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Eine Hausordnung für das Raumschiff „ERDE“ – die erste gemeinsame Aufgabe aller Menschen

Es geht darum, unsere Lebensgrundlagen auf dem Planeten Erde zu erhalten – regionen-gerecht und generationen-gerecht!

Ein Gastbeitrag von Ilse Kleinschuster, Initiative Zivilgesellschaft

Ich spreche hier als einfache Bürgerin, die seit vielen Jahren zivilgesellschaftlich engagiert ist, zuletzt eben auch in der neuen Organisation AbFaNG (Aktionsbündnis für Frieden, aktive Neutralität & Gewaltfreiheit), die mit dem Ziel gegründet wurde, Österreicherinnen und Österreicher für eine eigene, aktive Friedensarbeit zu interessieren, ja vielleicht auch zur Gründung einer Basis zu verpflichten, von der aus wir dann, gemeinsam mit anderen Staaten und Organisationen, für Gewaltfreiheit und eine aktive Friedensarbeit eintreten könnten.

Allerdings, frage ich mich, habe ich als einfache Bürgerin genügend Mitbestimmungsrecht, um Friedenssicherung erfolgreich werden zu lassen? Wird die zivile Gesellschaft weiterhin gewissen Alpha-Typen, Egomanen die Entscheidung über Krieg und Frieden überlassen müssen?!? Wenn nun z.B. die NATO den Weltraum zum militärischen Operationsgebiet machen will, was können wir schon dagegen tun? Unser neutrales Österreich hätte hier ja eine gute Ausgangsposition! Jahrelange aktive Friedensarbeit hat hier Tradition, diese wurde zwar durch die Aktivitäten in der Umweltbewegung in den letzten Jahren in den Schatten gestellt. Vor vielen Jahren hat mich die Teilnahme an den Sommerkursen an der Friedensuniversität in Schlaining in meiner Haltung gegenüber aktiver Neutralität bestärkt und später im Rahmen meiner Tätigkeit bei der Initiative Weltethos und nicht zuletzt in der Allianz der Initiative Zivilgesellschaft (IZ) konnte ich nicht nur mein Wissen um die Gefahren von Nuklearwaffen und industrieller Landwirtschaft erweitern, sondern auch Erfahrung in der Beurteilung von ungerechtfertigten Machtansprüchen sammeln.

Während dieser vielen Jahre meiner Mitgliedschaft in der IZ war vor allem Peter Weish (Präsident des Forums Wissenschaft & Umwelt) als Atomgegner und Umweltethiker mein großes Vorbild. Er war langjähriges Vorstandsmitglied der IZ und hat mich schließlich auch zur Mitarbeit im Aktionsbündnis für Frieden, aktive Neutralität & Gewaltfreiheit (AbFaNG) gebracht.  Auch Wolfgang Pekny (ebenfalls ehemaliger IZ-Vorstand), dem Gründer des Netzwerks Ökologischer Fußabdruck/ Österreich hab‘ ich viel zu verdanken, nicht nur den Begriff „Raumschiff ERDE“!  Klaus und Ulli Sambor (Galionsfiguren der Europäischen Bürgerinitiative für ein Bedingungsloses Grundeinkommen) zwei weitere langjährige, vielseitig aktive IZ-Mitglieder, haben sich dem Bündnis angeschlossen, weil sie meinen, letztlich könnte die Einführung eines BGE (möglichst weltweit!) sehr wohl auch ein Baustein zu einer friedlicheren, öko-sozial ausgerichteten Welt sein.  Auch Harald J. Orthaber‘s radikale Ansätze zu einem utopischen Systemwandel für eine öko-soziale, friedliche Welt finde ich sehr inspirierend.  

Ein weiteres ehemaliges Gründungs- und Vorstandsmitglied der IZ ist Gerhard Schuster – mit der Initiative IG-Eurovision wurden hier schon viele gute Beiträge zur Stärkung der Demokratie vorgestellt und ich glaube und hoffe, es ist für weitere aufregende Beiträge gesorgt, jetzt wo „economy for future“ ins Rennen geht.

