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FDP – Partei der Verantwortungslosigkeit

Ein Kommentar von Maximilian Belschner

Diese Nachricht hat das politische Berlin in seinen Grundfesten erschüttert. Die FDP bricht die Sondierungsgespräche mit CDU/CSU und den Grünen ab und macht klar, dass sie für eine Regierungsbildung nicht zur Verfügung stehe. “Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren”, verkündete FDP-Chef Lindner den gesammelten Pressevertretern. Die Parallelen zu Theresa Mays “No Brexit deal is better than a bad deal” sind unübersehbar. Auch scheinen die Motive dieselben zu sein. Offenbar will man das Profil schärfen und den Wählern zeigen, dass man für seine Prinzipien stehe. Doch das ist ein Trugschluss. Die Konservativen in Großbritannien wurden für dieses “Prinzip der Verantwortungslosigkeit” bei den Unterhauswahlen abgestraft. Dasselbe würde mit der FDP passieren. Und das völlig zurecht.

Keiner der Jamaika Verhandler hat je behauptet, dass die Jamaika Koalition eine Wunschkoalition sei. Eine “Zwangsheirat”, weil die SPD nach ihrer herben Niederlage deutlich gemacht hat, dass sie als “Steigbügelhalter für Merkel” kein weiteres Mal herhalten würde. Die Differenzen waren groß, besonders in der Migrations- und Klimapolitik, doch auch dort hat man sich angenähert, zumindest in der Union und den Grünen. Die Grünen wollten, dass acht Gigawatt Braunkohlestrom eingespart werden. Die Union gestand sieben zu, man war nicht weit voneinander mehr entfernt. Die FDP aber wollte keinesfalls mehr als fünf Gigawatt einsparen. Totale Blockade. Dasselbe beim Familiennachzug, wo sich vor allem CSU und Grüne nur schwer einig werden konnten. Der Kompromiss? Familiennachzug für die in Deutschland lebenden subsidiär Schutzberechtigten, innerhalb eines “atmenden Rahmens” von 200.000 Menschen. In der CSU staunte man dann nicht schlecht, als die FDP sie rechtsaußen überholte und den Familiennachzug für weitere zwei Jahre aussetzen wollte. Auch hier waren Kompromisslosigkeit und Blockade das Rezept der FDP. Die Frage war nur: warum?

Im Interesse ihrer Wähler hat die FDP damit definitiv nicht gehandelt. Den Familiennachzug befürworten 69 Prozent der FDP Wähler, womit sie dem gesamtdeutschen Trend naheliegen. 67 Prozent der Befragten gaben an, dass sie einen Familiennachzug für Asylwerber richtig finden, einzig bei den AfD Wählern gab es keine Mehrheit für diese Position. Und auch beim Kohleausstieg handelt sie gegen die Interessen der eigenen Wähler, gar gegen die Interessen der überwältigenden Mehrheit der Deutschen. In einer Emnid-Umfrage gaben 70 Prozent der FDP Wähler an, sie würden einen Kohleausstieg befürworten, um damit die Klimaziele zu erreichen. Hier gab es Zustimmung über die gesamte Parteienlandschaft hinweg, auch die AfD Wähler waren mit 70 Prozent für einen Ausstieg aus der Kohle. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, sogar höhere Stromkosten in Kauf zu nehmen, um das Klima zu retten.

All dies zeigt, dass die FDP nicht in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen und die Interessen ihrer Wähler zu vertreten, geschweige denn im Interesse aller Bürger Deutschlands zu handeln. Es ist immer noch dieselbe Partei, die 2013 hochkant aus dem Bundestag flog. Sie vertritt immer noch nur die Interessen der Großkonzerne, Energieriesen und Superreichen. Verdeckt wird dieser Elitarismus mit einer riesigen Portion Inszenierung, so auch beim Abbruch der Gespräche.

Unterhändler der Union und Grüne berichteten, dass Christian Lindner und Wolfgang Kubicki, die Chefunterhändler der FDP, plötzlich den Raum verließen. Wenig später traten sie an die Presse und verkündeten den Ausstieg aus den Gesprächen. Das pikante dabei: die dazugehörige Pressemeldung war schon veröffentlicht bevor Lindner und Kubicki den Raum verlassen hatten, so der Grüne Reinhard Bütikofer. Ein weiterer Grüner, Robert Habeck, warf der FDP vor, das Scheitern der Gespräche im Vorhinein vorgehabt zu haben. Geplante Verantwortungslosigkeit.

Anscheinend ist das Ziel der FDP eine Partei zu sein, die für ihre Prinzipien einsteht. Da fragt man sich, was das für Prinzipien sein sollen. Feigheit? Verantwortungslosigkeit? Sturheit? Neoliberalismus? Ideologische Verblendung? Fakt ist: die FDP spielt mit dem Vertrauen in die Demokratie, um ihr eigenes Profil zu schärfen. Dabei macht sie einen riesigen Denkfehler: Wenn es nach ihr geht ist es am besten, überhaupt ein Profil zu haben. Alles besser als die Merkelsche CDU, die ein inhaltsloses Gebilde ist, das sich an der Macht halten will. Doch es kommt auch darauf an, welches Profil man hat. Die FDP wird den Gestank der Feigheit, des Drückebergertums und der Rechthaberei jetzt so schnell nicht mehr loswerden. Nach eigener Aussage fürchten sich die “Liberalen” nicht vor Neuwahlen. Sie müssen den Wähler schon für ziemlich bescheuert halten. Glauben sie allen Ernstes, wir würden uns nicht daran erinnern, wer die Gespräche platzen ließ? Glauben sie, dass es den Deutschen Spaß macht, nach kurzer Zeit wieder wählen zu gehen, nur weil der FDP das Ergebnis nicht gepasst hat? Glauben sie, dass irgendjemand in Deutschland diese FDP in einer Regierung haben will? Das Beste wäre wohl, wenn die FDP dorthin verschwinden würde, wo sie hergekommen ist: in die außerparlamentarische Opposition.

 

Titelbild: Christian Lindner am Wahlabend der NRW Landtagswahl am 14. Mai 2017 in Düsseldorf (Foto: Olaf Kosinsky; Lizenz: CC BY-SA 3.0)

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