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Die bevorstehende Aufgabe

trabantKapital schlagen mit Gerfried Tschinkel
(Teil 8 und Schluss)

Der Propaganda der Herrschenden zum Trotz, fragen immer mehr Menschen, interessiert an einer besseren Welt, was denn Sozialismus sei. Oft hört man ja, der Mensch tauge gar nicht für den Sozialismus, weil er für die Konkurrenz gemacht sei. Aber zwingt nicht die Konkurrenz dem Menschen ein Verhalten anderen Menschen gegenüber auf, das eigentlich nicht von ihm selbst ausgeht? Haben nicht die Menschen über Jahrtausende hinweg nach dem Prinzip der Solidarität gelebt, in Gemeinschaften, wo das Privateigentum unbekannt war und für Kinder, Alte, Kranke und Schwache ganz selbstverständlich gesorgt wurde? Die Konkurrenz gab es dort nicht. Es wurde gemeinsam produziert und die Produkte gehörten dem Gemeinwesen. Ja sie hörten erst allmählich auf der Gemeinschaft zu gehören. Der ganze Spuk hat damit begonnen, dass Geschenke zwischen verschiedenen Gemeinwesen gegeben wurden. Ein Geschenk erforderte ein Gegengeschenk und die Brücke zum Tausch war geschlagen. Aber erst als im Neolithikum ein dauerhaftes Mehrprodukt erzeugt werden könnte, nahmen die Tauschakte zu und es tauschten Äquivalente. Ein dauerhaftes Mehrprodukt bedeutete, dass die Gemeinschaft einen Überschuss produzierte, der nicht zum Überleben notwendig war.

Im Kapitalismus schließlich hat dieses Mehrprodukt die Form des Mehrwerts angenommen, der von den Kapitalisten angeeignet wird. Es ist klar, dass die produktive Überwindung des Kapitalismus nicht nur bedeutet, das Privateigentum an den Produktionsmitteln aufzuheben, sie wird damit die ganze Aneignungsweise, die bisher geherrscht hat, aufheben. Sprich, das Mehrprodukt wird gesellschaftlich angeeignet und verteilt. Sei es für die Erfordernisse erweiterter Produktion, sei es für Wohnungsbau, Sozialleistungen, Kultur und Bildung u.s.w.

Der real-existierende Sozialismus hat nun, bei all den Errungenschaften, die man sich ja nicht verleiden lassen darf, ab einer gewissen Phase, dem Gewinn zu großen Spielraum gegeben und ein Teil des Mehrproduktes wurde so von Einzelbetrieben mit weitreichender Selbständigkeit „angeeignet“. Die Betriebe waren zwar Volkseigentum und keiner konnte andere ausbeuten, aber die Betriebe verfügten über das Produkt, agierten als Tauschakteure. Mit dem Tausch aber trat das spontane Wirken der Verteilung hinzu, was den Plan untergrub. Es kam zu Ungleichgewichten in der Produktion aber auch zu Mangelsituationen in der Bereitstellung von Gütern. Damit aber ruinierte man die Grundlage des Sozialismus, das gesellschaftliche Eigentum.

Dass der Sozialismus auf ökonomischem Gebiet scheiterte ist nicht die Schuld von Marx. Es war ein praktisches Versagen, geleitet von falscher Theorie. Wir wollen ehrlich sein, in der neuen Gesellschaft wird es nicht ohne Konflikte abgehen, aber die grundlegenden Probleme, die uns jetzt tagtäglich quälen, werden beseitigt sein. Es wird nicht nur keine Armut, keine Arbeitslosigkeit, keine Unterdrückung und Ausbeutung geben, die Menschen werden auch lernen, die Gesellschaft selbst zu beherrschen und ihr Schicksal in die Hand zu nehmen.

Jeder, der einem erzählt, der Sozialismus sei nicht zu machen, oder bringe nur Unheil, dem ist entgegenzuhalten, dass die Menschen eben selbst bestimmen müssen. Wenn es ein Fehler ist, eine Gesellschaft zu schaffen, die den eigenen Bedürfnissen und nicht dem Profitstreben der Kapitalisten unterworfen ist, dann muss es auch zulässig sein, Fehler zu begehen. Man kann niemand anderen dafür verantwortlich machen als die Menschheit selbst, die sich bekanntlich ja auch nur Aufgaben stellt, die sie lösen kann. Und die bevorstehende Aufgabe, sie ist lösbar. Denn „genauer betrachtet wird sich stets finden, dass die Aufgabe selbst nur entspringt, wo die materiellen Bedingungen ihrer Lösung schon vorhanden oder wenigstens im Prozess ihres Werdens begriffen sind.“ (Marx)

Wer an dem Thema näher interessiert ist, der kaufe mein in einigen Monaten erscheinendes Buch „Sozialistisches – Die Warenproduktion und ihr Ende“. Vorbestellungen unter: politische.oekonomie@gmail.com

Gerfried Tschinkel ist Ökonom und lebt in Kottingbrunn.

Bisher in „Kapital schlagen“:

Fotos: pixabay.com; Lizenz: CC0 Public Domain

 

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Ein Gedanke zu „Die bevorstehende Aufgabe

  • Claudia Kiesel

    Ein sehr gesellschaftskritischer Beitrag, der die Scheu vor Verantwortung in unserer Sozialisation verdeutlicht!!
    An deinem neuen Buch bin ich schon sehr interessiert!
    Alles Liebe,
    Claudia K.

    Antwort

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