Diesbezüglich nur kurz zu der am 31. Jänner 2020 im Impact Hub/Wien stattgefunden Veranstaltung: „Let’s economy for future“, die unter dem Motto gestanden ist: „There is no alternative to an economy for future!“ – Zur Frage „Was braucht es JETZT?“ haben sich zunächst eine Vielfalt an Besuchern mit sehr konkreten Vorschlägen gemeldet. Was aber hervorstechend war, war für mich die Feststellung des Veranstalters, Gerhard Schuster dass uns klar sein sollte, dass wir es mit einem monolithischen Block zu tun haben, wenn wir es jetzt – Christian Felber zitierend – mit einer Wirtschaft zu tun haben, die unsere Umwelt an die Wand fährt. Erst wenn wir das einmal fest in unserm Bewusstsein haben, wird die ganz große Welle mit alternativen Denkangeboten über uns kommen. Für das Feld der Ökonomie bedeutet das, dass der immer wieder behaupteten Alternativlosigkeit der sogenannten „freien Marktwirtschaft“ jetzt eine echte Alternativlosigkeit gegenübertritt: die Notwendigkeit, das Klima, die Artenvielfalt, die Böden und das Wasser zu retten und auch die Notwendigkeit, das global zu tun und damit auch die sozialen Verhältnisse weltweit im Blick zu haben. Die Welt – das Raumschiff ERDE – kann nur im Ganzen gerettet werden! Wie bei dem Treffen angesichts der Vielfalt an unterschiedlichen Ansätzen gesagt wurde, kann das Verbindende in dieser – als große Herausforderung erkannten – Aufgabe liegen! Sie ist zugleich die erste gemeinsame Aufgabe aller Menschen. Es geht darum, unsere Lebensgrundlagen auf dem Planeten Erde zu erhalten – regionen-gerecht und generationen-gerecht! Denn eine Wirtschaft, die in diesem Sinne nicht ökologisch und sozial ist, ist Misswirtschaft – und schadet einer friedlichen und nachhaltigen Entwicklung der globalen Gesellschaft!

Zwei neue und mir sehr wichtige Initiativen/Projekte zur praktizierten Nachhaltigkeit sind seit der letzten Konferenz der Initiative Zivilgesellschaft 2019 dazugekommen: das Netzwerk DORF.UNI und das Netzwerk GREENSKILLS, organisiert und aufgebaut vom Zukunftsforscher und Gründer der Transition Bewegung in Österreich, Franz Nahrada und von der Architektin Constance Weiser. Sie zeigen beide sehr schön auf, „wie Wandel gehen kann“.

Warum erzähl‘ ich davon? Weil ich glaube, dass all diese Aktionen aus einem tiefen Gefühl stammen, dass eine weitere Entwicklung der Menschheit nur durch zukunftsfähige Entwicklung möglich ist.

Die UN-AGENDA 2030

Viel Aufmerksamkeit wurde in den letzten Jahren der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, verabschiedet von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 25. September 2015 – diese Agenda mit dem Titel: Transformation unserer Welt: die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen,  geschenkt! Sie bringt klar zum Ausdruck, dass zukunftsfähige Entwicklung nur mit Frieden, und Frieden nur mit zukunftsfähiger Entwicklung möglich ist.

Ich möchte mich hier auf den Zielpunkt 16 der SDGs Nachhaltige Entwicklung, Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen konzentrieren, weil ich meine, dass Globalisierung, so wie sie gegenwärtig gesteuert wird, weder weltwirtschaftliche Effizienz noch globale Fairness fördert, – tja, sie gefährdet unsere Demokratie. Ich stelle mir gerne vor, dass eine andere Welt möglich ist. JA, es gibt alternative Ordnungsrahmen der Globalisierung, die sowohl unserer Wirtschaft als auch unserer Demokratie besser dienen.

Es sind da einige gemeinsame, relevante Punkte im Positionspapier des neuen Friedensbündnisses „AbFaNG“ und den Unterpunkten des Zielpunkts 16 der SDGs:  – abgesehen von den Forderungen, „sich für eine friedensstiftende Außen- und Sicherheitspolitik durch zivile und gewaltfreie Mittel einzusetzen, die Forderung „eigenständige wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklungsstrategien aus der Bevölkerung heraus zu erarbeiten, um die SDGs zu verwirklichen“, sowie die Forderung nach einer „gerechten Weltwirtschaftsordnung , die die Menschenrechte achtet und ein ökologisches Gleichgewicht bewahrt, um sozialen und wirtschaftlichen Spannungen vorzubeugen, und somit Gewalt zu unterbinden“.  Diese finden ihre Entsprechung in den Forderungen des Ziel-Punkts 16 der SDGs: Nachhaltige Entwicklung kann ohne Frieden und Sicherheit nicht verwirklicht werden, und Frieden und Sicherheit sind ohne nachhaltige Entwicklung bedroht. Da soll also der Notwendigkeit Rechnung getragen werden, friedliche, gerechte und inklusive Gesellschaften aufzubauen, die gleichen Zugang zur Justiz gewährleisten und die auf der Achtung der Menschenrechte (einschließlich des Rechts auf Entwicklung), wirksamer Rechtsstaatlichkeit und guter Regierungsführung auf allen Ebenen sowie auf transparenten, leistungsfähigen und rechenschaftspflichtigen Institutionen gründen. Die Agenda berücksichtigt Faktoren, die Gewalt, Unsicherheit und Ungerechtigkeit schüren, wie etwa Ungleichheit, Korruption, schlechte Regierungsführung und illegale Finanz- und Waffenströme.“

