegt seine große Stärke.

Unsere Zeitung: Die Figur, die du auf der Bühne spielst, lehnt sich vom Namen an dich als reale Person, an. Wieviel von dir steckt in der Kunstfigur „Miri“ und im Programm?

die miri (2)Miriam Schmid: Die Entscheidung, beim Kleinkunstvogel mitzumachen, war eine sehr spontane. Die Figur hat es davor schon einmal gegeben, in einer Performance am TaO (Theater am Ortweinplatz, Anm.), und es war für uns spannend, diese Figur im Kabarett auszuprobieren.
Dazu kommt, dass man im Kabarett immer damit spielt, dass da auch die Privatversion von einem auf der Bühne steht. Zwar ist „die Miri“ eine Kunstfigur, sie hat aber natürlich etwas mit mir zu tun. Eigentlich war nie die Überlegung da, einen anderen Namen zu suchen – das wäre mir auch komisch vorgekommen.

UZ: Stichwort Kunstfigur: Oft ist Kabarett davon geprägt, dass der „nette Kerl von nebenan“ auf der Bühne steht und aus dem Alltag berichtet. „Die Miri“ ist vom Outfit bis hin zu Gestus und Stimme u.s.w. doch als fiktive Figur erkennbar.

Miriam: Natürlich kommt das auch vom Theater. Ich komm aus dem Theater, genauso wie Simon Windisch, mein Regisseur. Kabarett ist ein Medium, in dem es sich etabliert hat, dass authentische Leute auf der Bühne stehen, wo man oft auch nicht genau erkennen kann, ob das private oder erfundene Geschichten sind. Wir wollten da etwas Konträres machen, eine künstliche Figur in einem Genre, wo alles authentisch sein soll. Es war durchaus der Versuch, mit einer Anti-Kabarettfigur das Genre zu begreifen.

UZ: Gewachsene „Kabarett-Regeln“ haben also schon eine gewisse Rolle gespielt?

Miriam: Ausgehend von dieser Figur, die eine analysierende ist, bei der man auch das Gefühl hat, dass sie das Leben nicht ganz versteht und die versucht, sich das erklärbar zu machen, hat sich die Frage gestellt, wie die ein Kabarett machen würde. Aus der Perspektive haben wir uns dann durchaus angeschaut, was im Kabarett üblich ist und wie diese Figur das umsetzen könnte. Daher kommt auch die Grundfrage des Programms, was überhaupt witzig ist. Wir arbeiten deshalb ja auch fast ausschließlich mit Klischees, mit Allgemeinplätzen, die wir stark überzeichnen.

die miri (3)UZ: Und damit willst du bewusst die Erwartungshaltung der Leute brechen? Hast du damit gerechnet, dass es auch Leute im Publikum geben könnte, die damit vielleicht überfordert sind?

Miriam: Wir haben uns beim Proben doch öfters die Frage gestellt, wieviel an Verstörung geht, und uns gleichzeitig gefragt, was hilft, damit das Publikum leichter mitgehen kann. Aber vom Prinzip her waren wir uns sehr einig, dass das einfach grundsätzlich verstörend ist (lacht).

Text und Interview: Alexander Melinz
Fotos: Clemens Nestroy

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