Zum ewigen Frieden
Wie kann das internationale Gewaltverbot im Sinne von Geist und Buchstaben der UNO-Charta wirksam befördert werden?
Ein Gastbeitrag von Ilse Kleinschuster
Immanuel Kant, einer der bedeutendsten Denker der abendländischen Kultur, hat vor 300 Jahren mit seinem Text „Zum Ewigen Frieden“ die Gründer des Völkerbunds und danach auch Vertreter der UNO motiviert, wenn er darin meinte, Politiker müssten im Einvernehmen von politischer Klugheit und Moral handeln, denn allein diese Einheit sei wirklich der Vernunft des Menschen gemäß. Er setzte wohl den Friedenswillen der Politik voraus, natürlich: sobald das Volk wirklich mitbestimmt. Der gesammelte Wille des Volkes entspräche, so erklärt uns Kant, der Vereinigung von Klugheit und Moral, was er bekanntlich als „reine praktische Vernunft“ bezeichnet hat. Kant spielte mehrfach auf die Bibel als Inspiration an und er wies treffend nach, dass die Hoffnung auf einen künftigen Frieden auf Vernunft gegründet sei. Vertrauen wir also auf unsere Vernunft, gehen wir auf Distanz zu all den schrecklichen Medienberichten (wie z.B. Aufrüstung ist gleich Umsatzsteuerung) erkennen wir, dass es neben den Auswirkungen von ‚selbsterfüllenden Prophezeiungen‘ noch andere Mechanismen gibt, die es uns sehr wohl ermöglichen, diesem Theorem entgegenzuwirken, das heißt unternehmen wir alles, was zu seiner Zerstörung führen kann!
Die Gelegenheit ist jetzt günstig. Nicht nur, weil die Ergebnisse des Friedensgipfels in der Schweiz im Vorjahr berechtigte Hoffnungen erweckten, dass Verhandlungen folgen werden, die einen gerechten, umfassenden und dauerhaften Frieden zum Ziel haben. Darüber hinaus hat sich Österreich als geeigneter Austragungsort für Friedensgespräche angeboten. Österreich ist ein neutrales Land. Wien ist eine „UNO-Stadt“ und Sitz des Sekretariats der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Diese OSZE wird heuer 50 Jahre alt und es ist daher mit entsprechenden Feierlichkeiten zu rechnen, in deren Rahmen man Friedensgespräche führen könnte.
Ist ein neutrales Österreich nicht prädestiniert, diesen Schritt in Richtung zukünftige Sicherheitsarchitektur Europas mitzugehen?
Ein weiterer Anlass für ein Gipfeltreffen, um den stark verengten politischen Horizont zu erweitern, wäre auch das historische Datum 11./12. Oktober 1986. Das ist der Zeitpunkt, wo es mittels einer koordinierten Entspannungspolitik (Abschreckung und Entspannung schaffen beiden Seiten Sicherheit) gelungen war, vor aller Welt deutlich zu machen, dass wir nicht Russland, sondern den Krieg bekämpfen. Damals ist es bei einem Treffen in Reykjavik gelungen (maßgebend beteiligt waren der US-Präsident Ronald Reagan und KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow) gemeinsam der Welt unmissverständlich klar zu machen, dass ein Atomkrieg nicht zu gewinnen ist und niemals geführt werden darf.
Könnte schon heuer oder erst im Jahr 2026 ein solches Unterfangen, ein Friedens-Gipfeltreffen, gelingen? Wo? Und wer könnte dort für Europa sprechen? Wie kann Europa den Frieden verteidigen?
Die Dringlichkeit dieser Frage erfordert jetzt noch viel öffentliche Diskussion, nicht nur auf militärischem, sondern vor allem auch auf diplomatischem Niveau. Wenn jetzt immer mehr die Rede ist von einer europäischen Sicherheitsallianz, dann frage ich mich, warum es die nicht schon längst gibt. Für Österreich wäre jetzt die Stunde der Wahrheit (im Sinne der UN-Charta) gekommen, eine zivilgesellschaftlich gewollte, aktive Neutralität steht einer Europäischen Sicherheitspolitik nicht im Weg – so auch Walter Hämmerle, Chef der Redaktion Innenpolitik, Kleine Zeitung, in “Pro Neutralität”. Es ist zu hoffen, dass unsere neue Außenministerin, Beate Meinl-Reisinger, das auch so sieht.
Ilse Kleinschuster ist Mitglied im Koordinationsteam von AbFaNG (Aktionsbündnis für Frieden, aktive Neutralität und Gewaltfreiheit)
Titelbild: Candice Seplow / Unsplash
DANKE, DASS DU DIESEN BEITRAG BIS ZUM ENDE GELESEN HAST!
Unsere Zeitung ist ein demokratisches Projekt, unabhängig von Parteien, Konzernen oder Milliardären. Bisher machen wir unsere Arbeit zum größten Teil ehrenamtlich. Wir würden gerne allen unseren Redakteur*innen ein Honorar zahlen, sind dazu aber leider finanziell noch nicht in der Lage. Wenn du möchtest, dass sich das ändert und dir auch sonst gefällt, was wir machen, kannst du uns auf der Plattform Steady mit 3, 6 oder 9 Euro im Monat unterstützen. Jeder kleine Betrag kann Großes bewirken! Alle Infos dazu findest du, wenn du unten auf den Button klickst.
Ich würde gerne wissen, ob es wirklich so schlimm um die Europäische Aussenpolitik bestellt ist, wie man da aus dem Munde von General in Ruhe Güther Greindl hört: Die EU befindet sich schon längere Zeit auf einem sicherheitspolitischen Irrweg. Niemand spricht mehr von der Achtung der Prinzipien der Vereinten Nationen, die in den Verträgen als Leitlinie des politischen Handelns
festgeschrieben sind.
Stattdessen wird auf die Aufrechterhaltung der „regelbasierten Weltordnung“
gepocht, von der niemand weiß, was sie genau beinhaltet und wer ihre Regeln
bestimmt. Die Friedensunion EU hat ihren Grundgedanken aus den Augen verloren.
Kriegsrhetorik beherrscht den Alltag, denn sie müsse kriegstüchtig werden, da sie
sich angeblich bereits im Krieg befinde.
Die Schlussakte von Helsinki vom 1.August 1975 (KSZE) stellen eine selbstverpflichtende Erklärung der Staaten dar. In ihr wurden Vereinbarungen über die Menschenrechte, die Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt, Sicherheitsfragen sowie Fragen der Zusammenarbeit in humanitären Angelegenheiten getroffen: Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – Wikipedia
Beim KSZE-Gipfeltreffen 1994 in Budapest wurde beschlossen, die KSZE in eine Organisation umzuwandeln, die mit Wirkung vom 1.Jänner 1995 als Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fortgeführt wird, dessen Generalsekretariat in Wien eingerichtet wurde. Der OSZE gehören 57 Staaten an.
Eine Aufgabe der OSZE, die auch der UN-Charta entspricht, ist die friedliche Regelung von Streitfällen. Das 50 jährige Jubiläum der KSZE-Schlussakte und 25 Jahre OSZE-Konferenzen sollten heuer mit einer Friedensinitiative gefeiert werden. Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, die aktive Neutralität zu nützen und diese Feierlichkeiten friedensstiftend vorzubereiten. Eine Bestätigung der Beschlüsse von Helsinki wäre anzustreben.