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Road-Tripp zur kaiserlichen Administration in Brüssel

biblioid„Der Biblioid“ von Rafael Buchegger – eine Rezension von Franz Fuchsbauer

Ein Buch das sich selbst geschrieben hat und sich an einen Verlag zu verkaufen versucht. Das klingt doch schon mal schräg genug für den Anfang einer skurrilen Geschichte. Rafael Bucheggers „Der Biblioid“ spielt in einer nicht weit entfernten Zukunft in der die Menschen im kaiserlichen Imperium leben, das von der Administration in Brüssel aus regiert wird. Bücher, sogenannte Biblioide, haben ein Eigenleben entwickelt und sind selbstbestimmte Wesen geworden. Der Hauptprotagonist hängt gern mit dem Barkeeper philosophierend in einer Bücherbar herum und prügelt sich gelegentlich mit kleinbürgerlichen Kochbüchern und stumpfsinnigen Lebensratgebern die lächerliche Heilslehren verkaufen möchten.

Nach einer durchzechten Nacht wacht der Biblioid in der Wohnung von Lukas auf und wird von diesem überzeugt, dass man doch etwas gegen die geplante „Schriftzeichenschutz – Schutzrichtlinie“ unternehmen müsse. Durch diese sei es möglich, Buchstaben schützen zu lassen und jeder der diesen Buchstaben verwendet, müsse an den Rechteinhaber Nutzungsgebühren bezahlen. Besonders ökonomisch nicht erfolgreichen Büchern würde das wohl das Leben schwer machen. Dass dieses Vorhaben allerdings noch keinen Aufschrei in der Bevölkerung nach sich gezogen hat, liegt auch an der Rolle der Medien, die nicht mehr über Politik, sondern maximal über Politiker berichten und Boulevardjournalisten die als Hofnarren der kaiserlichen Administration auftreten.

Ausgehend von dem Vorhaben, diese Richtlinie zu verhindern, beginnt ein Road Trip von Lukas und dem Biblioid mit zahlreichen skurrilen Begegnungen.
Einen Wettbewerbsadministrator in der kaiserlichen Administration in Brüssel aufzusuchen geht für das Fußvolk natürlich nicht so einfach. Deshalb müssen sie erstmal einen Plan aushecken, um bis zum Administrator vorzudringen. Dabei müssen zahlreiche Hindernisse überwunden werden und der Weg auf diese Burg ist mühsam. Nur der Bankenverband hat sich auf der Hinterseite des Berges eine eigene Seilbahn mit goldenen Gondeln bauen lassen, die direkt in die Lobby führt.
Als der Biblioid mit einer List bis zum Administrator vordringt, beginnt das Abenteuer erst so richtig. Sie werden gejagt und verfolgt und unternehmen auch eine längere Zugfahrt in Agatha Christie-Manier in dem Rafael Bucheggers Erstlingsbuch „Irren mit Hausverstand“ einen Gastauftritt hat.

„Der Biblioid“ wartet mit zahlreichen witzigen Metaphern auf und ist eine Anreihung verrückter Geschehnisse, die einem Lachen lassen aber auch nachdenklich stimmen – über das politische System, die Rolle der Medien und die Passivität des „Pöbels“. Der Autor bietet zahlreiche Seitenhiebe auf unser Gesellschaftssystem ohne auf diese vertiefend einzugehen. Ob es prekäre Arbeitsverhältnisse von Praktikanten sind oder eine Gesellschaft, die zur vermeintlichen Sicherheit immer mehr verbietet. Auch wenn die Tiefe manchmal vermisst wird, macht es das Lesevergnügen nicht geringer. Das Buch liest sich recht flott und außerordentlich unterhaltsam. Es gibt zahlreiche Stellen bei denen der Leser lauthals auflachen muss.

Wer also ein lustiges Buch für zwei, drei Abende benötigt, kann hier zugreifen. Allerdings „zugreifen“ ist auch gleich das Stichwort! „Der Biblioid“ ist ausschließlich als EBook bei Amazon erhältlich. Ein gedrucktes Buch sucht man vergebens. Wie Rafael Buchegger auf seinem Blog selbst schreibt, ist Amazon einfach der größte Ebook Marktplatz und es wäre den Aufwand in Relation zu den zu erwarteten Erlösen nicht Wert auf verschiedenen Marktplätzen zu publizieren. Schade eigentlich, das Buch wäre es wert auch als gedrucktes Werk in den Regalen der Buchhändler verkauft zu werden.

Rafael Buchegger, Der Biblioid, Eigenverlag
Amazon, EBook € 2,99

Links:

Bild: Screenshot aus Amazon Kindle

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