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Arbeitslos in Wien

ams_Pia SchmiklSag zum Abschied leise Oarschloch…

…, dachte Lukas K., als ihm der Filialleiter eines Baumarktes nach 4-wöchiger Arbeitserprobung eröffnete, dass es mit der in Aussicht gestellten Anstellung nichts werden würde. Nicht ohne noch darauf hinzuweisen, es aber beim AMS noch einmal mit einem Ansuchen um Verlängerung zu versuchen und dann vielleicht…!

„Vier Wochen haben die mich im guten Glauben gelassen endlich einen Job zu bekommen. Haben mich gelobt und angespornt, weiter mein Bestes zu geben, was ich auch tat. Natürlich war ich von Beginn an skeptisch. Gerade zur Weihnachtszeit, wo im Handel Personalnotstand herrscht und als gäbe es nicht genug durch die Pleite vom Baumax und Zielpunkt verfügbares Verkaufspersonal. Aber man gibt halt die Hoffnung nicht auf.“
Keinen Cent hatte Lukas die vier Wochen dem Bauhaus gekostet und die Unverfrorenheit ihn aus AMS-Geldern für weitere vier Wochen als kostenfreie Arbeitskraft lukrieren zu wollen zeigt nur zu gut, mit welchem Herrensinn die Unternehmerschaft die von ihr geschaffene Arbeitsplatzmisere für sich zu nützen weiß.

Lukas ist einer von jenen 15.000 als arbeitslos gemeldeten unter 25-jährigen in Wien. Wohlgemerkt ohne jene Dunkelziffer der erst gar nicht registrierten und ohne jene in Kursen oder etwa in Arbeitserprobung zwischengeparkten Beschäftigungslosen. Eine Generation ohne Perspektive?
„Na ja, mein Vater erzählt mir immer voller Stolz, wie er mit 18 Jahren nach Abschluss seiner Lehre zu Hause ausgezogen wäre. Ich bin jetzt 20 und wenn’s so weitergeht brauch ich in zehn Jahren noch nicht daran zu denken wollen.“

Begonnen hat für Lukas die Misere schon bei der Suche nach einer Lehrstelle. Immer weniger Betriebe sind dazu breit in die Ausbildung der jungen Menschen zu investieren. Wozu auch, wenn dies die öffentliche Hand übernimmt.
„Die Ausbildung zum Tischler bei Jugend am Werk war echt super. Was ich aber nicht verstehe ist, wieso die Finanzierung nicht die Unternehmerseite zu tragen hat. Sie sind es ja letztlich die davon profitieren, selbst wenn es das Bauhaus ist. So bin ja am Ende ich es selbst, der meine Ausbildungskosten in Form von Steuergeldern abstottern wird – vorausgesetzt ich bekomm endlich mal einen Job.“
Bereitschaft zu arbeiten kann man Lukas wohl kaum absprechen, wenn er sogar bereit ist im Verkauf eines Baumarktes tätig zu werden, damit die so notwendige Berufspraxis als Tischler hintanstellen würde und sich seine Chancen, jemals in seinem erlernten Beruf tätig zu werden nur weiter verringern.

Und wie geht’s für Lukas jetzt weiter?

„Ich hab keine Ahnung, wahrscheinlich steckt mich das AMS jetzt dann in den dritten Jobcoaching-Kurs oder ähnliches. Dort treff ich dann vielleicht wieder Ayse und Serkan. Die waren auch zur Erprobung beim Bauhaus. Ayse – die war vorher beim Zielpunkt – und der Serkan, der kam vom Baumax und denen ging’s nicht anders als mir. Da bin ich dann drauf gekommen, dass ich mit denen vielmehr gemeinsam habe als mit den echten Österreichern Pfeiffer und Essl. Den Zielpunkt und Baumax-Pleitier werd ich wohl nie in der Wartezone des AMS antreffen. Mit Ayse und Serkan werd ich mich aber zusammentun müssen, wenn wir an der ganzen Scheiße etwas ändern wollen. Ach ja, und noch etwas hab ich gelernt: Das Oarschloch zum Abschied war viel zu leise!“

Autor: Andreas Bulker (zuerst erschienen in: „ArbeiterInnenzeitung“/Regionalbeilage Wien vom 1. Mai 2016)
Foto: Pia Schmikl

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Ein Gedanke zu „Arbeitslos in Wien

  • Anonymous

    Die Methodik der Ausbeutung durch AMS Praktika ist nichts neues. Das wird seit fast 15 Jahren von vielen Firmen in Zusammenarbeit mit dem AMS praktiziert. Ich habe das selbst in zwei Firmen erlebt, in einer war ich leitender Angestellter, in der anderen einer der Geschäftsführer. Normal gehen diese Praktika einen Monat, können unter Umständen auf 3 Monate verlängert werden. Ich habe viele solcher 3-Monats-Verhältnisse gesehen wo die Praktikanten natürlich nicht übernommen wurden. Damit das System aufrecht erhalten werden kann und das AMS zufrieden ist, nimmt man halt zweiweilig Leute auf, meist jene Personen die den Job wohl nicht lange durchhalten um dann bald wieder Ersatz beim AMS zu requesten. Ich kenne Unternehmen im Handel welche mit der Methodik fast 1/4 der Beschäftigten finanzieren.

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