AktuellEuropaÖsterreichStandpunkte

KommunistInnen mit MacBooks und andere Absurditäten

Unsere Zeitung hat alle progressiven Listen, die bei den ÖH Wahlen 2015 kandidieren (GRAS, VSStÖ, FEST, KSV/KJÖ, FLÖ und KSV-lili), dazu eingeladen, uns einen Beitrag von maximal 3.000 Zeichen zu schicken, den wir ungekürzt und unkommentiert veröffentlichen. Ob es sich um einen Kommentar, Artikel, ein Video oder Sonstiges handelt war ihnen selbst überlassen, sofern es unseren prinzipiellen Spielregeln und Grundsätzen nicht widerspricht. Wir überlassen es nun unseren kritischen Leserinnen und Lesern selbst zu entscheiden, was plumpe Wahlpropaganda oder ein innovativer Beitrag ist.

Die zweite Einsendung kam vom Kommunistischen StudentInnenverband (KSV/KJÖ):

KommunistInnen mit MacBooks und andere Absurditäten

sonja_ksvDie Wahlen zur österreichischen HochschülerInnenschaft gaben mir die Gelegenheit auch ein wenig Einblick in die Welt des Fernsehens und der Politik zu bekommen. Und leider muss ich sagen, es fühlt sich öfters an wie ein Kasperltheater, unabhängig davon, ob nun eine Satire-Fraktion wie die Liste auftritt oder nicht.

Niko Swatek zu mir bei der Elefantenrunde: „Ich finds ein wenig seltsam, dass jemand wie du, die gegen das Kapital auftritt, ein MacBook hat“. Ja, ich trete gegen das Kapital auf. Da wir aber (noch) keinen Weltkommunismus haben, sondern eine kapitalistische Gesellschaftsordnung, wird’s a bissal schwer, dem Kapital aus dem Weg zu gehen. Nach seiner Argumentation dürfte ich dann nicht mal mehr gekauftes Gewand anziehen, sondern müsste mir meine Kleidung aus meinen eigenen (Kopf-)Haaren filzen.

Wem es auffällt: Ich habe Elefantenrunde und nicht ElefantInnenrunde geschrieben. Offiziell war die Podiumsdiskussion mit Armin Wolf heuer nicht gegendert und ohne groß nachzudenken, habe ich den nicht-geschlechterneutralen Begriff verwendet. Wahrscheinlich weil ich immer „Elefantenkuh“ für die weibliche Form von Elefant gehalten habe. Mein Fehler, sorry! Wem das gar nicht gefällt ist Tina Sanders vom „KSV“ LiLi. Auf Wolfs Frage, was denn sie und uns unterscheidet, nannte sie das vollkommen unterschiedliche Verständnis von Feminismus, da sie im Gegensatz zu mir ElefantInnenrunde sagt. Offenbar habe ich tatsächlich ein vollkommen anderes Verständnis von Feminismus, wenn ich der Meinung bin, dass wir in puncto Antisexismus um nichts vorankommen, wenn bekennende AntisexistInnen wie ich es bin, wegen Lappalien diskreditiert werden.
Immer wieder stelle ich mir die Frage: Ich habe fünf Jahre nachdem sich eine Gruppe von Leuten vom KSV Wien an der Uni Wien abgespalten haben („KSV“ LiLi), zu studieren begonnen. Warum sollte ich auf Kriegsfuß sein, mit jemanden, den ich gar nicht kenne?

Was mir auch keine Ruhe lässt, ist die Beziehung zwischen AG, Junos und VSStÖ. Obwohl ich letztere Fraktion sehr schätze und mir auch eine Zusammenarbeit gut vorstellen kann, leuchtet es mir nicht ein, wie man sich einerseits marxistisch und SPÖ-kritisch bezeichnen kann, und andererseits eine Koalition mit neoliberalen Fraktionen nicht ausschließt. Dieses ewige Hin-und Her und dann doch bereit zu sein, mit jenen zu packeln, die man zuvor am meisten kritisiert hat, wirkt leider vertraut aus der Parteipolitik. Ich wünsche mir vom Verband sozialistischer StudentInnen, egal wie die Wahl nun ausgeht, ein konsequentes Einhalten ihrer Werte.

Ich bitte die genannten Fraktionen darum, meine Kritik sachlich und solidarisch aufzufassen. Das letzte was ich will, ist ein Kleinkrieg unter systemkritischen, linken Fraktionen. Darum hat mir auch das gemeinsame Radio Orange Interview sehr gut gefallen, da wir dort auf hohem Niveau über unsere Inhalte diskutieren konnten, ohne einen nach Skandalen und Klischees lechzenden Armin Wolf befriedigen zu müssen.

Was die rechten, neoliberalen und konservativen Fraktionen von mir halten, lässt sich kurz zusammenfassen: Ich glaube, der KSV würde etwas gewaltig falsch machen, wenn diese Fraktionen mit unseren politischen Inhalten was anfangen zu könnten B-). Mehehe.

Sonja Beier, Spitzenkandidatin des Kommunistischen StudentInnenverbands (KSV)

Artikel teilen/drucken:

5 Gedanken zu „KommunistInnen mit MacBooks und andere Absurditäten

  • Thomas K.

