AktuellKultur

Sonntag ist Büchertag: Die Viertel der Reichen

IMG_20160701_102721Ein Taschenbuch in einem erbärmlichen Zustand bei dem die ersten Seiten nur mehr lose heraushingen fand meine Frau auf einem Bücherflohmarkt. Louis Aragon – Die Viertel der Reichen. Es war mir zwar ein Rätsel warum sie es dennoch kaufte, aber es stellte sich als Glücksgriff heraus. Nein, die Viertel der Reichen spielt nicht auf die Trinkkultur in Döbling an, sondern es geht um die Bourgeoisie im Frankreich des beginnenden 20. Jahrhunderts.

Diese Ausgabe ist ein 530 seitiges Taschenbuch von 1986 aus dem Fischer Verlag. Das Original “Les beaux quartiers” erschien 1936. Es dauerte jedoch 16 Jahre bis das Buch erstmals 1952 im “Volk und Welt” Verlag auf Deutsch erschien. Übersetzt wurde es vom bekannten deutschen Autor Stephan Hermlin.

Die Viertel der Reichen ist der zweite Teil des vierteiligen Romanzyklus „Die wirkliche Welt“. Es ist aber ein in sich abgeschlossener Roman und somit kann man ihn auch ohne den ersten Teil zu kennen lesen.

Louis Aragon beschreibt das Bürgertum in einer französischen Kleinstadt und in Paris. Fabrikanten, Geschäftsleute, Bankiers und Großgrundbesitzer. Es behandelt den Umgang mit Hausangestellten und Fabriksarbeitern, die familieninternen Auseinandersetzungen des Bürgertums mit all ihren Zwängen und die politischen Umbrüche der Zeit. Der teils verachtende Umgang mit Hausmädchen die von der Madame des Hauses angestellt werden um dem Gatten vom Besuch teurer, verruchter Etablissements abzuhalten um ihm alles was er braucht zu Hause anbieten zu können. Die Furcht vor dem erstarken der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften. Diskussionen über den Umgang mit den zunehmenden Streiks und die Sympathien für die extremen Rechten. Die genaue Heiratsplanung für die Sprösse und die Qualen die einem eine hässliche Tochter bei der Heiratsanbahnung beschert. Die Probleme wenn die Söhne nicht in die Fußstapfen ihrer Väter steigen wollen und ihren eigenen Kopf durchsetzen möchten wenn es um politische Vorstellungen in einer im Umbruch liegenden Gesellschaft geht oder um Heiratspläne die dem Vater missfallen.

Im letzten Drittel entwickelt sich schon fast ein Kriminalroman um die Beziehungen zwischen der Pariser Unterwelt und der Welt der Finanzen und der Politik.

Louis Aragon wurde für dieses Buch 1936 mit dem französischem Literaturpreis „Prix Renaudot“ ausgezeichnet.

Er wurde 1897 in Paris geboren und gilt als Vertreter des sozialistischen Realismus und Mitbegründer des Surrealismus.

Erhältlich im Antiquariat ihres geringsten Misstrauens oder auf Flohmärkten.

Das Buch wurde vorgestellt von Franz Fuchsbauer

Bisher:

Fotos: Franz Fuchsbauer; Louis Aragon (Bibliothèque nationale de France, gemeinfrei); Titelbild: Franz Fuchsbauer

Artikel teilen/drucken:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.