Homo- und xenophober Amtsschimmel?
Das Recht auf ein faires Asylverfahren ist ein Menschenrecht. Doch Rechtsstaatlichkeit und Objektivität haben sich aus Entscheiden des österr. Asyl-Amts scheinbar verabschiedet. Vor allem, wenn es um Vergewaltigungsopfer oder Homosexuelle geht.
Ein Kommentar von R. Manoutschehri
Die Lage für AsylwerberInnen in Österreich hat sich unter der neuen rechtskonservativen Regierung massiv verschlechtert. Nicht nur durch eine auf Abwehr getrimmte „Routen und Grenzen schließen“ Politik, wie sie auch von den nicht gerade für die Einhaltung der Menschenrechte bekannten Visegradländern oder neuerdings auch durch Italien praktiziert wird, sondern auch durch fragwürdige Praxis bei Asylverhandlungen. NGOs sehen den Rechtsstaat in Gefahr.
Schon im Vorjahr war auffällig geworden, dass fast die Hälfte aller negativen Asylbescheide (42,4 Prozent) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in zweiter Instanz vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mangels ausreichender Qualität wieder aufgehoben wurden. Unzureichendes und fachlich zu wenig augebildetes Personal für die Befragungen wurde damals attestiert und Nachbesserung versprochen.
Doch nun stehen nicht nur Vorwürfe fehlerhafter sondern sogar willkürlicher Asylverfahren im Raum.
Das Rückgrat negativer Bescheide basiere oftmals auf nicht nachvollziehbaren Behauptungen, denen eine objektive Grundlage fehle und vielmehr deutliche Vorurteile der prüfenden BeamtInnen widerspiegle, so die neu gegründete Initiative „Fairness-Asyl“ heute auf einer Pressekonferenz in Wien.
„Mit großer Besorgnis stellen wir fest, dass die Bescheide des BFA noch immer teils von persönlichen politischen und gesellschaftlichen Einstellungen der BeamtInnen motiviert sind“, sagte Wolfgang Salm, einer der Gründer der Initiative.
„Wir haben zahlreiche Bescheide gesehen, die in keinem Zusammenhang zur tatsächlichen Situation der Betroffenen und den voran gegangenen Einvernahmen standen. Die Behauptungen in den Bescheiden sind zu oft an den Haaren herbeigezogen und halten einer kritischen Auseinandersetzung zumeist nicht statt.“
„Es darf in einem Rechtsstaat auf keinen Fall geduldet werden, dass, gerade in einem Bereich in dem es um Menschenrecht und Menschenleben geht, einfache BeamtInnen in den Asylbescheiden ihre eigenen politischen Wünsche zum Ausdruck bringen oder gar die politisch motivierten Vorgaben ihrer Vorgesetzten umsetzen.“
„Wann tritt endlich eine intensive Qualitätssicherung in Kraft? Wir finden es notwendig und unsere Pflicht, die Öffentlichkeit über diese unfassbaren Argumentationen zu informieren“, mit denen Schutzsuchende von offensichtlich ebenso unwilligen wie unterqualifizierten Leuten in ein ungewisses Schicksal zurück gestoßen werden.
LGBT Community und Vergewaltigungsopfer offenbar benachteiligt.
Besonders betroffen davon sind Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Irak, Mitglieder der LGBT Community aber auch Vergewaltigungs- und Folteropfer. Sie haben nur noch sehr geringe Chancen in erster Instanz einen positiven Bescheid zu bekommen. „Es sind uns BFA Beamte bekannt, die uns mitgeteilt haben, dass es seit dem Sommer 2016 eine strenge von >oben gewollte< Spruchpraxis gab“, so die Fairness-Sprecher, die allesamt aktiv in der Flüchtlingsberatung und -hilfe tätig sind.
Die Gruppe um Wolfgang Salm, Doro Blancke und Andrea Mayrwöger haben über 42.000 Protokolle und Bescheide des BFA und Entscheide des BVwG nach solch fragwürdigen Argumentationen durchsucht, besonders auffällige Textpassagen gesammelt und diese „Textperlen“ auf fairness-asyl.at zwecks einer öffentlichen Debatte darüber online gestellt.
Aktuelle Auszüge „seltsamer“ Begründungen ggü. homosexuellen Schutzsuchenden:
„Weder ihr Gang, ihr Gehabe oder ihre Kleidung haben auch nur annähernd darauf hingewiesen, dass sie homosexuell sein könnten.“
„Nachdem Sie über ein Smartphone verfügen und offensichtlich auch das Internet nutzen, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Sie bei tatsächlichem Verkehr mit anderen Männern, keinerlei Fotos (resultierend aus Chats) auf ihrem Handy vorweisen können. Hier wäre bei tatsächlichem Interesse an pornographischem Material über Homosexuelle, zumindest von Lieblingsseiten im Internet auszugehen.“
Solche Textpassagen würde wohl niemand in einem amtlichen Bescheid erwarten – auch nicht, wenn Ausländerfeindlichkeit jetzt quasi direkt aus Regierungskreisen verbreitet wird. Schäm dich, Österreich.