Selenskyj-Besuch: ÖGB kritisiert Einschränkung freier Gewerkschaften in der Ukraine
Katzian: „Gewerkschaftsrechte, Eigentumsschutz und sozialer Dialog müssen auch unter Kriegsbedingungen uneingeschränkt respektiert werden.“
Anlässlich des heutigen Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Wien übt der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) scharfe Kritik an der „zunehmend repressiven Linie der ukrainischen Regierung gegenüber unabhängigen, demokratischen Gewerkschaften“, so ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian via OTS-Presseaussendung.
Der intensive Austausch mit den Gewerkschaften in der Ukraine zeige, dass Entwicklungen in der Ukraine, die nichts mit den Konsequenzen des russischen Angriffskriegs zu tun haben, Anlass zu ernster Sorge geben. So wurde der Präsident des größten ukrainischen Gewerkschaftsbundes FPU, Grigoriy Osovyi, Anfang April festgenommen und musste eine Nacht in Haft verbringen, weil er angeblich einer „kriminellen Organisation“ angehöre. Weiters wurde Anfang Juni die Gewerkschaftszentrale am Maijdan in Kiew besetzt, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten demnach das Haus verlassen und dürfen es seither nicht mehr betreten. Unter dem Vorwand des Kriegsrechts werde Gewerkschaftsvermögen enteignet. „Das ist ein massiver Angriff auf die stärkste Interessenvertretung der ukrainischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in einer extremen Ausnahmephase, in denen viele wegen des Kriegs berechtigte Existenzsorgen haben“, kritisiert Katzian, der zugleich Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) ist.
Die Gewerkschaften Europas verfolgen diese Vorgänge mit Sorge, der EGB ist alarmiert. „Dieses Vorgehen ist nicht vereinbar mit den Werten, für die Europa steht. Freie und unabhängige Gewerkschaften sind unerlässlich für eine funktionierende Zivilgesellschaft und Demokratie“, so Katzian: „Gewerkschaftsrechte, Eigentumsschutz und sozialer Dialog müssen auch unter Kriegsbedingungen uneingeschränkt respektiert werden. Ich erwarte mir, dass diese Repressalien gegen eine freie Gewerkschaft vor dem Hintergrund der EU-Beitrittsperspektive der Ukraine und des laufenden Annäherungsprozesses im bilateralen Dialog thematisiert werden. Ich fordere im Namen von EGB und ÖGB die Einstellung der Ermittlungen gegen Präsident Osovyi und die Rücknahme aller Sanktionen gegen den ukrainischen Gewerkschaftsbund.“
Mit Blick auf den Ukraine-Konflikt betont der ÖGB-Präsident abschließend: „Wir begrüßen jede Initiative, die es zum Ziel hat, diesen Krieg endlich zu beenden und Frieden zu schaffen.“
Text: OTS/miw
Titelbild: Taras Chuiko auf Unsplash
Da schau her, der ÖGB tritt für ukrainische Arbeitnehmerrechte ein! Vor zwei Jahren warf er die internationale Friedenskonferenz für die Ukraine auf Druck des ukrainischen Botschafters zwei Tage vor der Konferenz aus seinen Räumen. Dass Tausende ArbeitnehmerInnen im Krieg starben und weiterhin sterben, bewegt die österreichischen und europäischen Gewerkschaften zu keinem Waffenstillstandsaufruf. Oder habe ich da etwas überhört?