Weiter heißt es da: “Die Unterzeichner verpflichten sich, ihre Anstrengungen zur Beilegung oder Verhütung von Konflikten und zur Unterstützung von Postkonfliktländern zu verdoppeln und dabei unter anderem sicherzustellen, dass Frauen in der Friedenskonsolidierung und Staatsbildung eine Rolle übernehmen. Sie fordern, dass weitere wirksame Maßnahmen im Einklang mit dem Völkerrecht ergriffen werden, um die Hindernisse für die volle Verwirklichung des Rechts der unter kolonialer und ausländischer Besetzung lebenden Völker auf Selbstbestimmung, die ihre wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie ihre Umwelt weiterhin beeinträchtigen, zu beseitigen sei.  Sie verpflichten sich, die interkulturelle Verständigung, Toleranz, gegenseitige Achtung und ein Ethos der Weltbürgerschaft und der geteilten Verantwortung zu fördern. Sie seien sich der natürlichen und kulturellen Vielfalt der Welt bewusst und erkennen an, dass alle Kulturen und Zivilisationen zur nachhaltigen Entwicklung beitragen und sie in entscheidendem Maße ermöglichen können.“ 

Soweit so gut! – Es ist ja einerseits beruhigend zu hören, dass viele dieser Ziele vom Klimaforschungsnetzwerk Österreich (CCCA) durchleuchtet, begleitet und wissenschaftlich unterstützt werden und dass hierzu Optionen zu ihrer Erfüllung bis 2030 zusammen mit universitärem Potential, dem UniNETZ, erarbeitet werden sollen. Andererseits frage ich mich schon, wie es den Vereinten Nationen – den staatlichen Regierungen, die die AGENDA unterschrieben haben, je gelingen kann derartig hohe Ziele zu erreichen, solange jene Widersprüche, die nun einmal dem Kapitalismus – oder besser, einem globalisierten, neoliberalen Wirtschaftssystem,  innewohnen –  jene großen Widersprüche zwischen dem ökonomischen System und seinen Ermöglichungsbedingungen: zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, Wirtschaft und Natur, Wirtschaft und Gemeinwesen – , nicht aufgegeben werden. Tja, das soll heißen, wenn es weiterhin nicht gelingt, in bestimmten Ländern solide, menschen- und naturgerechte, wirtschaftliche Grundlage zu schaffen. Tja, und überhaupt – wie ist das zu verstehen: „Ein dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sei eine wesentliche Voraussetzung für Wohlstand.“ Dies würde ja wohl nur dann möglich sein, wenn Reichtum wirklich geteilt und Einkommensungleichheit wirklich bekämpft wird. In wie vielen Ländern ist es bisher gelungen: dynamische, nachhaltige, innovative und die Menschen in den Mittelpunkt stellende Volkswirtschaften aufzubauen und menschenwürdige Arbeit für alle zu gewährleisten?!?

