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„Sich vom Geheimnisvollen mittragen lassen“

Andri Perl erzählt in seinem Buch von einer Suche nach einem Vermissten mit einer Reise in einen Berg und die Vergangenheit und gibt dazu Auskunft. – Sonntag ist Büchertag

 Interview: Urs Heinz Aerni

Buchcover
Andri Perl – Im Berg ist ein Leuchten (Salis Verlag)

Urs Heinz Aerni: In Ihrer Erzählung «“Sich vom Geheimnisvollen mittragen lassen“» wird ausgerufen, dass «die Insel brennt». Ich denke sofort an die Stelle des lockeren Gesteins oberhalb von Brienz in Graubünden (Schweiz) die auch als «Insel» bezeichnet wird. Zufall?

Andri Perl: Dass die beiden Katastrophenorte gleich heißen, ist einerseits zufällig, andererseits nicht. Denn in Graubünden tragen einige topografisch markante Stellen den Namen Insel, isola, isla oder ähnlich, obschon sie gar nicht oder nicht ganz von Wasser umgeben sind.

Aerni: Ihre Figur Lisa sucht nach ihrem vermissten Vater und taucht dabei in Dorfgeschichten ein aber gerät auch immer tiefer in den Berg. Wir lesen uns in die Vergangenheit eines Bergwerkes und in Biografien, die bis ins 19. Jahrhundert führen. Was war der Auslöser für den Roman?

Perl: Der Anstoß dazu kam von einem Fachmann. Hansueli Suter, der Präsident der Freunde des Bergbaus in Graubünden (FBG), lud mich zu einer Exkursion rund um die Schmelzen von Bellaluna bei Filisur ein. Er meinte nicht zu Unrecht, dass das eine Eingebung für meine Arbeit sein könnte.

Aerni: «Die Staubschleppe von Carlas Geländefahrzeug hat sich bereits gelegt, als ich den Greifvogel über der Wiese erblicke…» ist auf Seite 106 zu lesen. Wie nahe ist Ihnen die Natur und die Landschaft Graubündens?

Perl: Natur und Landschaft sind meine Fluchtpunkte aus der Hektik. Von klein auf durfte ich mit meinem Vater und meinen Großvätern – allesamt Jäger – nach Wild spähen. Später habe ich das Reich der Pilze für mich entdeckt und seit einiger Zeit beobachte ich mit meiner Partnerin die Vogelwelt.

Aerni: Sie engagieren sich auch in der lokalen und kantonalen Politik. Hilft Ihre Vorliebe für die Sprache und Dialoge, die auch ihren Roman sehr prägen, im politischen Alltag? Oder anders gefragt: Welche Vorteile hat es für einen Politiker, wenn er auch Romane schreibt?

Perl: Politik ist immer auch Kommunikation. Da hilft es natürlich, wenn einem der Umgang mit Sprache leicht fällt. Allerdings ist man gut beraten, alltagsnah zu sprechen oder zu schreiben. Noch besser, als lange Abhandlungen zu verfassen oder gewitzte Reden zu halten, ist es, den Menschen aufmerksam zuzuhören.

Aerni: Auf welche Gemütsverfassung hoffen Sie für die Leserin und den Lesern nach der Lektüre dieser Erzählung?

Perl: Ich hoffe, sie lassen sich mittragen vom Geheimnisvollen der Erzählung. Und ich hoffe, das Buch weckt ihre Neugier für die heimische Kulturgeschichte und Natur.


Das Buch: „Im Berg ist ein Leuchten“, eine Erzählung von Andri Perl mit Illustrationen von Adina Andres, Salis Verlag (2022)

Andri Perl (1984) aus Chur ist Rapper bei Breitbild und Autor der Romane „Die fünfte, letzte und wichtigste Reiseregel“ (2010) sowie „Die Luke“ (2013). Perl hat an der Universität Zürich Germanistik und Kunstgeschichte studiert und ein Masterstudium in Dramaturgie an der Zürcher Hochschule der Künste absolviert. Er ist Mitglied des Theaterkollektivs Nucleus und Kolumnist für die Südostschweiz. Außerdem präsidiert er die SP Graubünden und ist ein zusehends lahmender Hobbyfußballer der Schriftstellernationalmannschaft. 2019 bekam er den Bündner Literaturpreis. www.andri-perl.ch

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