Ein lyrischer Rückblick auf die Kanzlerwahl am 6. März
Nun ist es schon eine Woche her, dass in diesem Land die Kanzlerschaft der zweiten Wahl begonnen hat. Anlass genug, einen Rückblick auf diesen Tag in lyrischer Form zu wagen. – Ein Gedicht von Benjamin Lapp
Nur 7 Stunden
Nur 7 Stunden…
Ein Stocken, nur ein bürokratisches Stocken der kalten Maschinerie, die erschaffen wurde zu Ehren der hegemonialen Bestie. Keine großen Gesänge der Befreiung vom Joch zu vernehmen, nirgends, denn dieser gefräßige Apparat verschluckte sich ach bloß nur kurz an den Gewissen der eigenen Kinder, und doch versprühte dieser Moment einen Hauch faszinierender Wildheit des Handelns.
Nur 25200 Sekunden….
Ein Spalt, nur ein kleiner Spalt hat sich für kurze Zeit geöffnet um solchen Gedanken Raum zu geben, was alles möglich wäre, würde Anstand und Respekt gegenüber all den Marginalisierten endlich Einzug halten in diesem abgeschotteten Haus, anstatt einer würdelosen Entmenschlichung, derer von der Teilhabe schon Ausgeschlossenen zu entfesseln.
Nur 420 Minuten…
Ein Aufschub, nur ein kleiner Aufschub brachte diese Wirrungen für all jene, die im Schatten leben. Ihre prekarisierten Geschwister in aller Welt, die heilige Monstranz des Mitgefühls vor sich tragend, im nicht wahrgenommenen Marsch der Entrechteten, verstanden es ebenfalls. Nur solche, die noch bedingungslos ein überkommendes Fresko tragen wollten, und doch nur abgewetzter Stuck einer rissigen Fassade sind, waren befreit jedes Verständnisses.
Nur 7 Stunden…
Ein Bekenntnis, nur ein wahrhaftiges Bekenntnis für den Frieden kann Einpeitschern für das schon mit den Hufen eines wilden Stier scharrende Unheil, welches zuvorderst entsetzliche Wunden reißen wird in den Heimstätten der Ärmsten, Einhalt gebieten. Auf dass die althergebrachte Erkenntnis neu beschworen wird, nur wenn das kostbare Leben befreit sei von der herrschenden Knute einer seelen-fressenden Furcht um das morgige Sein, kann die Feindschaft gegenüber des Fremden nicht weiter eitern, sondern Verständigung gedeihen.
…und die Nacht schreitet schon wieder voran.
Eine Randnotiz, nur eine unbedeutende Randnotiz wird diese dahin geworfene Zeitspanne wohl bleiben. Kein Licht, kein Hauch von Morgendämmerung, nirgends, die imstande war jene vorherige und die jetzige Dunkelheit zu durchbrechen, und doch war da ein kleines Glimmen voll der Ahnung, dass die Zeiten doch nicht ewig so bleiben können, wie sie sind.
Titelbild: Engin Akyurt / Pixabay
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