    Hervorragender Kommentar einer jungen und v.a. sehr intelligenten Dame, die sich ihrer Stärke als Frau auch ohne Binne-I bewusst ist! Auf die in der Tat immer wieder gestellte und äusserst dumme Frage, warum denn Kommunisten keine Lumpen tragen, verweise ich darauf uns doch bitte nicht mit den Grün(Inn)en zu verwechseln, womit wir dann auch schon beim Gendering wären. Das wir keine 5kg schweren Schreibmaschinen oder 3kg Microsoft-Geräte, sondern äußerst langlebige Macbooks mit uns tragen, da verweise ich gerne auf den Komunismus als Phiolosophie (ich mag das Wort „Ideologie“ nämlich nicht) des Fortschritts. Kommunisten sind also nicht gegen technologischen Fortschritt, sondern nur gegen die Art wie und unter welchen Umständen diese Technologien produziert werden bzw. gegen die Konzerne die ihre absurden Profite daraus schlagen und gegen die übertrieben kostenpflichtigen Standard-Softwareprogramme! Und wenn sie’s unbedingt darauf anlegen uns aus der Reserve zu locken, dann legen ich noch ein Schäufelchen nach und sage, dass nach einer Verstaatlichung das MacBook ohnehin zum 100% open-source Redbook wird! ;-)

    Antwort
    • user1234

      Bei allem Verständnis, aber mit der halben Apple-Produktreihe in der Tasche herumlaufen (ja, hierbei dürfen sich viele GenossInnen angesprochen fühlen), gleichzeitig aber kommunistische Ideologien vorpredigen, das geht mir irgendwie nicht ein. Ich denke jeder weiß, wie Apple mit seinen MitarbeiterInnen umgeht, unter welchen Bedingungen explizit dort gearbeitet werden muss, um den Erfolg dieses Konzerns überhaupt erzielen zu können. Wer mit dem Kauf eines Apple-Produktes den doppelten Preis für ein Gerät ablegt, der rechtfertigt in meinen Augen nicht den Besitz eines solchen Gerätes, sondern unterstützt damit schlicht kapitalistische Ausbeuter und Großkonzerne, gegen die man sonst so vehement vorgehen möchte! Apple ist immerhin nicht der einzige Hersteller für Notebooks, Smartphones, Tablets oder andere lebensnotwendige Geräte.

      Aber mit einem Statement wie „Kommunisten sind also nicht gegen technologischen Fortschritt, sondern nur gegen die Art wie und unter welchen Umständen diese Technologien produziert werden bzw. gegen die Konzerne die ihre absurden Profite daraus schlagen…“ legst du die Absurdität der anderen „Argumente“ eigentlich eh schon offen dar.

      Antwort
      • Zoran Sergievski

        Kann ich nur zum Teil zustimmen. Sonst müssten alle Linken – ob besser begütert oder nicht – nackerd rumrennen. Oder kann sich jeder Punk Waldviertler, jeder Hippie faire Biobatikhemden, jeder rauchende Kommunist eine Cohiba, jede KSV-Kandidatin das Fairphone leisten? Wo fängt man überhaupt an, die Grenze zu ziehen? Beim Essen? Beim Gwand?

        Antwort
        • user1234

          Es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen „sich bio und fairtrade nicht leisten können“, oder bewusst zu einem Produkt zu greifen, das doppelt so teuer wie eine gleichwertige Alternative ist, dafür aber unter schlechtesten Arbeitsbedingungen gefertigt werden muss und ein überdimensionaler Gewinn an einen riesigen Konzern geht. Wenn der Linke nicht begütert ist, dann heißt das nicht, dass er oder sie nackt herumrennen soll; es heißt aber auch nicht, dass ein besser gestellter Linker, anstatt zu „normalen“ Produkten oder entsprechenden Alternativen zu greifen, automatisch dem Kaufverhalten der breiten Masse und ihren Konsumidioten folgen muss, oder? Hat also gerade bei Apple-Produkten weniger mit Geldverhältnissen (ganz im Gegenteil), sondern mit bewussten Kaufentscheidungen zu tun, die man als linksorientierter Mensch vielleicht überdenken sollte. Man kann nicht Wasser predigen und Wein trinken.

          Die Grenze ist aus meiner Sicht also da, wo sich jemand offensichtlich ein fair(er) gefertigtes Produkt leisten könnte, allerdings dennoch lieber zu Produkten von kapitalistischen Großkonzernen greift und diese somit bei ihrem Tun unterstützt.

          Antwort
          • Sonja Melonja

            Was heißt „doppelt so teuer wie eine gleichwertige Alternative“ ? Ich habe mich nach guten und günstigen Ultrabooks umgesehen- da gabs halt nur Sachen, die einigermaßen gute Qualität hatten, mit 900€ aufwärts, was dann nicht mehr so einen großen Unterschied macht zu 1100€. Abgesehen davon, Samsung, Sony etc. beuten genauso aus.
            Wenns nach mir ginge, Apple hat tatsächlich viel zu viel Macht und gehört versteuert und muss sich an Menschenrechte halten- nichts desto trotz werden dir sehr viele Informatiker und Techniker empfehlen, Apple Produkte zu kaufen, weil die Dinger einfach verdammt gut sind.

            Bussi von deiner Lieblings-Spitzenkandidatin <3

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.