Es bleibt also viel zu tun für die Insassen auf dem Raumschiff ERDE

Ich meine, wer glaubt noch diesen hoffnungsvollen Erklärungen! Es kann das aufmerksame Lesen und Hören von konstruktiven Journalisten, die gegen fake news vorgehen, schon genügen, um sich ein Bild zu machen: Die Erfüllung der UN-Nachhaltigkeitsziele wird nicht von oben kommen. Soziale Kämpfe werden unvermeidlich sein. Es gibt also viel für „uns“ Bürger*innen, denen ein gutes Leben für alle am Herzen liegt, zu tun! Die Zeit ist überreif für (r)evolutionäre Transformation.  Die zivilgesellschaftlichen Kräfte brauchen jetzt ihren ganzen Mut und viel Vernunft, um eine träge Konsum- und Informationsgesellschaft in Bewegung zu bringen, um der politischen Macht auf die Sprünge zu helfen! Hier möchte ich darauf aufmerksam machen, dass erst kürzlich eine neue Initiative für eine KONSULTATIVE, eine vierte Säule in der Regierung Österreichs, eine Möglichkeit für mehr Mitsprache von Bürger*innen, für die Ausbildung von Bürgerräten, ins Leben gerufen worden ist. Es ist halt nicht nur eine Frage der quantitativen Bürgerbeteiligung, sondern auch und vor allem der qualitativen. Sich aktiv am Suchprozess des systemischen Wandels zu beteiligen, erfordert wissenschaftliche und praxisbezogene Expertisen, die wir nicht Quacksalber*innen überlassen sollten. Eine Plattform für gesellschaftliche Kräfte für einen transformativen Wandel zu gründen, bleibt somit eine Herausforderung, die mit Fundraising-Aktivitäten allein noch nicht bewältigt worden ist. Wir, ein Team um die genossenschaftlich organisierte Nachrichtenagentur für Nachhaltigkeit cooppa versuchen einen Doppel-Effekt-Ansatz: akute Lösungshilfe für drängende Probleme gekoppelt mit einem strategischen Lernprozess des transformativen Wandels. Nicht im naiven Glauben, Informationen würden es schon richten, aber in der Gewissheit, dass es nicht NICHTS ist, wenn bestimmte Zusammenhänge kein Expert*innenwissen bleiben, sondern an die Öffentlichkeit getragen werden. Eine relevante professionelle Dienststelle, die sich um nötige Dienstleistungen kümmert wie sie in einer breiten zivilgesellschaftlichen Organisation so anfallen, wäre diesbezüglich sehr hilfreich!

Zu guter Letzt bin ich der Meinung: Unsere Grundrechte, verfasst entlang eines westlichen Wertekatalogs, sollten nicht länger heruntergespielt werden. Wenn ich auch für Werterelativismus bin, so möchte ich doch – als Verfechterin der Allgemeinen Menschenrechte und einer universellen Ethik – betonen, dass die von den traditionellen Systemen Benachteiligten (ja, oft sogar Gefolterten) sehr wohl ein Recht auf Selbstbestimmung und Freiheit verlangen können sollten. Das erhöht die Bedeutung von Institutionen, die solche Menschenrechte international einfordern, es zeigt aber auch die Probleme auf, wenn in Ländern ohne diese Rechte, oder für Staatenlose, diese Forderungen durchgesetzt werden sollen. Gleichwohl finde ich es sinnvoll, auch von außen für Menschenrechte zu werben und sie anderen Kulturen nahezubringen. Problematisch aber bleibt es, vom Westen aus anderen Kulturen die Menschenrechte vorschreiben zu wollen. Etwas anderes ist es, wenn Teile der Bürgerschaft sich dort freiwillig den westlichen Menschenrechten anschließen und – wie etwa gegenwärtig in Hongkong oder in Südamerika – Standards der Rechtssicherheit und Verteilungsgerechtigkeit durchzusetzen versuchen. Die aktuelle, globale Fridays for future-Bewegung zeigt doch sehr schön wie sich dieser Gedanke langsam durchsetzt!

Globaler Dialog ist dringend nötig, gerade in einer Weltgesellschaft, die droht, immer stärker in Konflikten von Kulturen zu militärischen Lösungen zu greifen. Ein überzogener Individualismus in den westlichen Demokratien ignoriert oft die Bedeutung der Gemeinschaft und deren Rechte vor dem Individuum. Vielfach blockiert er auch politische Entscheidungen, die für die Gemeinschaft wichtig sind, wenn es zum Beispiel um Individualklagen geht, wie jetzt z.B. gegen den Bau von Trassen für den Transfer von grünem Strom.

Die globale Gesellschaft wird immer mehr technisch zusammenwachsen, aber auf lange Zeit weltanschaulich getrennt und konfliktreich verbunden sein, wie das Samuel Huntingtons These vom „clash of civilisations“ beschreibt. Umso wichtiger ist der Dialog über die weltanschaulichen Grenzen hinweg. Vor allem aber ist in Anbetracht der „Grenzen unseres Planeten“ ein beschleunigter Prozess der wechselseitigen Rücksichtnahme und des wechselseitigen Verstehens zu befürworten.

JA, in dieser Hinsicht wäre Wachstum wirklich dringlich angesagt, – um die Einhaltung einer Hausordnung auf dem „Raumschiff ERDE“ möglich zu machen!

Titelbild: pixabay.com

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